Christian Ortner: Soldaten sind keine Feuerwehrmänner
Das Bundesheer hat in der Corona-Krise enorm gepunktet. Das birgt eine riesige Chance für das Heer und das Land, meint eXXpress-Kolumnist Christian Ortner – aber auch die Gefahr, dass alle vergessen, wozu eine Armee eigentlich da ist. (Spoiler: Nicht als Hilfs-Krankenpfleger).
Das österreichische Bundesheer, über Jahrzehnte Gegenstand weit verbreiteter medialer Missachtung, finanziell ausgehungert ohne Ende und immer wieder in seiner schieren Existenz in Frage gestellt – vor allem von Linken und Grünen – hat in den zwei Corona-Jahren ganz unbestreitbar erheblich an Ansehen gewonnen. Egal ob in den Impfstraßen, an Grenzübergängen oder beim Testen: Soldaten haben einen nicht nur bedeutenden, sondern vor allem auch gut sichtbaren Beitrag zur Pandemiebewältigung geleistet. „Ganz schön wichtig, diese Krisenfeuerwehr“, zollte etwa der angesehene Innenpolitik -Chef der „Salzburger Nachrichten“, Andreas Koller, jüngst in einem Leitartikel dem Heer seinen Respekt.
Und all jene, die das Bundesheer in den letzten Jahren aus ideologischen Gründen oder einfach auch aus eigener Unbedarftheit zynisch runtergemacht haben, stehen jetzt ganz schön blöd in der Gegend herum.
Schöne Worte sind zu wenig
Nun ist mehr als nachvollziehbar, dass eine Institution – die ja auch nur aus Menschen besteht – nach langen Jahren der Demütigung, der Herabwürdigung und des Ressourcen-Entzuges beglückt aufatmet, wenn sich die Stimmung plötzlich dermaßen dreht.
Und doch birgt die neue Zuneigung zum Bundesheer zwei nicht zu unterschätzende Gefahren in sich, gegen die sich rechtzeitig zu wappnen für das Heer und seine Verantwortlichen wohl nicht verkehrt wäre.
Gefahr eins: das Pflegerinnen-Schicksal. Während der Krise als „Heldinnen und Helden“ beklatscht, gefeiert und in den Himmel gelobt, warten diese Menschen im Wesentlichen bis heute auf die konkreteste Erscheinungsform gesellschaftlicher Wertschätzung, nämlich signifikant mehr an Geld und bessere Arbeitsbedingungen.
Dem Heer könnte es ähnlich ergehen. Ob die neue Wertschätzung real oder eine Luftballon ohne Hülle ist, wird an den Heeres-Budgets der nächsten Jahre abzulesen sein. Ich meine: wenn wir diese „Krisenfeuerwehr“ für so wichtig erachten, wie sie ja auch tatsächlich ist, müssen wir sie auch mit den entsprechenden Mitteln ausstatten. Und uns auch entscheiden, wo diese Mittel herkommen sollen.
Dagegen kann man natürlich leicht populistisch Stimmung machen, wie das vor allem SPÖ und Grüne ja in der Vergangenheit auch immer wieder gemacht haben. Aber das ist letztlich genauso verantwortungslos und gemeingefährlich wie aus populistischen Motiven heraus gegen die Corona-Impfung zu mobilisieren.
Sorry, ein Heer ist zum Kämpfen da
Gefahr zwei: wenn das Bundesheer nur noch als eine Art „Technisches Hilfswerk“, also eine Feuerwehr mit Sturmgewehren und Luftunterstützung angesehen wird, dann gerät dabei der Kern seines Auftrages und seiner Daseinsberechtigung in den Hintergrund, wenn nicht gar ganz verloren: die militärische Landesverteidigung, der Schutz unserer Grenzen und unserer Bevölkerung gegen eine militärische Aggression. Ein Heer, das sich als bessere Feuerwehr verkleidet, um akzeptiert zu werden, läuft Gefahr, eines Tages als bessere Feuerwehr zu enden.
Was ein grober Fehler wäre. Denn leider steigt die Kriegsgefahr in Europa wesentlich stärker an, als eine über weite Strecken infantilisierte, selbstverzwergte und geopolitisch ignorante Öffentlichkeit wahrnehmen will; dass sich etwa Russland noch weitere Teile der Ukraine krallen will, wenn es zu Schluss kommt, dafür keinen unangemessen hohen Preis bezahlen zu müssen, ist durchaus wahrscheinlich. Und, nur zur Erinnerung: das ukrainische Lemberg ist, Luftlinie, grad ein paar Kilometer weiter von Wien entfernt als Bregenz.
Andere europäische Staaten ziehen daraus Konsequenzen. Die Schweiz etwa hat drei Dutzend des hypermodernen Kampfflugzeugs F-35 geordert, Finnland gar 64 Stück – und hierzulande wird weiter herumgewurschtelt, wie die paar veralteten Eurofighter ersetzt werden sollen, wenn überhaupt.
Österreich braucht, will es nicht jeden Anspruch auf Ernsthaftigkeit verspielen, keine bewaffnete Feuerwehr, sondern eine bewaffnete Macht, die sich den Gefahren des 21.Jahrhunderts entgegensetzen kann – samt den dazu notwendigen finanziellen Mitteln. Alles andere ist Larifari.
Mit Christian Ortner (62) ist die kräftige Stimme des „Zentralorgans des Neoliberalismus“ (Ortners Online-Forum) beim eXXpress zu hören. Ortner lässt keinen kalt. So kompromisslos wie sein Einsatz für freie Märkte und freie Menschen ist auch seine Auseinandersetzung mit den „Sozialisten in allen Parteien“ (F.A.v.Hayek). Er verschont keinen. Ob es nun die EU und das Fiasko bei der Beschaffung der Corona-Impfstoffe, oder staatliche Eingriffe aller Art in die Wirtschaft sind. In der Vergangenheit war Ortner Wirtschaftsredakteur beim Nachrichtenmagazin profil, Chefredakteur der Wochenpresse, Herausgeber und Chefredakteur der WirtschaftsWoche Österreich und Herausgeber sowie Chefredakteur von Format.
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