
Christian Ortner: Trump macht Druck, und das ist gut so
Donald Trump hat in einer Woche geschafft, woran Europa seit einem Jahrzehnt scheitert: illegale Migranten auch gegen den Willen ihrer Herkunftsländer zurückzuschieben. Europas lahme Politiker werden dadurch ordentlich unter Druck geraten, endlich auch selbst in die Gänge zu kommen, hofft Exxpress-Kolumnist Christian Ortner.
Im Jahr 2030 soll, jedenfalls, wenn es nach den Plänen von Elon Musk geht, das erste seiner gewaltigen Starships Richtung Mars aufbrechen.
Auch Österreich wird dann einen gewaltigen Sprung nach vorne machen. Nach schlanken achtzehn Jahren Bauzeit und vier Milliarden Euro Kosten wird 2030 der Semmering-Tunnel in Betrieb genommen, was es den Railjets der ÖBB ermöglichen wird, die Strecke von Wien nach Graz erstmals mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von ganz und gar unglaublichen hundert Stundenkilometern zu bewältigen.
Aber wer glaubt, dieses doch eher gemächliche Tempo des hiesigen Fortschritts sei eine Art staatlich organisiertes Entschleunigungsprogramm gegen die hektischen Zeitläufte, ist nicht mit dem gegenwärtigen Tempo unserer deutschen Nachbarn vertraut.
Die dortige Bahn hat jüngst allen Ernstes angekündigt, einen bundesweiten Taktfahrplan einführen zu wollen – und zwar ab dem Jahr 2070, kein Tippfehler. Zu diesem Zeitpunkt werden die Amerikaner vermutlich auch einen Taktfahrplan haben – aber zwischen Erde und Mars.
Trump führt die Europäer vor
Wie sehr die Europäer im Vergleich zu den Amerikanern insgesamt an Tempo, Dynamik und Umsetzungsfreude verloren haben und nur noch als lahme Enten in der Landschaft herumlungern, war auch in der ersten Woche der neuen Trump-Präsidentschaft zu beobachten – und vielleicht auch ein wenig zu bewundern.
Innerhalb weniger Tage und mit durchaus brachialen Methoden ist Trump das gelungen, woran Europa seit einem Jahrzehnt mehr oder weniger scheitert: Illegale Migranten, die straffällig geworden sind, in ihre Heimat zurückzuschaffen, und zwar auch gegen den Willen des jeweiligen Herkunftslandes, diesfalls Kolumbien.
Dass Trump der Regierung in Bogota alle möglichen Schikanen bis hin zu einem Einreiseverbot für kolumbianische Beamte androhte, sollte sie ihre Landsleute nicht zurücknehmen, mag man als eher sehr unfreundlichen Akt verstehen – aber es hat gewirkt. Kolumbien nimmt nun alle zurück, die Amerika loswerden möchte.
Die EU und ihre Mitgliedsstaaten hätten ganz grundsätzlich die gleichen Möglichkeiten gegenüber den vielen Herkunftsstaaten irregulärer Migranten – sie scheuen aber reflexhaft davor zurück, diese auch tatsächlich umzusetzen. Die normative Kraft des Faktischen zu gebrauchen, um ihre nationalen Interessen durchzusetzen, wie Trump das gerade vorzeigt, ist nicht gerade ihr großes Talent.
Geht nicht, gilt nicht
Sollte es dem US-Präsidenten tatsächlich gelingen, mit seiner robusten Politik gegenüber den Herkunftsländern der irregulären Migration durchzusetzen, dass ausländische Straftäter in nennenswertem Umfang abgeschoben werden können, werden sich die Regierungen der EU-Staaten von ihren Wählern schon demnächst fragen lassen müssen, warum die Europäer nicht auch das schaffen, was Donald Trump gelingt.
