
Eva Schütz: Neos – die neue Fettnapf-Partei
Sie positionierten sich als das moralische Gewissen im Parlament. Laut, fordernd, pink. Seit ihrer Parteigründung vor mehr als 10 Jahren inszenieren sich die NEOS als Stimme der Vernunft, als Vorkämpfer für Transparenz, als Hüter der Sparsamkeit und Mahner europäischer Verantwortung. Doch seit dem Sprung von der harten Oppositionsbank auf die sanft gepolsterten Regierungsstühle scheint der pinke Lack gehörig abzublättern.
Die NEOS haben es innerhalb weniger Wochen geschafft, sich selbst zu entzaubern und vor allem eines zu zeigen: Sie sind keineswegs besser oder anders als der Rest im politischen Spektrum.
Allen voran der neue Staatssekretär für Deregulierung Sepp Schellhorn liefert derzeit eine delikate Geschichte nach der anderen. Der einst als umtriebiger Gastronom mit liberalem Freiheitsdrang gefeiert und sich selbst als diesen inszeniert, sorgt nun für Schlagzeilen. Rund 1,6 Millionen Euro soll angeblich sein Büroteam für Koordinierung pro Jahr verschlingen. Er tauschte auch noch seinen Dienstwagen – einen Audi A6 – gegen einen größeren Audi A8. Ausgerechnet in einer Zeit, in der die Bevölkerung einen Milliardensparkurs mit Sozialkürzungen, Streichung von Förderungen und Budgetdisziplin schlucken muss.
Doch Schellhorn ist nicht das einzige Sorgenkind der Pinken. EU-Abgeordneter Helmut Brandstätter, früher ein scharfer Kritiker der Politelite, glänzt nun selbst – durch Abwesenheit. Laut einem aktuellen Onlinebericht zählt er zu den „faulsten“ österreichischen Abgeordneten im EU-Parlament, ein Drittel der Abstimmungen soll er 2025 „geschwänzt“ haben. Ein bitterer Beigeschmack für eine Partei, die sich in der Vergangenheit als Europapartei schlechthin inszenierte und andere regelmäßig wegen zu geringem EU-Engagement rügte.
Die NEOS sind eine Karikatur ihrer selbst
Und auch an der diplomatischen Front läuft es nicht rund: Parteichefin Beate Meinl-Reisinger, nun in der Rolle der Außenministerin, eckt bereits früh an. Ihre Aussagen zu Serbien sorgten prompt für diplomatische Verstimmung. Ein Fauxpas, der nicht nur außenpolitisch ungeschickt ist, sondern auch die Frage aufwirft, ob Meinl-Reisinger in ihrem neuen Amt angekommen ist oder sich noch immer als laute Oppositionsführerin sieht.
Aus den Vorzeigeliberalen mit Reformanspruch ist nicht mehr viel übrig. Die NEOS sind eine Karikatur ihrer selbst. Man mag ihnen die Unerfahrenheit in der Regierung verzeihen, aber die hohe Frequenz an Fettnäpfen, in die sie treten, verblüfft selbst erfahrene Politbeobachter. Besonders bitter: Die pinke Partei hatte sich jahrelang als moralische Speerspitze gegen Verschwendung, Machtarroganz und Politikversagen starkgemacht. Heute wirken vieler ihrer einstigen Prinzipien wie hohle Phrasen.
Entzauberung ist voll im Gange
Die NEOS sind angekommen – in der harten Realität des Regierungsalltages und ihre Entzauberung ist voll im Gange. Und mit jeder neuen Schlagzeile wird Sepp Schellhorn nicht zum Hoffnungsträger der so viel gewünschten Deregulierung unserer Wirtschaft, sondern zur Hypothek für die eigene Partei.
Das moralische Hoheitsgebiet, das die NEOS so lange beansprucht haben, gleitet ihnen aus den Händen. Die selbst gesetzten Maßstäbe erodieren. Auf die NEOS warten spannende Zeiten, denn neben dem stümperhaften Vorgehen von Schellhorn, Brandstätter, Meinl-Reisinger und Co gibt es mit Veit Dengler, Yannick Shetty und Niki Scherak auch noch vernünftige Köpfe bei den Pinken, denen offenbar die Bodenhaftung noch nicht entglitten ist und die mit ureigenen NEOS Themen weiter das liberale Profil der NEOS abbilden.
Übrig bleibt ein Trümmerhaufen aus Ansprüchen, die man selbst nicht mehr erfüllt – und wohl eine Wählerschaft, die sich mit jedem pinken Fettnapf enttäuscht abwendet.
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