Bernhard Krumpel: Printmedien – Herausforderung 2022
Die Papierpreise steigen wie schon lange nicht mehr. Schuld daran ist eine Gemengelage aus Rohstoffknappheit, Lieferkettenverzögerungen und explodierenden Energiepreisen. Das wird nicht nur Klopapier und Taschentücher spürbar teurer machen. Printmedien müssen ausgabenseitig ebenfalls mit erhöhten Kosten rechnen. Einnahmenseitig wird es für die Verlage auch nicht leichter.
Vor wenigen Tagen beherrschte die Preisexplosion bei Klopapier, Taschentüchern und Küchenrollen. Besonders das Klopapier erlangte als Corona-Hamstergut Berühmtheit. „Preiserhöhungen seien unausweichlich“, wurde der Firmenchef von Zewa und Tempo auf RTL zitiert. Im Windschatten dieser Schlagzeilen brauen sich über Österreichs Medienlandschaft Gewitterwolken zusammen. Diese haben das Potential, die Branche nachhaltig zu verändern. Ein Thema, dass die zuständige Medienministerin Susanne Raab in die gerade laufenden Überlegungen zur Erneuerung der Medienförderung berücksichtigen wird müssen.
Denn insbesondere Printmedien haben ausgabenseitig einiges vor sich. So steigen die Preise für Altpapier und Zellstoff rasant an. Einen Vorgeschmack erlebte die Branche bereits im September. Damals hat sich der Großhandelspreis von Altpapier im Vorjahresvergleich verdreifacht. Mittlerweile ist die Lage noch dramatischer. Verlagschefs erzählen, dass, selbst wenn man bereit ist diese Preise zu bezahlen, nicht sicher sein kann, das bestellte Papier auch zu bekommen. Denn Papier ist zudem Mangelware.
Überlebensfrage Preiserhöhung
Altpapier und Zellstoff sind für die Papierherstellung notwendige Rohstoffe. Importiertes Altpapier kostete im September 2021 im Schnitt um 75 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Deutschland verzeichnete im Jahr 2010 noch 6,6 Millionen Tonnen Altpapier, im Jahr 2020 waren es nur noch 4,5 Millionen Tonnen. Ein satter Rückgang von rund einem Drittel. Zudem gehen die Rohstoffpreise zur Papierherstellung gerade durch die Decke. Für Zellstoff musste im September 2021 um rund 46 Prozent mehr bezahlt werden als im Vorjahresvergleich.
Der Konsument erlebt diese Knappheit beim Kauf von Zellstoffprodukten wie Toilettenpapier oder Küchenrollen. Dort fallen ein paar Cent mehr kaum ins Gewicht. Allerdings für Verlage, die Tonnen von Papier benötigen und eine adäquate Preiserhöhung nicht an Konsumenten weitergeben können, stehen mit dem Rücken zur Wand.
Einnahmenfront bröckelt ebenfalls
Als wäre das nicht genug, stehen auch einnahmenseitig einige Herausforderungen an. Die öffentliche Hand wird die Inseratenbudgets kürzen und Handelsunternehmen werden aufgrund der pandemischen Lage ebenfalls zurückhaltend mit Werbeschaltungen sein. Denn was nutzen die schönsten Werbeinserate, wenn Geschäfte aufgrund eines Lockdowns sperren müssen?
Nun steht eine Neuordnung der Presseförderung auf der Tagesordnung. Als die Presseförderung im Juli 1975 beschlossen wurde, erhielten die Tages- und Wochenzeitungen 6,2 Mio. Euro. Inflationsangepasst müsste sie heute 19,2 Millionen Euro ausmachen, tatsächlich bewegt sich die Presseförderung bei unter 9 Millionen Euro pro Jahr. Wobei korrekterweise festgehalten werden muss, dass im Pandemiejahr 2020 die Presseförderung, aufgrund von Sonderförderungen auf mehr als 27 Millionen Euro anwuchs. Für das Jahr 2022 wurden allerdings wieder lediglich knapp neun Millionen Euro budgetiert.
Werbeverbote würden schwer wiegen
Zudem machen Gerüchte über geplante Werbeverbote im Ausmaß vieler Millionen Euro die Runde. Das wäre in dieser Situation ein weiterer schwerer Schlag in die Magengrube. Denn Werbeverbote, Papiermangel, rasant steigende Rohstoffpreise und eine bei der Annoncenvergabe im Nachklang zur „Inseratenaffäre“ besonders vorsichtige öffentliche Hand sind eine toxische Mischung, die einige an den Rand ihrer wirtschaftlichen Existenz bringen werden. Noch dazu, wenn Reichweiten und damit Inserateeinnahmen sinken. Eine Situation, die an Medienprodukten interessierte Investoren bereits gespannt verfolgen.
Unter diesen Umständen eine neue Medienförderung zu gestalten, wird keine leichte Aufgabe sein. Die zuständige Medienministerin Raab wird daher mit harten Verhandlungen rechnen müssen.
Er zählt in Österreich zu den besten Kommunikationsexperten. Die Rede ist vom PR-Profi und Politik-Insider Bernhard Krumpel (49). Sein Motto: „Always stay focused“. Klaren Fokus benötigte er unter anderem bei seinen komplexen Jobs für Politiker, Ministerien und Konzerne. Neben seiner Beratungstätigkeit gibt der Wirtschaftssoziologe gerne sein Wissen an Studenten weiter. Er ist Verfasser von Fachartikeln, wie etwa zur Aktionärsrechte-Richtlinie und deren Auswirkung auf die Unternehmenskommunikation, sowie Mitherausgeber von drei Buchbänden mit dem Titel „Spezialgebiete der PR“.
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