Nach seinem Besuch bei Russlands Staatspräsident Wladimir Putin hat Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer CNN ein Interview gegeben. “Ich wollte Putin mit dem konfrontieren, was ich gesehen habe: die Kriegsverbrechen, die toten Soldaten und die Notwendigkeit, den Krieg zu beenden”, unterstrich Nehammer gegenüber dem TV-Sender.

"Putin ist ganz in seiner eigenen Kriegslogik"

CNN-Moderatorin Becky Anderson interessierte sich vor allem für Putins geistige Verfassung: “Er war sehr klar in seinen Aussagen”, antwortete der Bundeskanzler. “Seiner eigenen Sichtweise zufolge muss Putin die russische Föderation und die Russen in der Ostukraine verteidigen. Ich denke, wir müssen damit rechnen, dass der Krieg weitergeht.” Und: “Putin ist ganz in seiner eigenen Kriegslogik. Ich halte das für sehr gefährlich.”

Andererseits habe Putin aber auch die Friedensgespräche in Istanbul erwähnt. “Ich denke, hier könnten eine Chance liegen, den Krieg zu beenden.” Nehammer könne nur seine Eindrücke wiedergeben. Immerhin: “Putin selbst hat die Friedensgespräche erwähnt.”

Selenskyj bat Nehammer, über einen humanitären Korridor zu sprechen

Nehammer habe den Besuch zuvor in Kiew mit Präsident Wolodymyr Selenskyj besprochen, unterstrich der Bundeskanzler und Selenskyj gefragt, ob er sinnvoll ist. Der ukrainische Präsident haben ihm daraufhin gesagt, “dass es dringend erforderlich ist, humanitäre Korridore für die Bewohner von Mariupol zu schaffen.” Dort gebe es zahlreiche Verwundete und die Bewohner hätten kein Wasser und keine Elektrizität. Damit habe er ebenfalls Putin konfrontiert.

Ob Putin von seinen Beratern vollständig über die Lage in der Ukraine informiert werde, könne er nicht sagen, erklärte Nehammer. Aber: “Ich finde es sinnvoll, zu ihm zu gehen und ihm in die Augen zu sehen und zu sagen: Der Krieg muss enden. Es ist auch sinnvoll, wenn andere Staatschefs mit Putin telefonieren. Ich selbst halte es aber für stärker zuerst nach Kiew zu gehen und dann – mit den Bildern von dort im Kopf – Putin zu konfrontieren.”

Putin fiel es schwer, über die Kriegsverbrechen zu reden

Zu den Kriegsverbrechen, die Nehammer in der Ukraine gesehen hat, erklärte er: “Ich habe Putin gesagt: Wir brauchen die UNO dort.” Für den russischen Präsidenten sei es nicht leicht gewesen, darüber zu reden. “Es ist wichtig, ihn damit zu konfrontieren. Etwas zu tun, ist besser, als nichts zu tun. Andere sollten es auch tun. Aber: Sie sollen zuerst die Ukraine besuchen und das Leiden der ukrainischen Menschen sehen.”

Gegenüber "Pioneer": Putin ist körperlich fit

Weitere Details zu seinem Besuch enthüllte Nehammer im Podcast-Gespräch von “The Pioneer”. Darin ging es unter anderem um Putins Gesundheitszustand. In der Vergangenheit hatte es ja Gerüchte über eine angebliche Krebserkrankung gegeben. “Er hat mir gegenüber nicht den Eindruck erweckt, dass er jetzt zum Beispiel physisch nicht gesund wäre. Er war sehr klar in dem, was er gefordert hat.” Man sehe und spüre, dass Putin zu allem bereit ist, um seine Ziele durchzusetzen.

Putin sehe sich im Recht und ungerecht durch den Westen verurteilt.