Bernhard Krumpel: Trovés Erben
Gustave Trové baute im Jahr 1881 in Paris das erste Elektroauto. Damals setzte sich der elektrische Antrieb nicht durch. 140 Jahre später setzt die Politik alles daran, dem Elektroantrieb zum Durchbruch zu verhelfen. Heute ist der E-Auto Pionier Tesla nach Börsenwert das wertvollste Unternehmen der Autobranche. Deutschlands Autokonzerne haben mittlerweile das Marktpotential erkannt und konzentrieren ihre Forschung und Ingenieurskunst auf die neue Antriebstechnologie.
Lange Zeit galt das Elektroauto als nicht markttauglich. Geringe Reichweiten, langatmige Ladeprozeduren, Sicherheitsthemen bei brennenden Fahrzeugen sowie Kritik an der Batterieherstellung und -entsorgung prägten die öffentliche Diskussion. Nur mit massiven Fördergeldern versuche die Politik ein unausgereiftes Produkt in den Markt hineinzupressen, so das Credo. Das hat sich mittlerweile geändert. Doch dazu später.
Deutschland am Weg zur Nummer eins
Vor nahezu exakt 15 Jahren, am 24. Juli 2006, präsentierte Tesla in Kalifornien sein erstes serienreifes Elektroauto, den Tesla Roadster. Seit damals überraschte das Unternehmen mit optisch und technisch weiter ausgereiften Modellen. Visionär setzte das Unternehmen auf den Elektroantrieb und steigerte in Folge seinen Börsenwert gewaltig. Heute ist das Unternehmen mehr wert als Toyota, VW oder Daimler.
Mittlerweile hat die Politik die Bedeutung dieser Antriebstechnologie für den Klimaschutz erkannt. In vielen Ländern werden üppige Fördertöpfe für Elektroautos ausgeschüttet. Besonders engagiert zeigt sich Norwegen, gefolgt von Deutschland. Dort ist der Kampf für mehr Klimaschutz inzwischen definiertes Staatsziel. In Norwegen wurden zuletzt 62 Prozent der Neuwagen mit E-Antrieb verkauft, hohe Steuern auf Verbrennungskraftwagen zeigen entsprechende Wirkung. In Deutschland vermeldet das Kraftfahrt-Bundesamt bei den Neuzulassungen seit Juni 2019 signifikant sinkende Marktanteile bei den Verbrennern und steigende Marktanteile bei Elektro- und Hybridantrieb.
Kampf um die Weltherrschaft
Die deutsche Politik hat sich mittlerweile auf das Elektroauto fokussiert und damit auch die Autobauer. Andere alternative Antriebsarten, wie Flüssiggas und Wasserstoff wurden zu Randthemen. Hauptproblem für die Autobauer war und ist die eigene Innovationskraft. „Wer heute ein E-Auto kauft, muss aufgrund der Produktinnovationen in den ersten Jahren mit spürbaren Wertverlusten rechnen, da laufend neue Modelle mit verbesserter Technik und Reichweite auf den Markt kommen und damit Vormodelle unter Druck bringen“, weiß Helmut-Klaus Schimany, Vorstandsvorsitzender von der Bundesinitiative eMobility Austria. Das könnte zukünftig auch beim Verbrenner der Fall sein: Die steuerlichen Rahmenbedingungen für neue Dieselfahrzeige werden in den nächsten Jahren eher schlechter als besser.
Da Deutschlands Autobauer wie VW, Daimler oder BMW mit ihren über 170 Autowerken seit einigen Jahren fokussiert am Elektroantrieb arbeiten, werden sie laut dem McKinsey Electric Vehicle Index wohl noch heuer, spätestens Anfang 2022, bei der E-Auto-Produktion an China vorbeiziehen und globaler Marktführer werden.
Dabei beleben neue Ideen den Markt. In Norwegen testet der chinesische Autobauer Nio gerade ein neues Konzept. Landesweit werden Akkutauschstationen errichtet. Dort können Nio-Fahrzeuge mittels der Nio-Swap-Technologie binnen drei Minuten automatisiert die Batterie tauschen. Der Fahrzeugkäufer wird somit zum User. Eine kostenintensive Strategie, da diese Infrastruktur landesweit errichtet werden muss. Andere wiederum experimentieren mit Solarzellen auf dem Auto.
