“Die Sicherheitslage in Europa hat sich dramatisch verändert”, erklärte Bundeskanzler Karl Nehammer am Freitag, als er nach seiner Sitzung mit dem Sicherheitsrat, welche er in Reaktion auf den Angriff der Ukraine durch Russland einberufen hatte, vor die Presse trat. In einer eindringlichen Rede wandte der Kanzler sich an die österreichische Bevölkerung und machte seinen Standpunkt zu den Aggressionen Russlands, den Sanktionen der EU sowie der wachsenden Verunsicherung in der Bevölkerung zu den möglichen Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf Österreich klar.

Nehammer machte kein Hehl daraus, dass er Wladimir Putins Angriff auf die Ukraine als Völkerrechtsverletzung ansieht und aufs allerschärfste verurteilt. “Es herrscht Krieg. Niemand hätte gedacht, dass im 21. Jahrhundert in Europa ein Land ein anderes Land so überfallen kann. Die militärische Aggression zeichnet ein schreckliches Bild”, so Nehammer. Es gehe nun darum, die Menschen, die in Österreich leben, bestmöglich zu schützen.

"Russland hat die Waffen in beiden Händen"

“Wir haben einen Gesprächspartner gegenüber, der in beiden Händen Waffen hat”, so Nehammer, der mit diesen Worten klarmachte, dass er der Ansicht ist, dass Russland nicht bereit sei, einen Dialog zu führen. Nehammers Gedanken seien ganz bei den 44 Millionen Einwohnern, die in der Ukraine leben und die nun, wie er sagt, völlig grundlos leiden würden: “Es ist ein Bruch des Völkerrechts und ein allumfassender Krieg. Es sind Zivilisten bedroht, es leiden Kinder, Frauen, Männer und ältere Menschen. Die Ukraine erlebt eine ihrer schwersten Stunden”, betonte Nehammer, der “fassungslos” über die Lage in der Ukraine ist.

Am Donnerstagabend hatte sich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in einer Online-Schaltung an den EU-Rat gewandt und die Dramatik der Situation in seinem Land nochmal dargestellt. “Wir waren fassungslos, aber wir sind nicht hilflos”, so Nehammer.

Einstimmig massivste Sanktionen beschlossen

Daher hat die EU als Gemeinschaft von demokratischen Staaten ein umfassendes Sanktionenpaket einstimmig beschlossen. Dieses wird laut Nehammer auch für die Mitgliedsstaaten in wirtschaftlichen Fragen sehr schmerzhaft sein. “Das ist aber nichts im Vergleich zu dem Schmerz, den die Ukraine erleidet.”

Das Paket werde “massiv in die russische Wirtschaft hineinschneiden”, so etwa beim Transport und in der Luftfahrtindustrie, erläuterte Nehammer. So gibt es etwa für den russischen Flugverkehr keine Ersatzteile mehr. Auch für den Finanzsektor wurden Sanktionen beschlossen. Dies betrifft 70 Prozent der russischen Banken. Die Reisefreiheit für Oligarchen wird eingeschränkt. Es wird keinen Diplomatenpass und keinen Dienstpass mehr für Russinnen und Russen geben, der keiner Überprüfung unterliegt, so Nehammer.

Sonderrolle für Österreich

Österreich nimmt in der Situation eine Sonderrolle ein. “Wir sind militärisch neutral, aber nicht gegenüber den Werten und dem Völkerrecht. Der Ukraine-Krieg ist mit nichts zu rechtfertigen. Wer das Völkerrecht nicht respektiert, respektiert auch die Neutralität nicht.”