Die vergangenen 24 Stunden waren keine leichten für das Café Stein: Die Wiener Kaffeehaus-Institution wurde am Donnerstag zum unfreiwilligen und zufälligen Schauplatz eines Zusammentreffens zweier jüdischer österreichischer Hochschüler und dem Chef der österreichischen Identitären, Martin Sellner (33). Alle drei Männer wollten dasselbe – und zwar einen Kaffee trinken – doch was schlussendlich passiert ist (der eXXpress berichtete), spaltet gerade das Netz und bereitet der Geschäftsführung und dem Eigentümer des Café Stein schlaflose Nächte. Der eXXpress sprach mit dem Inhaber des traditionsreichen Studentencafés am Alsergrund, um zu erfahren, was den Eklat ausgelöst hat.

Twitter-Eklat ließ Shitstorm und schlechte Bewertungen hageln

“Nennen Sie mich einfach Andreas” – der Inhaber des Café Stein wirkt offen und freundlich, ist mit uns gleich per Du – und will den Menschen da draußen auch seine Sicht der Dinge mit auf den Weg geben. Er habe in der vergangenen Nacht kein Auge zugetan, weil es plötzlich so viele negative Reaktionen und 1-Stern-Bewertungen für sein Lokal geregnet habe, erzählt er. Für einen Geschäftsmann aus der von den Folgen der Coronapandemie noch schwer angeschlagenen Gastronomie verständlich. Dennoch wollen wir wissen: Was ist passiert?

Was laut dem Kaffeehausinhaber wirklich passierte

Offenbar habe es sich bei dem “Treffen der jüdisch-österreichischen Hochschüler” (JÖH) um genau zwei Studenten gehandelt, die sich am Donnerstag im Café Stein an einen Tisch gesetzt hatten. Auch an den Nebentisch setzte sich jemand – ein Mann, den die beiden jüdischen Studenten als Martin Sellner, Chef der extrem rechten Identitären erkannten. Entsetzt alarmierten sie den Inhaber des Café Stein und forderten ihn auf, Sellner seines Lokals zu verweisen. Da der Identitärenchef – den er laut eigenen Angaben gar nicht erkannt habe – sich aber in keinster Weise auffällig verhielt und es “weder zu einer verbalen noch körperlichen” Auseinandersetzung” gekommen war, sah Andreas keinen Grund, diesen Gast aus seinem Lokal zu werfen.

Stattdessen habe er sich um Versöhnung bemüht, und einen Dialog anstoßen wollen, erzählt er dem eXXpress. “Das Café Stein ist seit 1985 ein Ort der Begegnung für Menschen unterschiedlichster Altersgruppen, Herkunft, Kulturen und Nationen. Es gibt bestimmt einen Grund, warum ihr hier aufeinandertrefft – warum redet ihr nicht miteinander”, meinte Andreas. Doch die jüdischen Hochschüler hätten davon nichts wissen wollen und deuteten an, dass er, wenn er Sellner nicht rauswerfen wolle, wohl dessen antisemitische Ansichten teile – das verneinte der Kaffeehausinhaber, und erzählte seinen Gästen, dass sogar sein Großvater im Konzentrationslager gewesen sei. Doch auch das hätten die Hochschüler nicht hören wollen – und gingen zum verbalen Angriff über: Sie verließen das Café Stein unter der Androhung, dass er “schon sehen werde, was sie auf Twitter daraus machen würden”. Was folgte, ist bekannt und aktuell auf Twitter und Google nachzulesen – und der Kaffeehausbesitzer ist verzweifelt.

Sellner verließ Café, weil er "keinen Ärger wollte"

Und Martin Sellner? Der habe das Café aus freien Stücken kurz darauf verlassen, weil er “keinen Ärger” gewollt habe, erzählt Andreas.