Deutschland, meinte jüngst der dortige FDP-Chef Christian Lindner, müsse »mehr Musk und mehr Milei wagen«.

Gemeint hat er damit den argentinischen Ökonomen Javier Gerardo Milei, der am 10. Dezember 2023, also vor genau einem Jahr, zum Präsidenten seines Landes ernannt worden ist, und natürlich Elon Musk, Gründer von Tesla und Space X sowie demnächst Sonderberater von Donald Trump mit dem Ziel, die amerikanische staatliche Bürokratie ordentlich auszuholzen.

Man kann über den umtriebigen FDP-Chef Lindner ja durchaus unterschiedlicher Meinung sein, aber mit seiner Sehnsucht nach mehr Musk & Milei liegt er völlig richtig.

Das gilt übrigens zumindest im gleichen Ausmaß wie für Deutschland auch für Österreich, allerdings mit einem nicht ganz unwesentlichen Unterschied: In Deutschland gibt es mit Christian Lindner wenigstens einen Politiker von einiger bundespolitischer Relevanz, der das offen ausspricht, in Österreichs politischer Klasse hingegen, leider bis tief in die ÖVP hinein, gelten der US-Milliardär und der argentinische Reformer im Großen und Ganzen als leicht verrückte Kauze, von denen man nichts, aber auch schon gar nichts lernen kann. Oder gleich als Anhänger autoritärer Systeme, die die Demokratie abfackeln wollen.

Die österreichische Schule des Erfolgs

Ich bin überzeugt: Wahr ist das genaue Gegenteil, auch und gerade Österreich bräuchte eine ordentliche Dosis von jenem Spirit, der die beiden Männer an- und umtreibt.

Worum geht es dabei konkret? Javier Milei ist Anhänger der »Österreichischen Schule der Nationalökonomie«, die, vereinfacht gesagt, möglichst freie Märkte, Marktwirtschaft und Kapitalismus als erfolgreichste Methode zur Erreichung von allgemeinem Wohlstand versteht, während sie den Staat und die damit verbundene Bürokratie möglichst zurückschneiden will. Elon Musk dagegen ist kein Theoretiker, hat aber bewiesen, welche Kräfte er im Kapitalismus entfesseln kann, wenn man ihn nur lässt und nicht staatlich gängelt und bürokratisch bedrängt.

Milei wiederum zeigt seit einem Jahr, wie gut diese ökonomischen Konzepte in der Praxis funktionieren: Er hat die Inflation praktisch zum Stehen gebracht, die Wirtschaft boomt in unglaublichem Ausmaß, die Einkommen der breiten Massen steigen ordentlich an. Vor allem aber herrscht in Argentinien wieder Optimismus und Zukunftsfreude, wichtige Zutaten für weiteres Wachstum.

Ran mit der Kettensäge

Sowohl Deutschland als auch Österreich bräuchten dringend eine Kur dieser Art. Das heißt, jene irre Bürokratie mit der Kettensäge zu bekämpfen, die mittlerweile jede unternehmerische Energie aussaugt wie ein Vampir das Blut der Jungfrau. Das heißt, gerade im Fall Österreich, endlich den noch immer stattlichen Besitz der Republik, der Länder und Gemeinden an Unternehmen, vor allem im Energiesektor, völlig zu privatisieren und die Milliardenerlöse in den Schuldenabbau zu stecken. Das heißt, die überzogene Klimapolitik und die damit verbundenen Kosten herunterzufahren. Das heißt, Subventionen vom Pendlerpauschale bis zum Klimabonus, vom Dieselprivileg bis zu diversen Öko-Förderungen abzuholzen und im Gegenzug die Einkommensteuern zu senken, am besten hin zu einer Flat-Tax wie etwa in Tschechien.

Man kann diese Liste noch seitenweise verlängern, aber die Stoßrichtung ist immer dieselbe: den Staat und seine Verpflichtungen radikal zu verkleinern und dem Bürger im Gegenzug mehr Geld, mehr Freiheit und damit verbunden auch mehr Verantwortung für sich selbst zurückzugeben.

Der Ökonomie-Nobelpreisträger Milton Friedman hat einmal erklärt, der Staat benötige nur vier Ministerien: Sicherheit, Justiz, Finanzen und Auswärtiges, alle anderen könnten ersatzlos abgeschafft werden.

Mehr privat, weniger Staat 2.0

Das mag ein bisserl gar radikal erscheinen, zeigt aber, worum es geht. »Mehr privat, weniger Staat« war vor Jahrzehnten einmal ein Wahlslogan der ÖVP. Seither hat dieser Staat, meist unter Führung der ÖVP, zugenommen wie ein zuckersüchtiger Adipositaskranker, und von »mehr privat« ist leider nur noch die Rede, wenn es um das Begleichen von Arzthonoraren geht, sonst eher nicht.

Es ist eine traurige Pointe der Geschichte, dass diese erwiesenermaßen erfolgversprechenden Prinzipien der »Österreichischen Schule der Nationalökonomie« in keinem Land der Welt so vergessen wurden wie in Österreich, wo sie erfunden und entwickelt wurden.

Das gilt heute mehr denn je zuvor, denn Österreich ist derzeit eine Art »Noch«-Land: Noch sind wir eines der reichsten Länder der Welt, noch haben wir ein halbwegs intaktes Bildungs-, Gesundheits- und Pensionssystem, noch funktioniert unsere Wirtschaft, vor allem unsere Industrie, so einigermaßen.

Aber jeder leidlich aufmerksame Mensch in diesem Land spürt: All das ist eben gerade »noch« so, und all das kommt gerade ziemlich ins Rutschen.

Um dieses Abrutschen zu verhindern, wäre es dringend notwendig, »mehr Musk und mehr Milei zu wagen«. Was nur leider weit und breit nicht zu sehen ist, schon gar nicht dort, wo es natürlich hingehörte, in die Verhandlungen über die Bildung der nächsten Bundesregierung. Die Konsequenzen werden wir in den kommenden Jahren spüren, und sie werden nicht übertrieben erbaulich sein.