Christian Ortner: Alles, nur keine neuen Steuern bitte!
Die Besteuerung von Vermögen mag populär sein, vernünftig ist sie in Österreich oder Deutschland nicht, meint exxpress-Kolumnist Christian Ortner.
Sollten im Herbst in Deutschland die Grünen die Wahlen gewinnen und damit zur dominierenden politischen Kraft werden – was derzeit alle Umfragen nahelegen – wird wohl umgesetzt werden, was im Programm der Partei mit der blumigen Forderung „dass sich sehr wohlhabende und reiche Menschen und große Konzerne ihrer Verantwortung stärker stellen“ umschrieben wird. Zu Deutsch: Nicht nur höhere Einkommensteuern, sondern auch die Besteuerung von Vermögen sind im Anflug. Konkret wollen die Grünen, dass Besitztümer von zwei Millionen Euro oder mehr mit einer Abgabe von einem Prozent pro Jahr belegt werden.
Man braucht nicht sehr viel Phantasie um sich vorzustellen, dass diese Debatte eher früher als später auch nach Österreich schwappen wird, nicht zuletzt angesichts der desaströsen Lage der Staatsfinanzen im Gefolge der Corona-Pandemie. SPÖ und Grüne sind ohnehin dafür.
Eine gute Idee schaut freilich anders aus. Denn in einem Land mit einer der höchsten Abgabenquoten weltweit ist eine zusätzliche Stauerlast so ungefähr das letzte, was ökonomisch Sinn macht. Österreich braucht nämlich jetzt nicht höhere, sondern ganz im Gegenteil niedrigere Steuern, um den Konsum und damit das Wachstum zu stärken.
Dazu kommt, dass es angesichts der von der EZB erzwungenen Nullzinspolitik fast unmöglich ist, bei konservativer und risikoarmer Veranlagung jenes Prozent zu erwirtschaften, dass nach dem Plan der Grünen Jahr für Jahr abzuführen ist. De facto kommt das daher einer langsamen, aber stetigen Enteignung gleich; was jedenfalls in Deutschland kaum mit der Verfassung vereinbar wäre.
Klüger wäre es, die unteren und mittleren Einkommen steuerlich zu entlasten
Aber auch für Unternehmen und Unternehmer, die dank Corona in vielen Fällen ohnehin recht wackelig auf den Beinen stehen, wäre eine derartige Belastung unzumutbar. „Falls diese deshalb weniger investieren, hat das in der zweiten Runde aber auch negative Effekte auf die Arbeitsproduktivität und damit auf die Löhne,“ argumentiert der deutsche Ökonom Jan Schnellenbach, „oder es steigt in Tarifverhandlungen gleich der Druck, Steuerlasten zum Teil in die Löhne einzupreisen. Von Steuern auf Unternehmensgewinne ist dieser Effekt bekannt; hier gehen aktuelle Studien davon aus, dass bis zu 50 Prozent der Steuerlast sich am Ende in niedrigeren Löhnen der Arbeitnehmer niederschlagen.“
Man sieht: die Forderung, den „Millionären“ einfach Geld weg zu nehmen, mag populistisch funktionieren, zur Bekämpfung von materieller Ungleichheit taugt sie in Wahrheit nicht. Um das zu erreichen, müsste der Staat die unteren und mittleren Einkommen steuerlich entlasten und die Bildung von Eigentum erleichtern. Was aber nur geht, wenn der Staat nicht noch mehr einnimmt, sondern weniger ausgibt. Was Politiker eher nicht so gerne wollen.
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