Bernhard Heinzlmaier: Die „Generation beleidigt“ und der Ekel der Eliten vor den einfachen Menschen
Im hervorragenden Buch „Generation beleidigt“ von Caroline Fourest findet sich der treffende Gedanke, dass der Lebenszweck der woken Community darin besteht, sich permanent für beleidigt zu erklären. Die Dauerbeleidigten haben einen Opferkult errichtet, in dem immer der ganz oben in der Hierarchie steht, der darauf verweisen kann, dass ihm das ungeheuerlichste Unrecht widerfahren ist.
Nun ist ja dagegen absolut nichts einzuwenden, wenn sich Menschen öffentlich sichtbar machen und Anklage erheben, die tatsächlich herabgesetzt oder ungerecht behandelt wurden. Die Mitglieder der woken Community aber erleiden das Opferschicksal nicht passiv, vielmehr trachten sie aktiv danach Opfer zu sein und suchen deshalb ständig nach Anlässen, die ihnen die öffentlichkeitswirksame Inszenierung der Opferrolle ermöglichen. Und wenn die Ursache nicht spektakulär genug ist, dann blasen sie Kleinigkeiten mit der Unterstützung linker Medien zum Megaskandal auf oder sie lügen sich ein ganzes Opfernarrativ zusammen. Denn den woken Kämpfern geht es nicht um die Wahrheit, vielmehr ist für sie der Diskurs nur Instrument zum Zweck der Durchsetzung ihrer politischen Agenda. Der Wokismus ist fanatisch. Im Kampf gegen seine Feinde ist ihm jedes Mittel recht, ähnlich den Muslimen, denen der Koran erlaubt, sich auch der Lüge und des Betruges zu bedienen, wenn der Gegner die Ungläubigen sind. Moralische Pflichten existieren nur gegenüber den Angehörigen der eigenen Glaubensgemeinschaft, in Auseinandersetzungen mit den „kuffār“ aber ist die Moral suspendiert.
Der Fall Relotius
Die deutsche Wochenzeitschrift „Der Spiegel“ hatte noch vor gar nicht so langer Zeit mit dem Fall Relotius zu kämpfen. Der Journalist Relotius suchte nicht nach der Wahrheit, er erfand Geschichten. So wurde das Genre des „narrativen Journalismus“ begründet, welches in der Zwischenzeit von linken Ideologen zur großen journalistischen Innovation des 21. Jahrhunderts stilisiert wurde. In Wirklichkeit machen die Wahrheitsverdreher dieses Genres nichts anderes, als dass sie mit dem Ziel der Umerziehung des Volkes, Reales und Fiktionales zu einem tückischen irritierenden Meinungsbrei vermischen. Gegenwärtig schlägt sich „Der Spiegel“ mit Relotius 2.0 herum. Ohne die Story zu überprüfen, veröffentlichte das Blatt eine rührende Flüchtlingsgeschichte, in der ein fünfjähriges Mädchen an der griechischen Grenze ums Leben kam. In der Zwischenzeit musste „Der Spiegel“ sein „Narrativ“ aus dem Blatt nehmen. Dass dieses Mädchen überhaupt existiert hat, ist mehr als unwahrscheinlich. Übrigens hat „Der Spiegel“, als die ersten Mutmaßungen darüber aufkamen, dass alles erfunden sein könnte, jeden Zweifel an der Geschichte als „Angriff auf die Pressefreiheit“ aggressiv zurückgewiesen und auch das Staatsmedium „Deutsche Welle“ ritt wütende Angriffe gegen die „populistischen Kritiker“ der erfundenen Story. Heute herrscht zum Fall des angeblich umgekommenen Mädchens dröhnendes Schweigen. Wir werden nichts mehr zur Sache hören. Die Verunglimpfung von Medienkritikern als „rechte Hetzer“, „populistische Verführer“ und „Rassisten“ wird hingegen verlässlich weitergehen.
