Es ziemt sich eigentlich nicht, den Veranstalter zu kritisieren, aber leider dient dieser als das beste Beispiel dafür, dass Cancel Culture eindeutig eine linke Strategie ist. Und ich sage das übrigens durchaus mit Bewunderung. Die Linke hat seit Antonio Gramsci immer besser verstanden, dass Politik flussabwärts der Kultur liegt. Es ist im Bereich der Kultur, wo bestimmt wird, was gesagt werden darf und was nicht gesagt werden darf, und die Narrative geformt werden und das gesellschaftlich Akzeptable formuliert wird. Und dieser Regel entkommen nicht einmal die Organisatoren dieser Veranstaltung. Hätte man wirklich Mutgehabt und würde sich nicht selbst vor der linken Cancel Culture fürchten, hätte man wahrscheinlich nicht die ehemaligen Mitglieder einer linken Terrororganisation eingeladen, sondern beispielsweise Martin Sellner oder einen Vertreter der Identitären. Aber so weitreichte der Mut dann doch nicht. Stattdessen übt man sich im gespielten Mut. Wer ehemalige Mitglieder der Roten Armee Fraktion oder der Bewegung 2. Juni einlädt, muss schlimmstenfalls vor allem kritische Artikel im Express von meinem Kollegen Bernhard Heinzlmeier oder eines kurzen Artikels von Robert Willacker, der letztes Jahr hier sprechen durfte, in einem obskuren rechten Medium fürchten. Doch die Gefahr, gecancelt zu werden, besteht schlicht und ergreifend nicht. Ich kann mich von Steuergeldern finanziert mit ehemaligen Terroristen an einen Tisch setzen und über die Zukunft philosophieren, ohne um meinen Job oder mein Einkommen besorgt sein zu müssen. Würde ich mit Martin Sellner ein Bier trinken gehen und ein Foto davon an die Öffentlichkeit gelangen, wäre unser privates und berufliches Leben vorbei. Und wir sprechen hier nicht nur von Spekulationen; aufgrund des Persönlichkeitsschutzes kann ich keine Namen nennen, aber es gibt unzählige Beispiele von Personen, die ihren Job verloren haben, weil sie beispielsweise bei einer Podiumsveranstaltung gemeinsam mit Martin Sellner gesehen wurden.

Patriotismus unter Verdacht: Wenn linke Moral den Diskurs diktiert

Im politischen Diskurs des Jahres 2025 spielen die Ideen der Identitären, der Rechten, Populisten und der Trumpisten eine wesentlich größere Rolle als die Nostalgie ehemaliger Terror-Sympathisanten, die sowohl in ihrer aktiven Zeit als auch in ihrer inaktiven Zeit kontinuierlich auf der falschen Seite der Geschichte standen. Fragen Sie einen 16- bis 30-Jährigen, ob diese einen der hier Anwesenden, ehemaligen RAF-Aktivisten kennen. Und dann fragen Sie, wie viele von ihnen die Bewegung der Identitären kennen. Man muss die Ansichten dieser Bewegung nicht teilen, man kann sich auch vehement ablehnen, aber man sollte sich mit ihnen auseinandersetzen, doch das ist aufgrund einer linken Cancel Culture leider nicht möglich. Jeder, wer sich auch nur des Verdachtes aussetzt, weltanschaulich in irgendeinem Naheverhältnis zu stehen, muss damit rechnen, ins Visier der linken Inquisition zu geraten. Das Medium, für welches ich arbeite, ist wahrscheinlich das pro-israelische und pro-jüdische Organ in der österreichischen Medienlandschaft. Wir sind jedoch auch dezidiert patriotisch und der Meinung, dass sich der Staat vor allen anderen um die eigene Bevölkerung zu kümmern hat. Letzteres reicht schon aus, um unter Faschismusverdacht gestellt zu werden, und grüne Abgeordnete fühlen sich motiviert, jegliche finanzielle Unterstützung für den Express einzustellen. Diese Sorge muss sich beispielsweise der ehemalige Präsident der Republik, Heinz Fischer, nicht machen: dieser kann ungestraft den Juden vorhalten, selbst am Antisemitismus schuld zu sein. Gleiches gilt für die Berichterstattung im ORF, wo gerne von vermeintlichen israelischen Kriegsverbrechen berichtet wird, aber sollte die Hamas das Feuer auf die eigene Bevölkerung eröffnen, wird das nicht erwähnt.

