Ludwig versicherte heute vor der Untersuchungskommission im Zeugenstand, dass die Kreditvergaben “alternativlos” gewesen seien. Das gelte auch für das Vorgehen mittels Notkompetenz, beteuerte er. Diese sei durch die Dringlichkeit geboten gewesen. Die U-Kommission, bestehend aus Abgeordneten der FPÖ, ÖVP und Grünen,  beschäftigt sich seit Dezember mit den Vorfällen vom vergangenen Sommer.

Der Energieversorger musste damals für den Börsenhandel mit Strom und Gas infolge der Preissprünge hohe Sicherheitsleistungen hinterlegen und konnte diese nicht mehr aus eigener Kraft aufbringen. Ludwig hat deshalb ab Juli per Notkompetenz insgesamt 1,4 Milliarden Euro bereitgestellt. Der Liquiditätsengpass und die Notkredite des Bürgermeisters wurden Ende August publik, als zu befürchten war, dass dieser Betrag knapp werden könnte. In der Folge gewährte der Bund über die Bundesfinanzierungsagentur (OeBFA) weitere 2 Milliarden Euro Kreditrahmen. Die Darlehen wurden letztlich zurückgezahlt oder nicht benötigt.

Bei Befragung zog Ludwig sein Sakko aus

Der Auftritt Ludwigs war mit Spannung erwartet worden. Entsprechend groß war auch das Medieninteresse.  Dem Bürgermeister schien bei der Befragung heißt zu werden: Deshalb ersuchte er, angesichts der Temperaturen im Raum sein Sakko ausziehen zu dürfen. Er versicherte zu Beginn bereits, “voll umfassend” Auskunft erteilen zu wollen.

Über die angespannte Situation an den Energiemärkten nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine sei er durch Medienberichte informiert gewesen. Konkretere Gespräche über mögliche Liquiditätsprobleme bei der Wien Energie habe er dann am 8. und am 12. Juli mit Magistratsdirektor Dietmar Griebler und mit Stadtrat Hanke geführt. Die Unterredung mit Griebler habe am Rande einer Veranstaltung stattgefunden. Es habe sich um einen “allgemeinen Hinweis” gehandelt.

Hanke habe dann schon erläutert, dass die Möglichkeit bestünde, dass die Pipeline Nord Stream 1 kein Gas mehr liefere, berichtete der Bürgermeister. Über die Höhe einer etwaigen Unterstützung oder deren Dringlichkeit sei aber noch nicht gesprochen worden. Das kam wenig später: Am 15. Juli wurde Ludwig ersucht, das betreffende Geschäftsstück über den Rahmenkredit zu unterzeichnen. Dabei sei seine persönliche Anwesenheit im Büro nötig gewesen, schilderte der Bürgermeister die Situation. Es sei ihm an jenem Tag dargelegt worden, dass extreme Preisentwicklungen zu befürchten waren.

“Es war somit geboten, per Notkompetenz eine Entscheidung über die Kreditgewährung in der kürzest möglichen Zeit herbeizuführen”, beteuerte der Stadtchef. Auch die Einberufung einer außerordentlichen Sitzung des Stadtsenats habe man nicht abwarten können, sagte Ludwig. Konkret informiert über das Geschäftsstück wurde der Bürgermeister von seinem Präsidialchef. “Ich habe ihn gefragt, ob die Plausibilität gegeben ist und der Ablauf ordnungsgemäß erfolgt ist.” Nachdem dies bejaht wurde, habe er den Akt gelesen – und unterzeichnet.

Zahlungen innerhalb einer halben Stunde beschlossen

“Es hat einen sehr geringen Zeitverlust in meinem Büro gegeben”, hielt Ludwig fest. Das Geschäftsstück sei innerhalb einer halben Stunde besprochen und auf den Weg gebracht worden. Der Akt wurde laut Ludwig zuvor von fünf Stellen geprüft, nämlich den zuständigen Magistratsabteilungen für Finanzwesen sowie Rechnungs- und Abgabewesen und der Geschäftsgruppe Finanzen, der Magistratsdirektion und dem Magistratsdirektor.

“Für mich war alles umfassend, transparent und schlüssig dargestellt”, sagte Ludwig. Auch die 700 Millionen Euro – also die Höhe der ersten Tranche – waren laut dem Zeugen aus dem Geschäftsstück ersichtlich. Es sei wichtig gewesen, eine sichere Energieversorgung zu gewährleisten, betonte der Bürgermeister. Auf nationaler Ebene, so beklagte er, gebe es immer noch keinen Schutzschirm.

Ob er überrascht gewesen sei, als man ihm den Akt vorgelegt habe, wollte der Vorsitzender der Kommission, Martin Pühringer, wissen. Der Bürgermeister versicherte: “Nachdem ich so lange politisch tätig bin, gibts nicht viele Dinge, die mich überraschen können.”

Ludwig hat laut eigenen Angaben auch den Koalitionspartner, also Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (NEOS), nach der Unterzeichnung informiert. Der Bürgermeister nahm heute auch zu jenen Anträgen Stellung, in denen es um die Herausgabe von Details zur Handykommunikation geht. Solche Daten würden von den Mobilfunkbetreibern nur drei Monate gespeichert, gab Ludwig zu bedenken. Der den Untersuchungsgegenstand betreffende Zeitraum wäre damit nicht mehr abgedeckt.