Die Zahl der illegalen Migranten ist im Vorjahr bis Ende November auf 308.000 angestiegen – ein Plus von 68 Prozent gegenüber demselben Zeitraum des Vorjahres. Was noch ins Auge sticht: Zugleich gibt es viel zu wenige Rückführungen illegaler Migranten in ihre Heimatländer. Laut vorläufigen Zahlen wurde im Jahr 2022 mit nur 23,3 Prozent weniger als jeder vierte ausreisepflichtige Asylbewerber wieder abgeschoben (2021: 24 Prozent).

Die EU will jetzt aber offenbar gegensteuern: Der Fokus soll in diesem Jahr stärker als in den Vorjahren auf Abschiebungen von Migranten liegen, die keinen Asylanspruch haben. Dazu will die EU-Kommission die Zusammenarbeit mit Transit- und Herkunftsstaaten weiter verbessern. „Ich erwarte, dass wir bis Ende 2023 mit Blick auf die Rückführungen das Ruder herumgerissen haben werden. Das hängt natürlich von den Mitgliedstaaten ab, genauso wie von der EU. Wir müssen politische Entschlossenheit mit den Verwaltungskapazitäten zusammenfügen“, sagte die zuständige EU-Kommissarin Ylva Johansson gegenüber der deutschen Zeitung „Welt“.

Ungarische Grenzpolizisten bewachen die Grenze zu SerbienQuelle: Picture Alliance

In vielen EU-Ländern fehlt der politische Wille für Abschiebungen

Die EU-Kommission will Rückführungen mit der Ernennung einer Sonderbeauftragten, der Belgierin Mari Juritsch, mehr Gewicht geben. Diese soll mit den Mitgliedstaaten in dieser Frage intensiv zusammenarbeiten. Außerdem soll die Grenzschutzagentur Frontex „ihre Unterstützung für Rückführungsoperationen wesentlich verstärken“.

Dass es bei den Rückführungen von illegalen Migranten aus der EU bisher gehapert hat, liegt nicht zuletzt daran, dass die EU-Länder dabei unterschiedlich aktiv sind. Der Grund: In Ländern mit niedrigen Werten wie Tschechien, Italien oder Frankreich, fehlt offenbar der politische Wille, illegale Migranten auch tatkräftig abzuschieben. Hinzu kommt, dass Abschiebungen für Gerichte und Polizei häufig sehr aufwendig sind. In den meisten Mitgliedstaaten sind die Justizbehörden stark überlastet, was auch immer wieder zu Verzögerungen bei Abschiebungen führt.

Ein polnischer Grenzsoldat bewacht die Grenze zu Weißrussland.Quelle: Attila Husejnow/SOPA Images via

Herkunftsstaaten sind wenig bereit, Flüchtlinge wiederaufzunehmen

Ein weiterer Grund für die niedrige Rückführungsquoten ist schließlich auch die mangelnde Bereitschaft von Herkunftsstaaten oder Transitländern, illegale Migranten wieder zurückzunehmen. Bisher hat die EU-Kommission mit 18 Drittstaaten verbindliche und mit sechs Ländern rechtlich unverbindliche Rückführungsabkommen ausgehandelt. Das ist zu wenig, es fehlen darunter auch wichtige Länder wie Tunesien, Marokko oder Ägypten, die sich strikt weigern, die Flüchtlinge wieder aufzunehmen.

Illegale Migranten nach ihrer Festnahme in UngarnQuelle: Híradó.hu

Trotz 80.000 neuer Migranten bringt Österreich Forderungen nicht durch

Keine Chance gibt es in Brüssel zurzeit für zentrale Forderungen aus Wien. Österreich ist mit rund 80.000 neu registrierten Migranten besonders hart betroffen. Österreichs Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) hatte gefordert, dass die EU ermöglichen soll, Asylanträge bereits in sicheren Herkunftsstaaten stellen zu können. Außerdem will Karner eine sogenannte Zurückweisungsrichtlinie auf den Weg bringen, um illegale Migranten an den EU-Außengrenzen umgehend wieder abschieben zu können. Das Problem ist dabei nur, dass die betroffenen Drittländer die Geflüchteten häufig nicht zurücknehmen wollen.