Wasser predigen, Wein trinken: Das scheint die Devise der Arbeiterkammer (AK) zu sein. Dass Österreichs gesetzliche Interessensvertretung kein Freund von Spekulation ist – ob mit Immobilien oder Lebensmitteln – , hat sie schon mehrmals hinreichend deutlich gemacht. Bei Lebensmitteln regt die AK sogar ein Verbot an.

Anders ist die Lage, wenn es um die eigenen Gelder geht bzw. die Pflichtbeiträge der Arbeitnehmer. Hier ist Anlage in Wertpapieren gang und gäbe, das allerdings mit geringem Erfolg, wie sich nun zeigt.

Tiefrote Zahlen – Wien, Niederösterreich, Burgenland besonders schlecht

Im vergangenen Jahr verzeichnete die AK tiefrote Zahlen. Das Finanzergebnis lag bei einem Minus von satten 2,59 Millionen Euro.

Der Controller und laut Twitter-Account bekennende NEOS-Wähler Florian Habersberger hat die Finanzergebnisse berechnet.

Das geht aus der Summe der Rechnungsbeschlüsse aller neun Arbeiterkammern – von Vorarlberg bis zum Burgenland – hervor. Für Wien, Niederösterreich und Österreichs östlichstes Bundesland lief 2022 besonders schlecht.

Noch brisanter wird dieses Resultat, wenn man sich mit seiner Ursache beschäftigt: Die neun Kammern haben die Gelder in Aktien und andere Wertpapiere angelegt, allerdings großteils verlustreich. Die hohen Wertpapierabschreibungen sind der Grund für das negative Ergebnis. Sie machten 2022 in Summe fünf Millionen Euro aus.

Oberösterreich hatte ein besseres Händchen

Ein besseres Händchen hatte die AK Oberösterreich. Sie hat trotz dem höchstem Wertpapiervermögen ein positives Finanzergebnis erzielt. Die Pflichtbeiträge der Arbeitnehmer waren hier offensichtlich besser untergebracht, als in Wien, Niederösterreich oder im Burgenland.

Gute Zahlen für Oberösterreich

Die AK Niederösterreich musste zehn Prozent ihrer Wertpapiere abschreiben. Noch schlimmer ist die Lage im Burgenland. Dort mussten fast 20 Prozent abgeschrieben werden.

20 Prozent der Wertpapiere mussten im Burgenland abgeschrieben werden.

Bei Überschüssen müsste die AK die Pflichtbeiträge eigentlich senken

Die in Summe enormen Wertpapier-Abschreibungen werfen weitere Fragen auf, etwa wie sich das alles mit dem Arbeiterkammergesetz verträgt. Es sieht nach Spekulation aus. Doch dem Arbeiterkammergesetz zufolge dürfen Überschüsse aus Beiträgen nicht in risikoreichen Wertpapieren veranlagt werden. Bei Beitragsüberschüssen müssen die Beiträge vielmehr gesenkt werden – laut Gesetz. Allerdings dürften die Kammern in der Vergangenheit mehr oder weniger elegante Wege gefunden haben, diese gesetzliche Vorschrift zu umgehen. Mutmaßlich könnte es auch hier so gewesen sein.

Erstmals präsentiert hat die Zahlen der ehemalige NEOS-Kammer-Fachexperte und Ex-Mitarbeiter bei Gerald Loacker (NEOS) Florian Habersberger. Er stützte sich dabei auf Anfragen Loackers zu den Jahren 2004 bis 2021, und auf die Rechnungsabschlüsse des Jahres 2022, die – fast – alle bereits auf den AK-Homepages abrufbar sind. (Bei der AK Steiermark leitete er die Zahlen aus dem Voranschlag ab. Bei der AK Wien liegt bereits ein Tätigkeitsbericht vor, der die Wertpapierabschreibungen noch nicht enthält. Habersberger, der auch Controller ist, schätzt sie auf zwei Millionen Euro.)