Die weitreichenden Wirtschaftssanktionen haben in Russland am Sonntag zu einem Ansturm auf Bankautomaten geführt. Unzählige Menschen versuchen, ihr Geld abzuheben. Es bilden sich meterlange Menschenschlangen.

Russische Nationalbank versucht zu beruhigen

Bereits am Freitag sah sich die russische Zentralbank gezwungen, die Geldmenge, die sie an Geldautomaten ausgibt, zu erhöhen, nachdem die Nachfrage nach Bargeld den höchsten Stand seit März 2020 erreicht hatte.

Gleichzeitig ruft die russische Zentralbank die Menschen zur Ruhe auf. Sie erklärte, sie verfüge über die notwendigen Ressourcen und Instrumente, um die Finanzstabilität zu erhalten und die operative Kontinuität des Finanzsektors zu gewährleisten.

Zentralbank kann ihre Vermögenswerte nicht mehr verkaufen

Die EU, die USA, das Vereinigte Königreich und Kanada haben Wirtschaftssanktionen von enormer Tragweite beschlossen. Sie werden nicht nur einige russische Banken aus dem Swift-Zahlungssystem ausschließen, sondern auch die Vermögenswerte der russischen Zentralbank einfrieren.

Die russische Zentralbank verfügt über Reserven in Höhe von rund 566 Milliarden Euro. Mit den Sanktionen soll sie daran gehindert werden, Vermögenswerte ins Ausland zu verkaufen, um ihre eigenen Banken und Unternehmen zu stützen. Die Präsidentin der EU-Kommission Ursula von der Leyen unterstrich: “Die Europäische Union und ihre Partner arbeiten daran, Putins Fähigkeit, seine Kriegsmaschinerie zu finanzieren, zu lähmen.”

Ökonomen rechnen mit weitreichenden Folgen dieser Maßnahmen für die russische Wirtschaft. Gabriel Felbermayr vom Wifo-Institut unterstreicht: “Diese Sanktionen werden Russland massiv schaden. Sie könnten eine dramatische Finanzkrise auslösen.”

Bank-Run könnte sich ab Montag verschlimmern

Marktanalysten gehen nun davon aus, dass der Rubel am Montag an Wert verlieren wird und die Russen ihr Geld eilig von den Banken abheben werden. “Diese neuen Sanktionen werden der russischen Wirtschaft und dem russischen Bankensystem wahrscheinlich ernsthaften Schaden zufügen”, sagt Clay Lowery, Executive Vice President des Institute of International Finance. “Dies wird höchstwahrscheinlich den laufenden Bank-Run verschlimmern und zu einem starken Ausverkauf und einem Abfluss der Reserven führen.”

Die Bank von Russland sieht das anders: “Das russische Bankensystem ist stabil und verfügt über ausreichend Kapital und Liquidität, um in jeder Situation reibungslos zu funktionieren. Alle Kundengelder auf den Konten sind gesichert und jederzeit verfügbar”. Sie erklärte auch, dass sie ihr eigenes Netzwerk, das System für den Transfer von Finanznachrichten (STFS), für Zahlungen innerhalb Russlands nutzen werde.

"Investoren werden massenhaft das Schiff verlassen"

Karl Schamotta, Chefmarktstratege bei der Finanzberatungsfirma Corpay, meinte: “Angesichts der neu angekündigten Sanktionen, die die russische Wirtschaft lähmen und die Attraktivität von allem, was auf Moskau zurückgeführt werden kann, verringern werden, werden die Investoren massenhaft das Schiff verlassen. Und da die Zentralbank bei ihren Devisenmarktinterventionen mit erheblichen Beschränkungen rechnen muss, wird der Rubel nur schwer einen Boden finden. Niemand will ein fallendes Messer fangen”.

Die Kunden der sanktionierten Banken werden ihre Bankkarten außerhalb Russlands nicht mehr benutzen können, wie auch Russlands Zentralbank bestätigte. Sie sagte, es werde “unmöglich” sein, Karten, die von sanktionierten Banken ausgegeben wurden, für Google Pay oder Apple Pay zu verwenden.