„Das ist ohne Zweifel die größte Katastrophe seit dem Zweiten Weltkrieg in dem Kreis“, erkläte Landrat Jürgen Pföhler (CDU) am Donnerstag. „Es ist wirklich verheerend“, sagte Malu Dreyer (SPD), Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz. „Es gibt Tote, es gibt Vermisste, es gibt viele, die noch in Gefahr sind. Es gibt keinen Bereich, der nicht betroffen ist.“

Die Flut kam in der Nacht, oft hatten die Menschen keine Chance, sich in Sicherheit zu bringen.  Landesinnenminister Roger Lewentz (SPD) erklärte am Donnerstag dem „Spiegel“. „Es gab keinen Hinweis darauf, dass es so dramatische Ausmaße annehmen würde … In diesem Ausmaß war das nicht absehbar“, argumentierte er.

Unter Experten macht sich Frust breit

Experten meinen, das stimmt so nicht. „Schon am Freitag hat sich ein starkes Niederschlagsereignis in Westdeutschland angekündigt“, sagt Wetterexperte Jan Schenk von „The Weather Channel“ gegenüber „Focus Online“. „Die Wettermodelle haben so stark ausgeschlagen, dass man schon von Unwetter durch Starkregen sprechen konnte. Spätestens am Montag muss allen klar gewesen sein, dass es zu einem Hochwasser in Westdeutschland kommen wird.“

Praktisch alle Wetterdienste hätten vor Regenmengen von bis zu 200 Litern pro Quadratmeter gewarnt, „manche sogar vor mehr“, sagt Schenk.

Unter Hydrologen und Wetterexperten macht sich indes großer Frust breit. „Trotz der langen Vorlaufzeit konnten so viele Leute nicht beschützt werden und mussten sterben“, schrieb Meteorologe Marcus Breyer vom Deutschen Wetterdienst (DWD) am Donnerstag auf Twitter. „Ich will niemanden beschuldigen, ich will einfach nur verstehen warum. Was sind die Warnungen wert, wenn so viele Menschen sterben?“ Der Sprecher des Landesumweltamtes Rheinland-Pfalz bestätigte auf Anfrage, dass die Warnungen des DWD in die eigenen Hochwasserprognosen miteinfließen.

Europäisches Warnsystem rechnete mit "extremen Hochwasser"

Auch das europäische Flutwarnsystem EFAS hatte sogar eine Warnung vor „extremem Hochwasser“ herausgegeben. Dass dennoch so viele Menschen sterben mussten, sei „ein monumentales Systemversagen“, sagte die britische Hydrologin Hannah Cloke, eine Beraterin der EU-Kommission für EFAS, dem Politmagazin „Politico“. „Ich hätte erwartet, dass Menschen evakuiert werden, man erwartet nicht, dass so viele Leute im Jahr 2021 wegen Hochwasser sterben. Das ist wirklich sehr, sehr ernst.“