Das Erstaunen, auch unter Linken, war am Donnerstag enorm: Dass sich eine einst staatstragende Partei auf so ein Niveau begibt, empfanden viele als Tiefpunkt. Mit Plakat-Sujets wetterte das Social-media-Team gegen Regierungsmitglieder, und das auf denkbar tiefem Niveau. “Würdest Du diesem Mann den Arbeitsmarkt überlassen?”, stand bei einem Porträtfoto von Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP). Die angedeutete Antwort sollte natürlich “Nein” sein. “Wir auch nicht”, heißt im anschließenden Tweet der SPÖ. “Deshalb sprechen wir Türkis-Grün morgen im Nationalrat das Misstrauen aus.”

Ziemlich niveaulose Attacke auf Twitter

"Das sollen sozialdemokratische Werte sein?!"

Unter Twitter-Usern herrschte großteils ungläubiges Kopfschütteln: “Wer rät euch zu derartigen Kampagnen?”, fragte eine Nutzerin schlicht. “Das sollen sozialdemokratische Werte sein?!”, meint eine andere. “Leute aufgrund ihres äußerem Erscheinungsbild gewisse Attribute/Fähigkeiten zuzuschreiben?! Das ist hetzerisch und spalterisch. Wer auf diese hirnverbrannte Idee gekommen ist, gehört sofort abgezogen…” Ein neues SPÖ-Mitglied kommentierte: “Wenn ich das sehe, frage ich mich, ob ich vor ein paar Wochen der falschen Partei beigetreten bin?”

Nicht zum ersten Mal erntet der SPÖ-Twitter-Account Kopfschütteln

Arbeitsminister Martin Kocher (49) war vor seinem Schritt in die Politik bereits bekannter Wirtschaftsforscher und leitete von 2016 bis 2021 das Institut für Höhere Studien (IHS) als wissenschaftlicher Direktor. Seit 2021 ist er Minister für Arbeit, seit 2022 darüber hinaus auch noch für Wirtschaft.

AMS-Chef Kopf kontert auf provokante SPÖ-Frage

Überzeugt von seiner Fachexpertise ist offensichtlich Johannes Kopf (50), der seit 2006 das Arbeitsmarktservice Österreich (AMS) leitet. Er wollte die miese Attacke auf den Minister nicht unkommentiert lassen: Auf die Frage “Würdest DU diesem Mann den Arbeitsmarkt überlassen”, antwortet er: “Ja. Und mit gutem Gefühl.”

Linke toben: “Dann gehörst Du aber abgesagt”, “Starker Tobak”, “Es ist völlig absurd Arbeitsministerium und Wirtschaftsministerium in einer Person zu vereinigen”.

"Unguided missile" im roten Social-media-Team?

Andere Nutzer teilten schon vorher die Einschätzung von Kopf: “Martin Kocher ist ein absoluter Top-Experte”, erklärte ein Twitter-Nutzer. Eine andere User kommentierte: “Einfache Frage, einfache Antwort: ja. Er hat nämlich Fachexpertise (und darüber hinaus auch Niveau).” In seinem eigenen Zuständigkeitsbereich kann Kocher auf sinkende Arbeitslosenzahlen und Wirtschaftswachstum verweisen.

Seit die SPÖ-Spitze ihren Social-media-Account einem Ex-Mitarbeiter des früheren ultralinken Abgeordneten Peter Pilz überlassen hat, stoßen dessen Tweet-Attacken sämtliche Polit-Beobachter vor den Kopf. SPÖ-nahe Experten warnten die sozialdemokratische Partei von Anfang an vor einem “unguided missile” im Social-media-Team.