Die Frage wird mit Recht gestellt werden. Denn seit vielen Jahren wird die absolut legitime Forderung, zumindest kriminelle Migranten dorthin zurückzuschieben, wo sie hergekommen sind, von den europäischen Verantwortlichen zurückgewiesen mit der Begründung, das gehe eben aus den verschiedensten Gründen nicht, seien es rechtliche, humanitäre oder eben auch die mangelnde Kooperation der Herkunftsländer. Oder, wie es in Österreich so schön heißt: „Das haben wir noch nie so gemacht, das haben wir schon immer so gemacht, da könnte ja jeder kommen, und überhaupt“.
Hass auf Trump ist Hass auf den Erfolg
Wenn jetzt aber jemand wie Donald Trump daherkommt und einfach macht, was zu tun ist, völlig unberührt von übertriebener Bedenkenträgerei, stehen die europäischen Prokrastinations-Politiker ganz schön dämlich in der Landschaft herum. Sie fühlen sich, nicht ohne Grund, von Trump vorgeführt, und das ist ja auch einer der Gründe, warum sie ihn so abgrundtief hassen.
Dass Europa so lahm und kraftlos dasteht im Vergleich zu Trump, hat mehrere Gründe; nicht alle sind besonders schmeichelhaft. Da ist zum einen die seit mindestens einem Jahrzehnt andauernde Dominanz „woker“ Politik – nicht nur bei Roten und Grünen, sondern bis tief ins bürgerliche Lager hinein. Schon allein die Vorstellung, so etwas wie ein „nationales Interesse“ auszusprechen, führt in diesem Milieu zu Angstattacken, geschweige denn es auch durchzusetzen.
Das ändert sich zwar gerade – das „woke“ Projekt dürfte demnächst mehr oder weniger abgewickelt werden, so wie in den USA oder auch Argentinien, aber noch leisten die Kräfte der Beharrung Widerstand, nicht zuletzt in den Medien.
Dazu kommt, dass sich Europa gerade in der Migrationsfrage über die Jahre in ein immer dichter werdendes Netz aus Gesetzen, aber vor allem auch einer Judikatur der Höchstgerichte verstrickt hat, die jede vernünftige Politik der großflächigen Abschiebungen de facto unmöglich macht.
Natürlich kann die Politik all das ändern, wenn sie will, denn in diesem Kontext folgt das Recht natürlich der Politik und nicht umgekehrt.
Doch das passiert nicht, vor allem deshalb, weil die wesentlichen Staatenlenker wie Emanuel Macron in Frankreich oder Olaf Scholz in Deutschland gelähmt und geschwächt sind bis zur politischen Bewegungsunfähigkeit.
Speed kills!
Diese Lähmung paralysiert Europa zum blödesten Zeitpunkt, den man sich vorstellen kann. Denn wir erleben gerade – ob uns das passt oder nicht – das Ende der alten, regelbasierten internationalen Ordnung, in der Völkerrecht, Verträge und bindende Abmachungen das Leben der Staaten miteinander organisieren. An die Stelle dieser Ordnung tritt der raue Kampf der Imperien USA, China und Russland um Macht, Einfluss und Territorien. Das Gesetz des Stärkeren verdrängt das Gesetz des Völkerrechts.
Dabei geht es nicht gerade zartbesaitet zu; die USA scheinen mit Trump dafür gut aufgestellt zu sein. Nicht zuletzt, weil er ganz offenbar eine ganz wichtige Regel in diesem Ringen beherrscht: „Speed kills“.
Europa hat grundsätzlich die Chance, diese völlig neuen Regeln zu akzeptieren, auch wenn sie so gar nicht nach unserem Geschmack sein mögen, und selbst zu einem robusten Imperium zu werden, das etwa illegale Migranten mit denselben handfesten Methoden loswird wie in diesen Tagen die USA unter Trump.
Gelingt das nicht, wird Europas schon heute spürbarer Abstieg in die Bedeutungslosigkeit, verbunden mit dem Verlust von Wohlstand und immer stärker eskalierenden Problemen mit der Migration, munter weitergehen. Noch haben wir die Wahl, aber nicht mehr lange.
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