Die ursprünglichen Bedenken gegen den E-Antrieb sind mittlerweile widerlegt
Auch ich war ein Bedenkenträger betreffend E-Autos. Deshalb begann ich für den heutigen Kommentar auch zu recherchieren. Klar ist mittlerweile, dass die neue Generation an E-Autos, die Kraft der deutschen Automobilindustrie und die damit verbundenen künftigen Weiterentwicklungen ein neues Kapitel aufgeschlagen haben. Die Reichweite wird zunehmend zu einem beherrschbaren Thema. In den letzten fünf Jahren hat sich laut ADAC die echte Reichweite verdoppelt. „Echte Reichweite“ deshalb, weil auch hier traditionellerweise die Herstellerangaben einem Realitätscheck nicht standhalten. So liegen bei 16 vom ADACgetesteten Modellen die Herstellerangaben über dem ADAC-Testergebnis, bei sieben Fahrzeugen beträgt der Unterschied sogar mehr als 25 Prozent. Das spiegelt allerdings die bisherigen Erfahrungen mit den Herstellerangaben der Verbrennungskraftfahrzeuge wieder.
Bei der Ladedauer gibt es ebenfalls laufend Fortschritte. Der elektrische Mercedes S-Klasse schafft es mittlerweile, binnen 20 Minuten Strom für 266 Kilometer aufzuladen.
Das Thema Batteriebrand löst die Zeit. Die neue Zellchemie aus Lithium-Eisenphosphat gilt als ebenso brandsicher wie eine Festkörperbatterie. Somit haben auch im Sicherheitssegment die E-Autos bald die Nase vor den Verbrennungsmotoren. Bei Crashtests sind – laut der Gesellschaft Euro NCAP – übrigens unter den Top Five mittlerweile drei E-Autos.
Mangelware Ökostrom
Bei der Umweltbilanz liegt der E-Antrieb sowieso meilenweit vor den Verbrennern, auch wenn der jeweilige Strommix an der Ladestelle ein bedeutender Faktor in der Umweltbilanz ist. Aktuell ist jedenfalls Ökostrom Mangelware. Standardgemäß halten aktuelle Batterien heute 2000 Vollladungen aus. Bei einer kalkulierten Reichweite pro Ladung von 350 Kilometern, sprechen wir also von statistischen 700.000 Kilometern Batterielebensdauer. Nach Ende der Lebenszeit im Fahrzeug kann die Batterie nochmals bis zu zehn Jahre als Zwischenspeicher für erneuerbare Energie eingesetzt werden. Zudem können mittlerweile bis zu 95 Prozent der Batteriebestandteile wie Lithium, Kobalt, Alu, Nickel und Kupfer wiedergewonnen werden. Auch die EU nimmt sich mit der aktuellen Batterieverordnung diesem Thema sehr umfassend an. Bei all den Vorzügen der Elektromobilität ist allerdings eines klar: Ohne Atomstrom wird es wohl auf absehbare Zeit nicht gehen. Denn die alternativen Energiequellen leiden unter dem Klimawandel oder dem Widerstand von Bürgerinitiativen. Wer will schon Starkstromleitungen beim Haus oder Windräder vor der Türe haben? Auch bei der Atomenergie gibt es Weiterentwicklungen. Aber das ist ein eigenes Thema…
Er zählt in Österreich zu den besten Kommunikationsexperten. Die Rede ist vom PR-Profi und Politik-Insider Bernhard Krumpel (49). Sein Motto: „Always stay focused“. Klaren Fokus benötigte er unter anderem bei seinen komplexen Jobs für Politiker, Ministerien und Konzerne. Neben seiner Beratungstätigkeit gibt der Wirtschaftssoziologe gerne sein Wissen an Studenten weiter. Er ist Verfasser von Fachartikeln, wie etwa zur Aktionärsrechte-Richtlinie und deren Auswirkung auf die Unternehmenskommunikation, sowie Mitherausgeber von drei Buchbänden mit dem Titel „Spezialgebiete der PR“.
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