Bernhard Heinzlmaier: Die grünen Tugendwächter verachten die Mittelschichten
Ich sitze an einem dänischen Strand, während ich diese Kolumne schreibe. Das Reizvolle der hiesigen Strände ist, dass der Nadelwald fast bis ans Meer reicht. Blickt man in Richtung Land, glaubt man sich im heimischen Waldviertel, wendet man den Blick dem Meer zu, werden die Empfindungen maritim. Aber Dänemark hat noch andere Vorzüge. Einer davon ist die harte Migrationspolitik, die die sozialdemokratisch geführte Regierung unter Mette Frederiksen gerade praktiziert.
Durch sie ist es gelungen, die Migration quasi zu stoppen. Konkret wurden Geldleistungen für Nicht-EU-Bürger um die Hälfte gekürzt, Kontrollposten zu Deutschland errichtet und durch das sogenannte „Schmuckgesetz“, ist es möglich, Wertsachen über 1.340 Euro bei Asylsuchenden beim Grenzübertritt zu beschlagnahmen. Zudem wird nach Syrien abgeschoben und in Wohnvierteln darf die Quote von nicht-westlichen Migranten den Anteil von 30 % nicht übersteigen. So tritt man der Ghettobildung, die in manchen Wiener Bezirken schon deutliche Konturen annimmt, entschieden entgegen. Und die Staatsbürgerschaft ist in Dänemark ein kostbares Gut geblieben. Für sie kommen nur Zuwanderer in Frage, die ein durchgehend 42 Monate dauerndes Vollarbeitszeitverhältnis nachweisen können. Warum ist das alles in Dänemark möglich? Weil in der Politik des Landes weder Grüne noch verpeilte woke Linke eine maßgebliche Rolle spielen. Und die Mittelschichten profitieren davon.
Woke Grüne mittelfristig als Gefahr für Demokratie
In Österreich und Deutschland ist die Situation vor allem deshalb generell nicht rosig, weil die Grünen in den Regierungen sitzen. Die Folge: schrumpfende Wirtschaft, Mega-Inflation, marktfeindliche Politik und beginnende Deindustrialisierung. Gründe dafür: eine wahnwitzige Energiewende, die ruinöse autoritäre Corona-Politik, Geldverschleuderung für nicht integrationswillige Migranten und die Unterstützung eines Krieges in der Ukraine, der sich längst in eine Massenschlächterei mit eingefrorenen Frontverläufen verwandelt hat. Leisten wir uns weiter den Luxus, die wirtschaftsfeindlichen Grünen in der Regierung schalten und walten zu lassen, dann werden wir über kurz oder lang auf die Industriequote eines Schwellenlandes schrumpfen, uns mit dem Waschlappen waschen, weil die Klimaradikalen das Duschen verbieten, auf stinkenden Biotoiletten unsere Notdurft verrichten, uns von Grünzeug, Beeren und Fleischersatzprodukten ernähren, von Trigger-Warnungen heimgesucht werden, wenn wir unseren Kindern einen Karl-May-Film zeigen wollen, alle mit Gewessler-Tattoos durch die Gegend laufen, in Kindergärten regelmäßige Lesungen von Dragqueens erleben dürfen und uns von der Antifa zurück ins Haus prügeln lassen müssen, wenn wieder einmal eine sinnlose Ausgangssperre beschlossen worden ist.
Dass die woken Grünen mittelfristig betrachtet zu einer Gefahr für die Demokratie werden könnten, haben in der Zwischenzeit auch viele Linke bemerkt. So hat die Philosophin Susan Neiman gerade ein leidenschaftliches Buch mit dem Titel „Links ist nicht woke“ auf den Markt gebracht, in dem sie nachdrücklich davor warnt, dass durch den zunehmenden Einfluss der woken Linken die europäische Aufklärung mit ihren Prinzipien Universalismus, allgemeine Menschenrechte, Gerechtigkeit und Fortschrittsglauben ausgelöscht werden könnte. Sie spricht in ihrem Buch von einem um sich greifenden „Enlightenment Bashing“, das vor allem von den Universitäten ausgeht und sich wie ein Gas in der ganzen Gesellschaft ausbreitet. Bereits jetzt sehen wir verstärkt, dass sich unsere früher von Gemeinschaftlichkeit geprägte Gesellschaft in ein aggressives Tohuwabohu von radikalisierten identitären Opfergruppen auflöst. Von Neid, Missgunst und Streit getragene „Stammeskriege“ sind die Folge dieses neuen Tribalismus.
