Die Muslimische Jugend Österreich (MJÖ) ist mit ihrer Beschwerde gegen den Islam-Landkarte bei der Datenschutzbehörde abgeblitzt. Wie die Datenschutzbehörde nun in einem Bescheid erklärt, wiege das Grundrecht auf Wissenschafts- und Meinungsfreiheit hier höher, als das Recht der MJÖ auf Geheimhaltung. Die Jugendorganisation hatte sich nämlich gegen die öffentliche Zugänglichkeit von personenbezogenen Daten verwahrt.

Die Dokumentationsstelle Politischer Islam und der Projektleiter der Islam-Landkarte Prof. Ednan Aslan von der Uni Wien zeigten sich erfreut über die Entscheidung der Datenschutzbehörde.

Ein Dauer-Protest von allen Seiten wurde initiiert

Im vergangenen Jahr hatte die Islam-Landkarte der Doku-Stelle für scharfe Attacken von allen Seiten gesorgt, vor allem nachdem die MJÖ mit massiver Kritik vorgeprescht war. Mehr als 600 islamische Vereine und Moscheen werden auf der Website der Islam-Landkarte samt Standorten abgebildet. Anscheinend haben die heimischen Kritiker auch Personen im Ausland aktiviert: Eine riesige Beschwerdeflut prasselte damals auf die Wiener Uni ein. Weitere Islam-Organisationen beteiligten sich in der Folge am Protest, zuletzt stimmten sogar andere Religionsgemeinschaften in den Chor der Kritiker ein.

Verwundert über den ganzen Lärm zeigte sich damals der Projektleiter Ednan Aslan. Er lehrt islamische Religionspädagogik an der Uni Wien. Immerhin hatte es die Karte schon zuvor gegeben: Ab 2012 war sie für mehrere Jahre online gewesen, ohne auch nur annähernd so heftige Reaktionen auszulösen. Manche islamische Persönlichkeiten, die sich 2021 am lautstarken Protestgeheuel beteiligten, hatten sich noch Jahre zuvor mit Aslan über den Inhalt der Land-Karte ausgetauscht und gemeinsam mit ihm auf einen Text geeinigt, der ihre Organisation beschreibt. 2021 war plötzlich alles anderes, obwohl die Karte nach mehrjähriger Pause schlicht wieder online gestellt wurde.

MJÖ befürchtete islamophobe Angriffe gegen Personen

Die MJÖ legte Beschwerde bei der Datenschutzbehörde ein, weil sie das Recht auf Geheimhaltung verletzt sah. Am Mittwoch hat die Behörde einer einer Erklärung klar gemacht: Sie sieht keine Verletzung. Vielmehr wiegen Wissenschafts- und Meinungsfreiheit in diesem Fall schwerer als die Geheimhaltung personenbezogener Daten, urteilt sie.

Der MJÖ zufolge würden auch Informationen auf der Website der Landkarte abrufbar sein, die nicht allgemein zugängliche Daten seien wie Privatanschriften von Vereinsfunktionären. Das sei bedenklich, da einige Beschwerdeführer “islamophoben Anfeindungen ausgesetzt” seien und “eine reale Gefährdung in Form physischer Angriffe gegen ihre Einrichtungen” bestehe. Darüber hinaus würden die Einrichtungen auf der Landkarte “pauschal als gefährlich und verdächtig hingestellt”.

Wissenschaftler und Politiker wurden bedroht

Tatsächlich erreichten nach Präsentation der Landkarte einige Personen gefährliche Drohungen bis hin zu Morddrohungen, wie bekannt wurde. Allerdings richteten sich diese Angriffe nicht gegen die aufgelisteten Moscheen, sondern gegen die Initiatoren der Landkarte. Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) wurde persönlich bedroht, und ebenso die beteiligten Wissenschafter Mouhanad Khorchide und Projektleiter Ednan Aslan.

Die von der Dokumentationsstelle Politischer Islam zusammen mit der Uni Wien erstellte Karte liefere einen Beitrag zu einer Debatte von öffentlichem Interesse, unterstreicht nun die Datenschutzbehörde. Schließlich seien Themen rund um den Islam regelmäßig Gegenstand medialer Berichterstattung.

Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) erhielt nach der Präsentation ebenfalls persönliche Drohungen. Sie war gerade schwanger.APA/HELMUT FOHRINGER

Doku-Stelle und Ednan Aslan zufrieden über die Entscheidung

Die Adressen auf der Islam-Landkarte stammten aus öffentlich zugänglichen Quellen wie dem Vereinsregister. Weder aus diesem noch aus den Informationen der Islam-Landkarte zur MJÖ und deren Landesgruppen sei ersichtlich, dass hinter den Vereinsadressen private Adressen stecken, urteilte die Datenschutzbehörde.

Für die Dokumentationsstelle Politischer Islam zeigt der Bescheid der Datenschutzbehörde “die große Bedeutung der wissenschaftlichen Freiheit”. Zufrieden zeigt sich auch Ednan Aslan: “Unsere wissenschaftliche Arbeit dient dem öffentlichen Interesse und die heutige Entscheidung ist eine klare Bestätigung hierfür. Gerade bei gesellschaftspolitisch sensiblen Themen muss sachlicher wissenschaftlicher Diskurs möglich sein, das ist für eine demokratische Gesellschaft unumgänglich.” Man werde weiterhin “die gebotene wissenschaftliche Sorgfalt” sicherstellen. Aslan bedankte sich ausdrücklich bei der Uni Wien für die Unterstützung.