Bernhard Heinzlmaier: Es wird gemessen mit zweierlei Maß
Die österreichische Öffentlichkeit ist in zwei Teile gespalten. Einerseits gibt es die Gerechten und Reinen, andererseits die Verbrecher und Sünder. Gehört man zu den Linken und ihren Freunden, steht man auf der Seite der Auserwählten, andererseits wird man in die Kaste der Unberührbaren verstoßen meint eXXpress-Kolumnist Bernhard Heinzlmaier.
Die österreichische Öffentlichkeit ist in zwei Teile gespalten. Es gibt einerseits die Gerechten und Reinen und andererseits die Verbrecher und Sünder. Gehört man zu den Linken und ihren Freunden, dann steht man auf der Seite der Auserwählten, ist man hingegen nicht bereit, sich den Sittengesetzen und der Ideologie der herrschenden Meinungsklasse vorbehaltlos zu unterwerfen, dann wird man in die Kaste der Unberührbaren verstoßen. Die Unberührbaren haben zu schweigen, tun sie es nicht, dann werden sie Zielobjekte einer Hetzmeute, an deren Spitze in der Regel führende Journalisten und Kulturschaffende stehen.
Aktuelles Opfer, der Journalist Christian Wehrschütz, der führende Osteuropaexperte des ORF. Den Herausgeber der von Stadt Wien und ORF gut gemästeten ultralinken Intrigenpostille Falter stört es offensichtlich, dass Wehrschütz wegen der Ukraine-Krise so viel Sendezeit im ORF bekommt, während sich für ihn, abgesehen von der erlesenen kulturlinken Mikrogruppe der Falterleserschaft, kein Mensch interessiert. Verletzt von der Ignoranz der Mehrheit, verliert er die Contenance und drischt mit dem Sprach-Bihänder auf den erfolgreichen Wehrschütz ein. Unser Clown im Krisengebiet sei er, der Wehrschütz, der redet, ohne etwas zu sagen. Und sogleich springt dem Doyen des humanistischen Geschwafels ein Privilegien-Journalist des Staatsfernsehens bei und bringt dessen hochnäsiges und infames Bonmot auf Twitter mit einem unterwürfigen Jubelkommentar in Umlauf. Es ist immer wieder bemerkenswert, wie einfältige kleine Gemeinheiten die alten weißen Spät-68er-Männchen in destruktive Euphorie versetzen.
Personen auf der falschen Seite werden aggressiv angegangen
Wer nicht, wie der Falter-Herausgeber, auf der richtigen Seite steht, sondern auf der ganz falschen, wie die ÖVP-Generalsekretärin Laura Sachslehner, der wird nicht bejubelt, sondern aggressiv angegangen. Eine radikalisierte Oma gegen rechts, die auf Twitter als monotone und trostlose SPÖ-Jubel-Tante bekannt ist, entmenschlicht Sachslehner zur „Figur“ und hängt derselben die Attribute „dumm“ und „peinlich“ an. Worin die Dummheit und Peinlichkeit ihres Hassobjektes besteht, darüber unterrichtet uns die linke Scharfrichterin nicht. Sie muss es auch nicht tun, sprechen doch die Vertreter der linken Bourgeoisie immer ex cathedra, sodass weder vernünftige Argumente notwendig noch Zweifel an ihrer Meinung erlaubt sind.
Wuttirade gegen Sachslehner
Erfolgreiche junge Frauen, die nicht aus ihrer ideologischen Formation kommen, dürften die Ultralinken überhaupt aus der Fassung bringen. So hat schon vor einigen Wochen der als Sexist bekannte und aus der Gruppe Revolutionärer Marxisten kommende Peter Pilz mit einer Wuttirade gegen Sachslehner, in die er auch den vor seinem Haus lebenden Specht involvierte, für Aufsehen gesorgt. Sein Adlatus Thomas Walach hat schon im Vorjahr Laura Sachslehner mit Laura Rudas „ironisch“ zusammengespannt und sie unter dem Jubel seiner Claqueure als „starkes Team“ zur „Mäderlpartie“ herabgewürdigt. Auch hier ist interessant, dass linke weiße alte Menschen sich offensichtlich gegenüber Frauen Dinge erlauben dürfen, für die jeder, der ihrer erlauchten Gruppe nicht angehört, von einem radikal-feministischen Kampftrupp öffentlich in Stücke gerissen werden würde. Die niederträchtige öffentliche Entblößung der Partnerin von Sebastian Kurz, die ohne jede Konsequenz blieb, ist uns noch in guter Erinnerung.