Nach Neiman könnte dieses radikale Stammesdenken, das dazu führt, dass die verschiedenen Stammesangehörigen „einen grundlegenden Unterschied zwischen ihrer Art und allen anderen behaupten“, zum Zusammenbruch unserer Zivilisation führen. Eine zweite Autorin der Linken, die Kulturwissenschaftlerin Catherine Liu, geht in ihrem Buch „Die Tugendpächter“ der Frage nach, welche Teile der Bevölkerung eigentlich hinter der systematischen Zerstörung unserer aufgeklärten Gesellschaft stecken. Die Antwort ist klar und eindeutig, es sind Start-up-Typen, Streber und Hipster, ein neues Kleinbürgertum von hochqualifizierten Angestellten, die stolz auf ihre Managementfunktionen sind, die aber gleichzeitig die einfachen Menschen, die sie täglich zu motivieren und zu führen haben, verachten. Diese Elite des Arbeitsmarktes nennt Catherine Liu „Professional-Managerial Class (PMC)“. Ihr sind folgende Berufsgruppen zuzuzählen: Kreative der Kulturindustrie, Journalisten, Software-Ingenieure, Wissenschaftler, Professoren, Banker und Anwälte, also überwiegend „angestellte Geistesarbeiter, die nicht im Besitz der Produktionsmittel sind und deren Hauptfunktion in der gesellschaftlichen Arbeitsteilung allgemein als Reproduktion der kapitalistischen Kultur und der kapitalistischen Klassenbeziehungen beschrieben werden kann“. Nach Liu führt diese Gruppe einen Klassenkampf von oben gegen die einfachen Menschen der Mittelschichten, die sie als wertlos erachtet. Und deshalb reden die „PMCs“ nicht über Teuerung, explodierende Mieten und Energiepreise oder Massenarmut, die die Underdogs massiv betreffen, sondern lieber über Vorurteile als über Gleichheit, über Rassismus als über ein ungerechtes Wirtschafssystem, über Sichtbarkeit als über Ausbeutung.
Voglauer hat es mit dem Runen
Bei ihrer Analyse sind die beiden linken Frauen offensichtlich ehrlicher und sensibler als die kleinbürgerlichen Eliten, die die Führungsspitze der österreichischen Grünen stellen. Bundesgeschäftsführerin ist Olga Voglauer. Die Frau ist nach einer kapitalen Wahlniederlage in Kärnten nun in der Bundeszentrale versorgt worden. Möge sie dort ihren Lauf der Erfolglosigkeit fortsetzen. Voglauer steht in direkter Nachfolge der ehemaligen deutschen Grünpolitikerin Christa Jenal, die seit Jahren die Metal-Szene mit Anzeigen eindeckt und damit zur Lachnummer des jährlichen Wacken-Festivals geworden ist. Im Unterschied zu Olga Voglauer sieht die Dame aber nicht überall Nazis, sondern versteht die künstlerischen Narrative des Metals nicht. Sie glaubt, es versammeln sich in der Szene tatsächliche monströse Gewalttäter, Sadisten und Antichristen. Dabei ist alles nur ein Spiel mit referenzlosen Signifikanten, also reine Show und Theater.
Voglauer hat es mit den Runen. Wer die im ersten Jahrhundert n.u.Z. aufgekommene Schrift verwendet, ist ein Nazi. So die niederösterreichische Nachwuchsband „Steinalt“. Nazi ist man als Verwender von Runen aber nur, wenn man der toxisch-männlichen Proletenszene des Metal angehört. Verwendet der deutsche Rapper Trettmann, ein Liebling der PMC-Kleinbürger und des SPÖ-Vorsitzenden Andreas Babler, der vor allem seine Texte „toll“ findet („Dope aus Marokko, Koks aus Bogota, alle meine Sorten im Glas fermentiert“), dieselben Runen, dann ist das voll in Ordnung. So gibt es Fotos, auf denen Trettmann mit dem Claim „Kitschkrieg“ (sic!) in Runenschrift auf dem T-Shirt zu sehen ist. Kümmert niemanden. Trettmann hat auch an der ordinären und sexistischen CD „Palme aus Plastik“ mitgewirkt, wie der kriminelle Ghetto-Rapper „Gzuz“. Der sitzt gerade wieder einmal im Gefängnis. Keinen regt das auf. Und wenn der Brachialrapper Finch von der Bühne des umstrittenen Frequency-Festivals gegen die Polizei hetzt, auch egal. Wahrscheinlich liegt die große Toleranz daran, dass Finch Elektrotechnik studiert und Trettmann Abitur und eine Kunstausbildung hat. Die linken Bildungseliten halten zusammen, die Deppen sind immer die einfachen Leute und die, die nicht zum links-grünen Stamm gehören. Ist man dort dabei, kann man sich alles erlauben, es wird für alles die passende Entschuldigung gefunden.
Aber zusehends beginnen sich die Underdogs zu wehren, in der Wahlzelle. Catherine Liu analysiert das so: “Parteien wie die AfD könnten nicht gedeihen, wenn es keine abgehobene deutsche „PMC“ gäbe, die sich US-amerikanische Streamingdienste ansieht, zudem bereit ist, den US-Imperialismus im In- und Ausland zu unterstützen und die Sorgen der Arbeiterklasse ignoriert oder gar verachtet.” Dem ist wenig hinzuzufügen.
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