Juli Zeh und Simon Urban, zwei deutsche Spitzenautoren und bisher die Lieblinge des Feuilletons, haben es sich durch die Veröffentlichung ihres gemeinsamen Romanes „Zwischenwelten“ mit den Medienleuten verscherzt. Weil sie in ihrem Buch treffend die Persönlichkeit eines woken Spitzenjournalisten persiflieren, finden sie sich plötzlich auch unter den bösen Etiketten „rechts“ und „populistisch“ wieder. Zeh war ja schon zuvor wegen ihrer kritischen Position zur Kriegshetze der Grünen anlässlich des Ukraine-Krieges ins Fadenkreuz der linken Moralartisten geraten. Für den fiktionalen Journalisten des Romans, der auf einer Umweltkonferenz in Paris ein Erweckungserlebnis hat und sich seither in einem heroischen Kampf gegen toxische Männlichkeit, Klimaleugner, Impfgegner, Verschwörungstheoretiker und russophile Volksverräter befindet und der von Workshops zum Thema „Critical Whiteness“ schwärmt, ist die Masse der normalen Menschen nur ein Haufen populistischer Demokratiefeinde von der „Unterseite der Republik“. Vor diesen Untermenschen ist die Welt nur dann zu retten, wenn man sie möglichst aus demokratischen Verfahren ausschließt und die Polizei dem Mob mit aller Härte entgegentritt, wenn er auf die Straße geht. Was Zeh und Urban hier so vortrefflich beschreiben, liegt nahe an der Realität. Vor allem die schreibende Elite blickt auf das normale Volk verächtlich nieder. Man merkt den Ekel ihren Worten an, wenn sie über die kleinen Menschen aus der Vorstadt schreiben, die nicht verstehen, warum wir Millionen in die Ukraine transferieren, obwohl bei uns jedes fünfte Kind von Armut bedroht ist, warum wir weiterhin unsere Grenzen nicht ordentlich schützen und der illegalen Migration freien Lauf lassen und warum nichts dagegen unternommen wird, dass von Kriegsgräuel und fundamentalistischer muslimischer Indoktrination schwer geschädigte Asylwerber nach Österreich kommen und hier schwere Straftaten begehen.
Der Fall Waldhäusl
Und der Fall Waldhäusl. Der Mann hat in einer Diskussionssendung, rüpelhaft wie er nun einmal ist, migrantische Gymnasiastinnen beleidigt, indem er offen zum Ausdruck brachte, dass es für die Wiener Stadtkultur besser wäre, wenn sie nicht bei uns gelandet wären. Die Art, wie Waldhäusl redet, entspricht der rüden Ausdrucksweise der Unterklassen. Trump pflegt einen ähnlichen Stil und ist so zum Helden der amerikanischen Arbeiterklasse geworden. Weder Waldhäusl noch Trump unterschreiten aber das moralische Niveau des größten Teils der politischen Klasse in Österreich. Denn mit Ausnahme der Grünen wollen nicht nur die Freiheitlichen, sondern auch alle anderen Parteien, vor allem die jungen Männer aus Syrien, dem Irak, Afghanistan oder Somalia loswerden und sie durch diskriminierte Frauen aus dem Iran, kriegsgepeinigte Familien aus der Ukraine oder wegen ihres Glaubens verfolgte Christen aus Eritrea ersetzen, die bei der Bevölkerung besser ankommen. Aber leider sind 90 % derer, die zu uns kommen, robuste junge muslimische Abenteurer, andere würden die beschwerliche Flucht bis nach Europa gar nicht durchstehen.
Waldhäusl büßt nicht für ein moralisches Versagen, sondern für seinen schlechten Stil. Wäre er wie einst Angela Merkel verfahren, hätte er der „Generation beleidigt“ keinen willkommenen Anlass zur theatralischen Opferinszenierung geliefert. Denn Merkel hat das weinende Mädchen Reem, das bei einem Bürgerdialog im Jahr 2015 vor laufenden Kameras die bevorstehende Abschiebung ihrer Familie unter Tränen beklagte, ganz zart an der Hand genommen und ihr erklärt, dass Deutschland nicht alle Menschen aufnehmen könne. Danach zog sich der Fall jahrelang hin, ohne dass viel geschah. Die Familie war weiterhin von Abschiebung bedroht, einzig das Mädchen durfte ihre Schulausbildung weiter fortsetzen. Es hat sich später frustriert völlig zurückgezogen, spricht nicht mehr mit den Medien. So erledigt das wohlerzogene Bürgertum solche Fälle. Man agiert manierlich und tut nichts. In Wien hat man die beleidigten Mädchen ins Parlament und ins Wiener Rathaus eingeladen, hat sie geschickt medial verwertet und überlässt sie nun wieder ganz sanft ihrem Schicksal. So geht seelenlose Symbolpolitik. Angesichts von so viel kleinbürgerlicher Verlogenheit, freut sich so mancher vielleicht ein wenig darüber, dass es die authentischen Waldhäusls und Trumps gibt.
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