Der Verlust der absoluten Mehrheit war absehbar – Landeshauptmann Doskozil wird ihn jedoch verkraften. In Prozent gerechnet bleibt er der weitaus stärkste Landeshauptmann in ganz Österreich. Mit über 46 Prozent der Stimmen konnte er fast jeden zweiten Wähler im Burgenland überzeugen. Wer schafft so etwas noch in Zeiten wie diesen? Die bisherige Nummer zwei, die Volkspartei, findet auch unter dem neuen Bundesparteichef Christian Stocker nicht auf die Erfolgsspur zurück. Sie reiht sich mit einem Minus von acht Prozentpunkten nahtlos in die Nehammer’sche Niederlagenserie der vergangenen Jahre ein.

Die FPÖ, angeführt von Spitzenkandidat Norbert Hofer, konnte sich mehr als verdoppeln und erzielte das historisch beste Ergebnis der Freiheitlichen im Burgenland. Dennoch blieb das Ziel, einen roten Landeshauptmann zu verhindern, außer Reichweite – nicht zuletzt aufgrund einer weiterhin schwachen ÖVP. Es ist allerdings denkbar, dass die FPÖ in Eisenstadt als Juniorpartner in die Landesregierung einzieht. Möglich ist das, weil Doskozil die „Brandmauer“ der SPÖ gegen die FPÖ nicht allzu genau nimmt.

Und genau das ist der entscheidende Punkt. Doskozil wird sich von der Bundes-SPÖ nichts vorschreiben lassen und selbstbewusst eigene Entscheidungen treffen. Nach dem Wahlsonntag ist wieder mit stärkeren Konflikten innerhalb der SPÖ zu rechnen. Seit der Excel-Panne am Bundesparteitag 2023 hielt sich Doskozil mit Angriffen auf die Bundes-SPÖ weitgehend zurück. Doch das könnte sich nun ändern. Der Burgenländer hat – im Gegensatz zu Andreas Babler und vielen anderen SPÖ-Landesorganisationen – bei seiner Wahl geliefert. Die moderaten Verluste sind für ihn verkraftbar. Doskozil sitzt wie kein anderer SPÖ-Spitzenfunktionär fest im Sattel. Das gibt ihm die Stärke, in der Bundes-SPÖ erneut mit- und aufzumischen.

Ludwig muss nun nachziehen

Seine Liste offener Rechnungen ist lang, und der Schmerz über den Rückschlag vom Bundesparteitag 2023 sitzt tief, als er nach 48 Stunden als SPÖ-Bundesvorsitzender wieder nach Eisenstadt zurückkehren musste und Babler ihn vom SPÖ-Thron stieß.

Für Babler wird die Lage unangenehmer, und der Druck auf ihn nimmt weiter zu. Nach den verkorksten Koalitionsverhandlungen droht den Sozialdemokraten für weitere fünf Jahre die Oppositionsbank. Auch die vorgezogene Wien-Wahl wird für den SPÖ-Chef eine ungemütliche Angelegenheit werden. Der bislang erfolglose Babler wird regelmäßig aus Eisenstadt das Fett abbekommen. Doskozil kann sich zurücklehnen und nach Belieben den Genossen in Wien ausrichten, was er von der aktuellen Performance der Bundes-SPÖ hält. Die Zeiten werden wieder rauer in der SPÖ und auch für Wiens wahlkämpfenden Michael Ludwig steht einiges auf dem Spiel. Doskozil hat am Sonntag vorgelegt, Ludwig muss nun nachziehen und einen ähnlich herzeigbaren Erfolg für die Wiener SPÖ heimbringen. Schafft er das nicht, ist „Dosko“ der neue Starke in der SPÖ.