Christian Ortner: Der Verlierer des roten Machtkampfs steht fest
Egal, wer am Samstag neuer Chef der SPÖ wird – jene vernünftige Wirtschaftspolitik, die Österreich dringend in den nächsten Jahren braucht, wird mit dem Gewinner des roten Schlachtens nicht leichter umzusetzen sein, fürchtet Exxpress-Kolumnist Christian Ortner.
Ich habe naturgemäß nicht die geringste Ahnung, ob am Samstag beim „High-Noon in Rot“ Andreas Babler oder Hans-Peter Doskozil gewinnen werden. Keine Ahnung, wirklich.
Völlig sicher ist hingegen schon vor dem Wahlgang in Linz, wer der Verlierer der Auseinandersetzung sein wird: alles, was in der SPÖ noch an wirtschaftlicher Vernunft vorhanden ist, was ja bekanntlich eh nicht mehr so viel ist. Denn weder der Kandidat Babler noch der Kandidat Doskozil erzeugen auch nur annähernd den Eindruck, wirtschaftspolitische Positionen zu vertreten, die auch nur annähernd Sinn machen.
Keine Kapitalismusversteher
Ich bin ja eher selten mit dem „Falter“-Herausgeber Armin Thurnher einer Meinung, aber der hatte völlig recht, als er jüngst sinngemäß meinte, „weder Doskozil noch Babler sind im Verdacht, Kapitalismusversteher zu sein“. Thurnher versteht das wohl als Vorteil beider Kandidaten – ich halte es für eine mittlere Katastrophe für das Land.
Denn mit dem Konzept der freien, sozialen Marktwirtschaft haben beide Kandidaten erwiesener Maßen genau nichts am Hut. Doskozil hat bekanntlich im Burgenland breitflächig eine Art Staatswirtschaft light eingeführt, wo sich das Land immer mehr und immer öfter unternehmerisch betätigt, in der Regel natürlich auf Pump.
Der Fall Babler ist noch einfacher, der weiss ja noch nicht einmal so genau, ob er jetzt Marxist ist oder nicht (vielleicht „marxismusfluid“?) ,dafür aber, dass die EU ein „neoliberalistisches“ Konstrukt ist, was auch immer das sein mag.
Two Shades of Red
Wir haben es also am Samstag mit der Wahl zwischen „Two Shades of Red“ zu tun, und zwar zwei sehr dunkelroten Schattierungen.Egal, wer gewinnt: nach den nächsten Wahlen wird die Bildung einer Regierung der wirtschaftlichen Vernunft, die das Land so dringend bräuchte, dadurch nicht leichter. Denn sollte, was man ja nie ausschließen kann, das Wahlergebnis die Bildung einer Regierung von ÖVP und SPÖ naheliegen, wird das mit dem neuen SPÖ-Vorsitzenden nicht eben einfacher werden, egal welcher der beiden das wird.
Ich gestehe: angesichts dieser Lage, die gar nicht gut ist fürs Land, muss ich wohl Franz Vranitzky Abbitte leisten, der ja am Ende des 20 Jahrhunderts die Partei geführt und das Kanzleramt innehatte.
Vranitzkys mangelnde marktwirtschaftliche Ambitionen, sein allzu langes Festhalten an der Idee der Verstaatlichten Industrie, seine nur eher zögerliche Art und Weise, die SPÖ auch in ihrem wirtschaftlichen Denken zu modernisieren, erschienen mir damals zu wenig, zu spät und zu altbacken.
Das kann ja auch so gewesen sein – aber gemessen an dem, was sich heute um die Führung der SPÖ streitet, war Vranitzky eine wirkliche Lichtgestalt.
Verlieren werden alle
Mag sein, dass es in der ÖVP da oder dort so etwas wie klammheimliche Freude gibt angesichts des Umstandes, dass selbst die aktuell ja auch nicht vor kapitalistischem Impetus überschießende Kanzlerpartei neben jedem der beiden möglichen neuen SPÖ-Chefs wieder wie eine ernsthafte Wirtschaftspartei erscheinen wird.
Parteipolitisch mag das ein zutreffendes Kalkül sein. Im Interesse des Landes aber ist eine SPÖ, die sich wirtschaftspolitisch in die 1950er-Jahre zurückbeamt, leider überhaupt nicht. Egal, wer gewinnt: Verlierer werden wir alle sein.
Kommentare