Wenn ich hier stehen würde und Beiträge von Personen teile, die der Meinung sind, dass Juden das Blut von christlichen Kindern für obskure Rituale benutzen, würden Sie ihren Kindern erlauben, eine Vorlesung von mir zu besuchen?

Wahrscheinlich nicht. Der linke Ökonom Stephan Schulmeister hingegen kann selbst die widerwärtigsten Antisemiten und deren Thesen auf sozialen Medien verbreiten, aber sein Lektorat an der Uni Wien bleibt davon unberührt. Als Kritiker des „Neoliberalismus“ wird Schulmeister insbesondere im wirtschaftspolitisch linken Spektrum geschätzt und muss sich daher vor keiner Cancel Culture fürchten. Günter Grass und Judith Butler können ungestraft ihrem Israelhass und Antisemitismus frönen und wurden dafür mit Lehrstühlen an amerikanischen Eliteuniversitäten oder Nobelpreisen bedacht.

Wer darf reisen, wer darf reden und wer nicht?

Gleichzeitig muss das israelische Fußballnationalteam seine Auslandsspiele in Europa im ostungarischen Debrecen absolvieren, weil in den Städten Westeuropas die Sicherheit der Spieler nicht gewährleistet werden kann. In anderen Worten: aufgrund einer von links vorangetriebenen Migrationspolitik werden jüdische Sportler in Europa gecancelt. Es wird aber noch schlimmer: denjenigen, denen dieser Missstand auffällt, wird zunehmend die Möglichkeit genommen, über diese Dinge zu diskutieren. Vor ein paar Wochen fand in Italien ein sogenannter Remigrationsgipfel statt. Man kann von dem Begriff der Remigration halten, was man möchte, aber wenn Vertreter des Linksterrorismus an Konferenzen in Wien teilnehmen dürfen, wann dürfen wir auch Verfechter der Idee der Remigration eine Konferenz in Italien abhalten? Der deutsche Staat hatte leider andere Pläne, und das erste Mal seit dem Fall der Berliner Mauer wurde Deutschen die Ausreise aus dem eigenen Land verboten. Die Begründung war, dass die Teilnahme von deutschen Staatsbürgern an dieser Konferenz dem Ansehen Deutschlands schaden könnte. Wer sämtlichen Deutschen die Ausreise verbinden möchte, welche dem Ansehen des Landes schaden könnten, müsste sämtliche Flüge und Reisemöglichkeiten nach Spanien, insbesondere Mallorca und an die Adria verbieten werden. Gleichzeitig müssten auch die ehemalige Außenministerin Annalena Baerbock und der ehemalige Wirtschaftsminister Robert Habeck mit einem lebenslangen Ausreiseverbot belegt werden. Helene Fischer und Florian Silbereisen sind Grenzfälle, welche noch genau analysiert werden müssen.

Wahrheit unter Verdacht

Die linke Cancel Culture hat sich mittlerweile so weit entwickelt, dass man auch nicht mehr davor zurückschreckt, die Wahrheit selbst zu canceln. Wer sich die Medienberichterstattung zu Joe Bidens Präsidentschaft der letzten 4 Jahre genau ansieht, wird erkennen, dass, trotz besseren Wissens, die größtenteils links geprägte Journalisten-Klasse es bevorzugte, einen an Demenz und Krebs erkrankten Mann als topfit und im Vollbesitz seiner körperlichen und geistigen Kräfte zu präsentieren, statt zuzugeben, was die Realität ist, was alle wie funktionierende Augen und dann funktionierende Köpfe hatten sehen können. Stattdessen hat man jedoch beschlossen, die Wirklichkeit zu canceln, da die Alternative eine Präsidentschaft von Donald Trump hätte sein können. Nicht überraschend kam es dann trotzdem anders alsgewünscht: Wie schon Abraham Lincoln sagte: “You can fool some of the people all of the time, all of the people some of the time, but not all of the people all of the time.” Ein ähnliches Phänomen beobachten wir in Bezug auf die Frage der Demographie: Der demographische Wandel, der sich weltweit, aber insbesondere in Europa vor unseren Augen abspielt, ist ein Phänomen historischen Ausmaßes. Noch nie in der Geschichte der Menschheit haben ganze Völker beschlossen, sich selbst abzuschaffen und fallende Geburtenquoten durch Massenmigration aus kulturfremden Ländern zu kompensieren. Man kann es gut finden, man kann dich schlecht finden, aber man sollte nicht so tun, als würde es nicht stattfinden. Der kulturelle Wandel, der aufgrund der Migration stattfindet, wird gerne ignoriert, geleugnet oder kleingeredet.

