“Irgendwann finden sich viele österreichische Journalisten damit ab – es ist eben so, man kommt ohnehin nicht dagegen an”, erzählt ein bekannter österreichischer Redakteur, was er alles bei einem der größten Medienhäuser des Landes über die Einflussnahme und auch über die Bedrohung durch Politiker miterlebt hat.

Aufgrund der aktuell von manchen Mainstream-Medien groß aufgezogenen Berichterstattung über die anonymen Vorwürfe gegen Robert Ziegler, den Chefredakteur des Landesstudios Niederösterreich, will der Journalist nicht mehr länger darüber schweigen, was er selbst erlebt hat – nämlich von “der anderen Seite”.

“Die Vorwürfe gegen Ziegler sind doch nichts im Vergleich zu dem, wie die SPÖ agiert”, erzählt der heutige eXXpress-Mitarbeiter von einem besonders drastischen Fall: So musste bei der Krone die Berichterstattung über die Zeugenaussage des heutigen niederösterreichischen Landeshauptfrau-Stellvertreters Franz Schnabl (SPÖ) im Mai 2019 nach zwei Artikeln eingestellt werden.

Schnabl hatte bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) selbst ausgesagt, dass er von einem deutschen Ex-Spion zu einer Gratis-Reise nach Korsika und zu zwei Jagdausflügen eingeladen worden sei, ebenso hätte er von diesem früheren Geheimdienst-Mitarbeiter ein 6000 € teures Messer erhalten (der niederösterreichische SPÖ-Chef hat diese Aussage auch unterschrieben).

“Nach zwei erschienen Artikeln wurde die Berichterstattung eingestellt. Es war offensichtlich, wer dies kurz vor der EU-Wahl veranlasst hat”, erinnert sich der Journalist. Der letzte Bericht über Schnabl wurde einfach – ohne das Redaktionsstatut zu beachten und den Autor darüber zu informieren – während der Produktion aus dem Blatt genommen.

Niederösterreichs Landeshauptfrau-Stellvertreter Franz Schnabl (SPÖ)

Wirtschaftlicher Druck zur Beeinflussung der Medien

Es gibt noch mehrere Beispiele von mutmaßlichen Machtmissbrauch der SPÖ gegenüber Medien: So veranlasste eine damalige SPÖ-Politikerin die Stornierung des gesamten Jahresetats eines Ressorts der Stadt Wien, weil kritisch über ihre Entscheidungen berichtet worden ist. “Es ging um viel Geld. Natürlich war das ein Versuch, unabhängige Medien mit wirtschaftlichem Druck zu beeinflussen”, berichtet der Journalist von diesem Einschüchterungs-Versuch.

Und: “Auch frühere SPÖ-Regierungsmitglieder wussten, wie sie Druck auf Journalisten ausüben können: Für sie unangenehme Berichte wurden einfach mit kurzen Anrufen weginterveniert. An einer Objektivierung der Medienförderung und der Inseratenvergabe hatten sie ja deshalb null Interesse. So sagte ein bekannter Bundespolitiker der SPÖ: Warum sollen wir denn die Medienförderung reformieren, wenn wir dann keinen Einfluss mehr auf die Berichterstattung in den Zeitungen haben?”

Über die Geschenke eines Ex-Spions an ihn sollte nicht mehr berichtet werden: Franz Schnabl (SPÖ)

Keine Interviews für "nicht brave Medien"

Noch ein Fall sorgt noch immer beim eXXpress-Journalisten für Kopfschütteln: “Ich habe bei einem Verlagshaus erlebt, dass ein engagierter Kollege, der auch kritisch über die SPÖ berichtet hat, plötzlich seinen Job verloren hat. Es wurden für die Freisetzung dann andere Gründe genannt. Also man scheut nicht davor zurück, die Existenz eines Angestellten zu gefährden, wenn die Berichterstattung nicht passt.”

Auch die aktuelle SPÖ-Bundesparteichefin Pamela Rendi-Wagner und ihr Team würden mit massivem Druck auf “nicht brave” Medien arbeiten, schildert der jetzige eXXpress-Redakteur: “Wer kritisch über die SPÖ berichtet, bekommt einfach kein Interview. Das ist bereits so grotesk, dass wir Pamela Rendi-Wagner um Terminvorschläge für ein TV-Interview bitten – und ihre Sprecherin trotzdem sagt, dass sie ,keine Zeit’ hätte. Also egal, wann.”