Christian Ortner: Was geht den Staat an, wie ich wohne?
Um die Wohnungsnot zu bekämpfen, könnte der Staat früher oder später auf die Idee kommen zu entscheiden, wie viele Menschen in einer Wohnung leben müssen, fürchtet Exxpress-Kolumnist Christian Ortner nach Lektüre der Ideen eines deutschen »Wohnwende-Ökonomen«.
Dass in Salzburg die Mieten hoch und Wohnungseigentum extrem teuer sind, dürfte einer der Gründe dafür sein, dass die dortigen bisherigen Regierungsparteien vom Wähler kräftige Watschen kassieren durften.
Und deshalb hat dieser Tage auch ein Vortrag des deutschen »Wohnwende-Ökonomen« Daniel Fuhrhop in der Salzachstadt einiges Aufsehen erregt. Herr Fuhrhop ist Autor eines Buches mit dem interessanten Titel Verbietet das Bauen. Seine These: Der Wohnungsmangel soll nicht durch Neubauten bekämpft werden, sondern dadurch, dass Menschen, die allein oder zu zweit in großen Wohnungen leben, dazu motiviert werden, diesen Wohnraum mit anderen zu teilen. Neben einer Energie- und einer Klimawende bräuchte es nun auch eine »Wohnwende«, fordert Fuhrhop.
Rentner, gebt euren Wohnraum her
Also sollen demzufolge etwa Pensionisten, die allein in einer Riesenwohnung leben, diese mit Studenten teilen, die dafür einkaufen gehen, Gartenarbeiten oder Reparaturen erledigen. Allein in Salzburg, meint Fuhrhop, könnten so rund hundert junge Menschen pro Jahr zu einer günstigen Bleibe kommen.
In ganz Österreich bei konsequenter Umsetzung dieser Idee noch viel mehr, rechnet er vor. »Laut Statistik Austria leben in Österreich in 758.000 Haushalten Menschen alleine in Wohnungen oder Häusern mit drei oder mehr Zimmern. In 558.000 Haushalten leben zwei Personen in vier oder mehr Zimmern. Das heißt, diese Wohneinheiten sind so groß, dass da theoretisch ein bis zwei Personen mehr Platz hätten. In Summe wären das rechnerisch bis zu zwei Millionen Menschen, die so neuen Wohnraum finden könnten«, meinte er jüngst in den Salzburger Nachrichten. »Das werden manche nicht tun wollen oder nicht tun können, etwa weil sie schon recht alt sind. Aber es wäre schon ein großer Schritt, wenn nur jeder Zehnte die Möglichkeit bekommt, seinen überschüssigen Wohnraum anders zu nutzen.«
Kommunen des Sozialismus
Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden – solange das Ganze wirklich auf rein freiwilliger Basis geschieht.
Und trotzdem finde ich solche Überlegungen, die ja bestens zum aktuellen Zeitgeist von Retro-Sozialismus passen, gerade in Salzburg, einigermaßen problematisch. Denn sie relativieren natürlich das Recht jedes Menschen, so zu wohnen, wie es ihm oder ihr passt, die notwendigen Mittel dazu vorausgesetzt.
Wer vorrechnet, dass in vielen Wohnungen weniger Menschen leben, »als dort eigentlich Platz hätten« – wer legt das eigentlich fest? –, der unterstellt damit natürlich indirekt, dass es nicht in Ordnung ist, allein mehr Platz zum Wohnen zu haben, als nach Ansicht von irgendwem notwendig ist. Auch dann nicht, wenn man es sich leisten kann.
Und damit wird politisch die Grundlage dafür vorbereitet, dass irgendwann der Staat festlegt, wer in welcher Wohnung leben darf – und wer nicht.
Veganer Schweinsbraten
Ich halte das für mehr als problematisch. Denn wenn jemand Freude daran hat, in einer großen Wohnung allein zu wohnen und imstande ist, die dafür in aller Regel erheblichen Kosten zu tragen, dann geht das den Staat genau null an.
Wer meint, der Staat sei dazu berechtigt, Menschen die Größe ihrer Wohnung vorzuschreiben, der sollte sich bitte nicht wundern, wenn derselbe Staat – natürlich in bester Absicht – als nächstes die Zahl der pro Woche zulässigen Achterln Weißwein, der pro Jahr erlaubten Mallorca-Flüge oder der pro Monat gefahrenen Auto-Kilometer vorschreibt.
Das alles hat mit einem freiheitlich-liberalen Rechtsstaat ungefähr so viel zu tun wie ein Schweinsbraten mit veganem Ernährungsstil.
Leerstands-Schnüffler und Denunzianten-Prämie
Leider weht der Zeitgeist aber in genau diese problematische Richtung. Gefragt, wie man die Zahl der aus welchen Gründen auch immer leerstehenden Wohnungen verringern könne, meint Fuhrhop wörtlich: »In Deutschland gibt es Gesetze, die sagen, dass der Leerstand von Wohnungen eine Zweckentfremdung ist. Das ist verboten. (…) Die Stadt München ahndet das mit einem Bußgeld. Wenn man solche Verordnungen als Kommune erlässt und Personal dafür in der Verwaltung einstellt, kann man Erfolg haben: München hat zuletzt etwa im Jahr 450 zweckentfremdete Wohnungen wieder zurück in den Markt geholt, weil auch die Bußgelder immer höher wurden.«
Fehlt eigentlich nur noch, dass Leerstands-Schnüffler angestellt werden und die Stadt eine Denunzianten-Prämie ausschüttet an Bürger, die der Behörde eine nicht ordnungsgemäß vermietete Wohnung melden. Im nächsten Schritt kann man dieses Späh- und Spitzelsystem dann ja auch verwenden, um überzählige Kabinette aufzuspüren und den Eigentümern Bettgeher zuzuweisen.
Gab’s ja übrigens alles schon einmal und man weiß, wie so etwas auszugehen pflegt. Aber aus Schaden wird man ja bekanntlich nicht klug, sondern dumm.
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