Die von Wolodymyr Selenskyj noch im Februar zur Festung erklärte Frontstadt Bakhmut gefallen, Armee-Chef Walerij Saluschnyj (49) verschwunden, keine Anzeichen für den Beginn der seit Wochen angekündigten großen Gegenoffensive – die Lage für die ukrainischen Streitkräfte hat sich trotz massiver Unterstützung westeuropäischer Saaten und der USA nicht wirklich optimal entwickelt.

Nun meinte auch der bekannte österreichische Militärexperte Oberst Markus Reisner, dass die ukrainische Armeeführung vermutlich einen schweren Fehler gemacht hat: Sie hätte sich von den emotionalen Videobotschaften von Jewgeni Prigoschin (61), dem Boss der russischen Söldner-Truppe Wagner, täuschen lassen.

Wiederholt attackierte Putins Catering-Unternehmer und Söldner-Chef den Kreml, dass ihm zu wenig Artilleriemunition geliefert werde, dass Bakhmut so nicht zu halten sei (der eXXpress berichtete). Das dürfte das ukrainische Armeekommando dazu verleitet haben, an den Flanken der Frontstadt Bakhmut starke Kräfte zum Angriff antreten zu lassen, was zu großen Verlusten an Menschen und Waffensystemen geführt haben soll – und die Gesamtsituation dann schließlich einen Rückzug aus Bakhmut bis auf die letzten Häuserruinen im Westteil der Stadt unvermeidbar machte.

Militärexperte und Garde-Kommandant Oberst Markus Reisner kommentierte die Situation in der Ukraine bereits auch im exxpressTV-Studio.

Warnung: Prigoschins Söldner könnten in Zukunft auch Migrationsbewegungen beeinflussen

Oberst Markus Reisner, der auch die Garde kommandiert, sagt dazu jetzt im Interview mit n-tv: “Es gibt im Russischen einen Begriff, der heißt “Maskirovka“ (маскировка), das bedeutet die Täuschung des anderen. Es drängt sich der Verdacht auf, dass Prigoschin versucht, durch Falschinformationen die Ukraine zu beeinflussen. Der Informationsraum ist eine eigene Domäne der Kriegsführung. Man versucht, beim Gegner den Eindruck zu erwecken, dass man selbst geschwächt sei, um so das Momentum zu nutzen. Diese Taktik konnte man in den vergangenen Wochen öfter beobachten.”

Und der bereits europaweit geschätzte Militärexperte des Bundesheeres warnt auch: “Wir sind sehr auf die Ukraine fokussiert, aber Wagner ist auch in anderen Orten aktiv, vor allem in Afrika. Prigoschin hat angedeutet, dass er sich wieder verstärkt auf diese internationale Rolle fokussieren will. Das heißt, dass Wagner künftig eine globale Herausforderung für Europa darstellen wird. Wenn die Gruppe es schafft, gewisse Länder auf ihre Seite zu ziehen, dann hat das möglicherweise Folgen für Europa. Wenn Wagner – offensichtlich im Auftrag Russlands – versucht, in der Sahelzone massiv Fuß zu fassen, dann hat das möglicherweise einen Einfluss auf Migrationsentwicklungen, die in Europa von großem Interesse sein müssten.”

Jewgeni Prigoschin (61), der Chef der Söldner-Gruppe Wagner - und er ist auch der Catering-Unternehmer, der den Kreml beliefert.