
Eva Schütz: NEOS als größter Umfaller der Nation
Sparsamkeit, Reformen, Parlamentshearings bei neuen Ministern – das ist nur eine kleine Auswahl an Forderungen, mit denen sich die NEOS seit ihrer Gründung vor etwas mehr als zehn Jahren positioniert haben. Doch jetzt, wo sie kurz davorstehen, endlich von der Oppositionsbank an den Regierungstisch zu wechseln, werfen sie all ihre Grundsätze über Bord. Die NEOS sind der größte Umfaller der Nation.
Das ging ja flott. Obwohl die Regierung noch nicht zu 100 Prozent unter Dach und Fach ist – rund 3.000 NEOS-Mitglieder müssen am Wochenende noch ihre Zustimmung geben – sind die Pinken bereits umgefallen. Und zwar ordentlich. Wo sind die lauten Stimmen der NEOS geblieben, die jahrelang gegen das System und insbesondere gegen Rot-Schwarz gepoltert haben? Steuerreform, Pensionsreform, Föderalismusreform, Bürokratiereform – wo sind diese zentralen pinken Reformforderungen plötzlich hin? Im 211 Seiten langen Koalitionsabkommen findet sich davon so gut wie nichts.
Stattdessen schlagen die NEOS auf einmal sanftere Töne an. Als hätten sie Kreide gegessen. Plötzlich ist von „Kompromissen“ die Rede, und es heißt, man müsse „jetzt das Richtige tun“. Bedeutet das also, dass all die von Meinl-Reisinger und Co. über Jahre lautstark geforderten Positionen plötzlich unwichtig geworden sind?
Offenbar ist die Gier nach Ämtern und Posten auch bei den NEOS größer als Grundsätze, Prinzipien und Haltung. Die stimmberechtigten Mitglieder sollten das Koalitionsabkommen sehr genau lesen und gut überlegen, ob sie diesem Papier ihre Zustimmung geben. Denn viel von den ursprünglichen NEOS-Inhalten werden sie darin nicht finden. Statt dringend notwendige Veränderungen bringen sie lediglich Stimmen für ein „Weiter wie bisher“ – und verabschieden sich damit von zahlreichen ihrer eigenen Positionen. Das ist kein Zeichen von Verlässlichkeit und ein Verrat an ihren eigenen Wählern, denen sie noch vor ein paar Monaten etwas ganz anderes versprochen haben.
Die NEOS können dieses Programm und ihren Regierungseintritt noch so sehr schönreden – es bleibt eine politische Selbstaufgabe. Eines sind sie jedenfalls jetzt schon: eine riesige Enttäuschung und der größte Umfaller der Nation.
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