Die einstigen Anhänger von Leo Trotzki
Überhaupt fällt auf, dass in der Gruppe jener, die die Wortführer der linken Kampftruppen in den Medien und der Politik sind, sich hervorstechend viele Trotzkisten befinden. Diese Genossen, einst glühende Anhänger von Leo Trotzki, des Generalissimus der roten Armee und Schlächter der gegen den leninistischen Totalitarismus rebellierenden Matrosen von Kronstadt, waren schon in ihrer Zeit an der Universität berüchtigt dafür, dass sie ausschließlich zerstörten, was andere mühsam aufgebaut hatten. Selbst haben diese Sektierer niemals etwas Konstruktives hervorgebracht. Und wenn ihnen das externe Material zur Verwirklichung ihrer Zerstörungslust ausging, dann devastierten sie ihre eigenen Strukturen. Noch niemals hat es eine linke Gruppierung gegeben, die sich immer wieder binnen kürzester Zeit in einem derartigen Tempo in ihre Kleinstbestandteile zu zerlegen verstand, wie die Trotzkisten. ZackZack ist ein später Ableger dieser Kultur der Destruktion. Die Plattform ist nicht mehr als ein Racheapparat, mit dem sich ein gescheiterter Berufspolitiker an seinen Gegnern von früher zu revanchieren versucht. Das System, das ihn ausgestoßen hat, möchte er nun in toto vernichten.
Die größte Gefahr für die Demokratie
Zum allgemeinen Grundtenor der hegemonialen linksliberalen politischen Kultur gehört die immer wieder verkündete These, dass die größte Gefahr für die Demokratie heute von der politischen Rechten ausgeht. Selbst Konservative werden heute als „radikalisierte Konservative“ punziert und der Rechten zugezählt. Blickt man in die jüngere Geschichte zurück, so war es aber die radikale Linke, die die Demokratie an den Rande ihrer Existenz brachte. Ältere erinnern sich sicher mit Schaudern an den sogenannten „deutschen Herbst“ des Jahres 1977, in dem die Terroristen der Baader-Meinhof-Gruppe durch Deutschland fegten. Durch die Palmers-Entführung gehörte auch Österreich zu den direkt betroffenen Ländern. Nun ist ein Buch erschienen, das einem das Blut in den Adern gefrieren lässt. Ein schwedischer Aktivist der Ökomanen von Fridays for Future hat es geschrieben und es heißt „Wie man eine Pipeline in die Luft jagt“. Auf über 180 Seiten beschäftigt sich der ultralinke Autor damit, anhand von historischen Beispielen wie dem der Suffragetten nachzuweisen, dass politische Bewegungen vor allem dann erfolgreich waren, wenn sie Gewalt anwendeten.
Wie einst für die russischen Bolschewiki geht es auch für den Autor um alles. Wollte die leninistische Erlösungsbewegung die Menschen für immer von der Herrschaft der Bourgeoisie befreien, so will Fridays for Future die Weltbevölkerung von Kapitalismus und Klimakatastrophe total erlösen. Was beide Bewegungen, die Bolschewiki und den radikalen Flügel von Fridays for Future verbindet, sind naiver Utopismus, Fanatismus und Totalitarismus.
Die systematische Beschädigung von SUVs und Pipelines
Stolz berichtet der Autor von der systematischen Beschädigung von SUVs, die er gemeinsam mit Gleichgesinnten durchgeführt hat und schwärmt von der Durchlöcherung und Zerstörung von Pipelines. Besonders beunruhigend wird es, wenn er voll Freude von der Sprengung einer Pipeline in Deutschland durch „palästinensische Freiheitskämpfer“ erzählt und geradezu über ein Bündnis der Action Directe, der RAF und Belgischer Terroristen in den 1980er Jahren schwärmt, das Dutzende Pipelines und Förderanlagen in Europa in die Luft sprengte. Würde ein Aktivist der Identitären einen solchen Text veröffentlichen, man würde ihn für mehrere Jahre ins Gefängnis werfen. Tut es ein Linker, dann wird er für sein „mitreißendes Manifest“, das die gewalttätige „Eskalation“ fordert, über den grünen Klee gelobt und von Naomi Klein zu einem der „originellsten Denker zu den Themen Klima und Ökologie“ erhoben. Wenn man über das alles nachdenkt, kommt man unweigerlich zum Schluss, dass für viele Linke heute das Verrücktsein der Normalzustand sein muss.
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