Der norwegische Rechtsanwalt und Politiker Christian Tybring-Gjedde hat NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg für den Friedensnobelpreis nominiert. Er hat das Vorschlagsrecht dafür. „Stoltenberg verdient den Preis für seine herausragende Arbeit als NATO-Generalsekretär in einer herausfordernden Zeit für die Allianz“, erklärte der Politiker in einer Mitteilung. „Der brutale und unprovozierte Angriff Russlands auf ein friedliches Nachbarland am 24. Februar 2022 war ein klares Signal, dass Russland immer noch Ambitionen hat, das russische Imperium wiederherzustellen“, schreibt er in seiner Begründung.

Tybring-Gjedde gehört der „liberalistischen Volkspartei“ (FRP) an, die in Norwegen dem rechten Spektrum zugerechnet wird.

Die ikonischen Zwillingstürme des Osloer Rathauses: Hier wird jedes Jahr der Friedensnobelpreis verliehen.Getty

„NATO hat Öl ins Feuer gegossen“

Sarkastische Bemerkungen erntet Stoltenbergs Nominierung in der China Daily. „Das ist offensichtlich kein Scherz“, heißt es in einem Leitartikel. „Aber es liegt schon eine gewisse Ironie darin, dass der kriegstreiberische Chef des größten Militärbündnisses der Welt als Verfechter des Weltfriedens gefeiert wird.“ Der „einst renommierte Preis“ sei „zum Instrument in den geopolitischen Spielen des Westens geworden.“ Das Blatt fragt sich: „Hat der Friedensnobelpreis überhaupt noch eine Daseinsberechtigung?“

Hart ins Gericht geht der Text mit dem Militärbündnis: „Sehen Sie sich an, was die NATO seit dem Ende des Kalten Krieges getan hat. Sie war an den meisten militärischen Konflikten seither beteiligt.“ Durch ihre „unaufhaltsame Osterweiterung“ sei die Militär-Allianz auch zunehmend von Russland als Bedrohung für seine nationale Sicherheit gesehen worden. „Anstatt alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um zwischen Russland und der Ukraine zu vermitteln, hat die NATO durch die Lieferung von Waffen an die Ukraine noch Öl ins Feuer gegossen.“ Auch dass die NATO viel unternehme, um den Aufstieg Chinas einzudämmen, wird dem Militärbündnis übel angerechnet.

Putin hat die NATO zunehmend als Bedrohung wahrgenommen.

Stoltenberg: „Krieg in der Ukraine könnte außer Kontrolle geraten“

Jens Stoltenberg war zwei Mal Ministerpräsident Norwegens eher er am 28. März 2014, kurz nach der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim durch Russland, NATO-Generalsekretär wurde. Seit der Ukraine-Invasion sieht Stoltenberg das Bündnis als Unterstützer der Ukraine und verlangt laufend mehr Hilfe von den NATO-Staaten für Kiew.

Für viele überraschend kam Stoltenbergs dramatische Warnung im vergangenen Dezember: Es bestehe die „reale Möglichkeit“, dass sich der Krieg in der Ukraine zu einem ausgewachsenen Konflikt zwischen der Nato und Russland ausweitet, warnte der Chef des Militärbündnisses in bisher nie da gewesener Deutlichkeit. „Ich befürchte, dass der Krieg in der Ukraine außer Kontrolle gerät und sich zu einem großen Krieg zwischen der Nato und Russland ausweitet“, erklärte er in einem Interview mit dem norwegischen Rundfunksender NRK. „Wenn die Dinge schief gehen, können sie furchtbar schief gehen“.

Im Dezember warnte Stoltenberg vor einer Eskalation des Ukraine-Krieges.

Um einen direkten Konflikt zu vermeiden, sei es allerdings von entscheidender Bedeutung, dass die NATO dem russischen Präsidenten Wladimir Putin keinen Raum lasse, an ihrer Fähigkeit zur Verteidigung ihrer Mitgliedstaaten zu zweifeln. Dabei verwies Stoltenberg auf die verstärkte NATO-Präsenz in Ländern am östlichen Rand des Bündnisses.