Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) sprachen sich in Berlin erneut gegen ein vollständiges Öl- und Gasembargo Russlands aus. Es sei ein “furchtbares Gefühl, von russischem Gas abhängig zu sein”, erklärte Nehammer. Seine Aufgabe als Bundeskanzler sei es aber auch, für Energiesicherheit zu sorgen. Ebenso unterstrichen die beiden Regierungschefs die enge Verbundenheit und Abstimmung zwischen Österreich und Deutschland.

Scholz: Druck auf Putin erhöhen

Scholz erklärte: “Wir sind uns völlig einig in der Bewertung.” Schon die bisherigen Sanktionen seien wirksam und die weit reichendsten, die jemals beschlossen wurden. “Sie treffen die Entwicklungsperspektiven und wirtschaftlichen Chancen Russlands besonders.” Und es gebe für Moskau keine Ausweichmöglichkeiten. Es gehe nun darum, Schlupflöcher auszuschließen und den Druck auf Putin aufrecht zu erhalten, so Scholz, der auch ankündigte, dass es Deutschland im Laufe dieses Jahres es schaffen könnte, die Abhängigkeit von russischen Öl- und Kohleimporten zu beseitigen. Österreich importiert seit Kriegsbeginn kein Öl mehr aus Russland und schon seit längerem keine Kohle.

Beide Kanzler forderten Putin auf, “jetzt einem Waffenstillstand zuzustimmen, humanitäre Versorgung zu ermöglichen und wirkliche Friedensverhandlungen zu führen”, wie Scholz es ausdrückte. Angesprochen von deutschen Journalisten, ob die österreichische Neutralität ein Modell für die Ukraine sein könnte, antwortete Nehammer, dass sich die “dynamische und solidarische Neutralität” für Österreich bewährt habe. Die Ukraine müsse selbst definieren, was für sie richtig sei. Zur Zeit sei man aber “weit davon entfernt”. Das Wichtigste seien im Moment Waffenstillstände, erklärte Nehammer.

Schnell EU-Beitrittsperspektive für den Balkan

Beide Regierungschefs setzen sich darüber hinaus für eine rasche Beitrittsperspektive des Westbalkans ein. “Jede weitere Verzögerung macht den Westbalkan verwundbar und offen für den Einfluss Dritter”, sagte Scholz. Und auch Nehammer warnte vor einem Einfluss Russlands, Chinas und auch arabischer Staaten auf den Westbalkan. Es sei in Europas “geostrategischem Interesse, hier einen Gang zuzulegen.” Vor allem Bosnien-Herzegowina brauche jetzt massive Hilfe, weil es dort “Blockade und Stillstand” durch die Republika Srpska gebe. Nehammer sprach auch von der “Angst”, dass der russische Angriffskrieg Folgewirkungen für den Westbalkan haben könne.

Scholz betonte, dass es wichtig sei, dass sich die EU bereit erklärt habe, die Flüchtenden aufzunehmen. Nehammer ergänzte: “Das Leid der Menschen ist unerträglich.” Es sei “Pflicht der Nachbarn”, den Menschen zu helfen. Scholz verwies vor allem auf die Republik Moldau, die bei 3,5 Millionen Einwohnern 350.000 Menschen aufgenommen habe. Er kündigte eine Unterstützungskonferenz für Moldau an. Österreich hatte unlängst 2000 Ukraine-Flüchtlinge aus der Moldau übernommen.