Daniela Holzinger: Lebensmittel – Der Markt versagt. Die Politik auch
Der erste Lebensmittelgipfel blieb ergebnislos. Eh klar, ist ja nicht so dringend. Immerhin sollen weitere Gespräche folgen. Den absehbaren Minimalkompromiss als „großen Wurf“ abfeiern zu können, will man sich sicher nicht entgehen lassen. Für uns heißt’s bis dahin: Bitte warten (und zahlen!), meint eXXpress Kolumnistin Daniela Holzinger.
Die eigenen Anderen.
Je größer die Theorie, desto einfacher ist es darüber zu streiten. Kapitalismus vs. Sozialismus/ Kommunismus. Da muss man nicht viel wissen, es reicht schon „überzeugt“ zu sein, fest an das „einzig Wahre“, an das „Gute“ zu „glauben“, um „immer schon Recht gehabt zu haben“.
Das ist überhaupt sehr fein für Parteijünger. Spätestens mit dem Eintritt haben sie „immer schon Recht gehabt“ und die anderen auch. Also die anderen Eigenen. Nicht die anderen Anderen. Weil, die lagen ja immer schon falsch!
„Wenn doch nur alle endlich einsehen würden, dass …*(bitte irgendetwas mit Verzicht, Nachhaltigkeit, Klimakrise, Verteilung von Reichtum, Steuern… usw. einsetzen), dann würde sich das Tor zum Paradis für uns alle öffnen.“ Meinen die Einen.
Manche sogar, dass man Leute ruhig auch ein bisserl zu ihrem Glück zwingen dürfe und eine kleine (woke) Avantgarde voranschreiten müsse. Klar: Sonst wäre sie ja nicht Avantgarde, sondern nur „rote Laterne“.
Die Anderen dagegen reden vom Runtertröpfeln („trickle down“) und von der unsichtbaren Hand Gottes oder des Marktes – was bei denen ja irgendwie dasselbe ist – und zudem noch ziemlich praktisch: Wenn nämlich „jeder auf sich selbst schaut, dann ist auf alle geschaut“. Egoismus als Triebfeder des Gemeinwohls. Das muss einem erst einmal einfallen. Genial.
Fast so genial, wie das linke Pendant diktierten Glücks im Arbeiter- und Bauernstaate.
Oh, Kapitalismus du Gerechte!
Doch was heißt das jetzt? Gibt’s nur falsche Antworten? Wird seit Menschengedenken – also eigentlich nicht Menschengedenken, sondern seit Menschen ihre Gedanken niederschreiben – falsch gedacht?
Zumindest wird gerne extrem gedacht. Mittelwege „verkaufen“ sich halt nicht so gut. Da muss auch der Antikapitalist marktrational denken. Logo.
Dabei wäre es so einfach sich auf ein paar Dinge zu einigen. Beispielsweise, dass der Kapitalismus die Schlechteste aller Wirtschafts- und Gesellschaftsordnungen ist – ausgenommen alle anderen.
Einerseits weil er individuelle Leistungsanreize bringt, die kein 5-Jahres-Plan ersetzen kann. Nicht einmal wenn der dicke Kim höchstpersönlich auf den heiligen Berg reitet, um sich seine Weissagungen abzuholen.
Andererseits – und ich würde sagen noch wichtiger – weil uns die Marktwirtschaft Zahlen liefert, die es überhaupt erst erlauben über so etwas wie „Gerechtigkeit“ zu sprechen. Basis: 1 €.
Für mich ist beispielsweise völlig klar, dass es ungerecht ist, wenn eine Pflegekraft 1600 € bekommt, während Luxuspensionisten im staatsnahen-Bereich monatlich mehrere 10.000 € abstauben und mit der Sonne um die Wette lachen.
In „Regimetreue“ oder dem fehlerfreien Aufsagen von Marx-Zitaten kannst sowas nicht messen.
Deshalb ist uns ja auch klar, was wir tun sollten bzw. müssen, um für Gerechtigkeit zu sorgen.
Lebensmittel(-markt) an die Kandare?
Der Markt liefert Signale, bildet Preise und gerät aus den Fugen. Das ist so, weils nicht anders geht. Für alle die noch immer an die unsichtbare Hand glauben, empfehle ich zur Fortsetzung ihrer wirtschaftspolitischen Studien das gratis Online-Game „Fishy“. Turbokapitalismus in a Nutshell.
Kleine Fische haben kaum Überlebenschancen, dafür fressen die Großen alles und jeden – in beiden Fällen bleibt der Spaß auf der Strecke.
Oben und unten muss der Staat daher eingreifen, die Kleinen schützen, die Großen bremsen und dazwischen für faire Bedingungen sorgen.
Beim Lebensmittelgipfel ist man daran gerade wieder gescheitert. So wie zuvor schon bei den Mieten und allgemein bei der Inflationsbekämpfung.
Dabei sollte mittlerweile klar sein, was funktioniert und was nicht.
Steuern zu senken oder Preise mit Steuergeldern zu subventionieren (vgl. „Strompreisbremse“), hält diese künstlich hoch. Aus welcher Tasche wir sie letztlich zahlen bleibt dann auch fast egal.
Preise wiederum zu deckeln, verknappt das Angebot oder verteuert andernorts, wie uns Ungarn gerade vorführt. Trotz bzw. gerade wegen des Deckels auf Grundnahrungsmittel explodiert im Orban-Land die Lebensmittelinflation.
Was es also braucht, sind moderierende Marktteilnehmer, deren Unternehmensziel nicht in der Gewinnmaximierung, sondern im Kundennutzen liegt. So eine Art Einkaufsgenossenschaft, oder nennen wir sie besser „Konsumgenossenschaft“ – 2.0 versteht sich. Diesmal aber bitte ohne Parteibuch, dafür mit Sachverstand. Wer kümmert sich darum?
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