Warum junge Menschen nach rechts rücken und die Linke panisch reagiert

Es wird der Rechten ja gerne vorgeworfen, sie seien Klimaleugner; darauf kann ich nur erwidern, dass es links der Mitte die sogenannten Demographie-Leugner gibt. Unsere Länder verändern sich rapide, aber es findet kaum eine Konversation darüber statt, wie man mit diesem Problem umgehen soll und was es vor allem für die nächste Generation bedeutet. Es ist eine kleine Überraschung, dass besonders unter den Jungen, den unter 30-Jährigen eine neue rechte Ideologie immer populärer wird. Man kann sich so wie in den Seiten des Falters gerne über die Jugendministerin Claudia Plakolm und ihre Affinität zur Tracht ja lustig machen, aber dabei sieht man, dass Umfrage nach Umfrage zeigt, dass mehr und mehr junge Menschen einen traditionellen Lebensstil vermehrt zu schätzen begonnen haben. Die Linke ist sich dieses Wandels durchaus bewusst, weshalb die Kanzel koscher auch dementsprechend zunimmt. Man kann es so machen wie in Deutschland, wo der AfD-Vorsitz in Ausschüssen verweigert werden, wo die Räumlichkeiten für die Partei so klein sind, dass diese nicht im Feuerschutz entsprechen, und wo dieselbe Finanzierung, die andere Parteien bekommen, dieser verwehrt wird. Ähnliches wird natürlich auch in Österreich versucht; die Cancel Culture wird hier zur politischen Strategie. In Wirklichkeit ist dies ist dies jedoch ein Ausdruck von Verzweiflung. Der Wind dreht sich, das Pendel kommt mit voller Wucht zurück und wird – das gebe ich zu – nicht in der Mitte stehen bleiben. Es wird in den nächsten Jahren durchaus auch Fälle einer sogenannten rechten Cancel Culture geben, und ich werde dann der Erste sein, der wieder gerne hier auftritt und diese an den Pranger zu stellen. Momentan besteht diese Gefahr jedoch nicht, und wie wir in den letzten Jahren gesehen haben, ist die Wahrscheinlichkeit, von rechts gecancelt zu werden, verschwindend gering. Im Gegenteil, es überrascht immer wieder, wie hoch die Toleranzschwelle gegenüber denen ist, die auf der ideologisch vermeintlich richtigen Seite stehen. Ja, und damit komme ich zu dem Thema, welches bereits eingangs erwähnt habe, zurück: offen den Ausschluss der jüdischen Bevölkerung von Sportereignissen, Kulturveranstaltungen und Universitäten fordert, kann dies tun kann, dies tun solange es unter dem Deckmantel der linken Ideologie stattfindet.

Ende Juni 1976 zwangen zwei deutsche Terroristen ein Air-France-Airbus dazu, in Uganda zu landen. Ihr Ziel war es, Israel zu erpressen, indem sie 53 inhaftierte Sympathisanten freipressen wollten. Diese sollten sowohl in israelischen als auch in deutschen, französischen und Schweizer Gefängnissen sitzen, darunter neben Palästinensern auch Mitglieder der Roten Armee Fraktion sowie Fritz Teufel von der Bewegung 2. Juni. Am 30. Juni kam das Unvorstellbare: Winfried Böse und Brigitte Kuhl selektierten im Flughafengebäude von Entebbe die israelischen Geiseln anhand ihrer Reisepässe. War das eine Unterscheidung zwischen Juden und Nichtjuden? Jedenfalls wurde bei den Gefangenen der Eindruck erweckt: Ein Holocaust-Überlebender zeigte Böse wütend seine in den Arm tätowierte Häftlingsnummer. Böse, der linksextremistische Terrorist, antwortete, er sei „Freiheitskämpfer“ geworden, weil in der Bundesrepublik Nazi-ähnliche Strukturen herrschen. Sein Ziel sei es, den unterdrückten Palästinensern zu helfen – und dessen Feind sei eben Israel.

Winfried Böse und Brigitte Kuhl wurden bei der Befreiung der Geiseln erschossen, sonst hätten wir sie wahrscheinlich auch im Rahmen dieser Veranstaltung begrüßen dürfen. Die Cancel Culture ist ein linkes Phänomen, und daran ändert auch die gelegentliche Ausnahme von rechts nichts.