“Wir haben uns teilweise in einseitige Abhängigkeiten begeben von anderen Ländern, wie Russland oder China. Umso wichtiger ist es jetzt, auf Diversifizierung zu setzen und unsere diplomatischen Türen in den globalen Süden – allen voran nach Afrika – zu öffnen”, begründete der Kanzler im Vorfeld seine Afrika-Reise, die ihn auch noch nach Ghana und Ägypten führen wird.

Bis dato ist die Wirtschaft Angolas vor allem auf den Export von Rohstoffen fokussiert, 90 Prozent der Exporte und der Großteil der öffentlichen Einnahmen gehen auf den Öl- und Gasreichtum des Landes zurück. Nach Nigeria ist Angola, das seit 2007 auch Mitglied der OPEC ist, der zweitgrößte Erdölproduzent und -exporteur Afrikas. Allerdings muss das südwestafrikanische Land für den Eigenbedarf selbst raffiniertes Öl importieren, da es im Land selbst an Raffineriekapazitäten mangelt.

Das Duplizieren

Bisher profitiert auch nur eine kleine Schicht der Gesellschaft vom Ölreichtum des Landes, laut Weltbank leben gut 56 Prozent der Bevölkerung in Armut. Zwischen 2010 und 2015 zogen rund 150.000 Portugiesen aufgrund der Wirtschaftskrise im eigenen Land in die ehemalige Kolonie Portugals, wo die Wirtschaft aufgrund der reichen Erdöl- und Diamantvorkommen boomte. Die Wohnungsmieten in wohlhabenden Gegenden der über neun Millionen Einwohner zählenden Hauptstadt Luanda gehören mittlerweile zu den höchsten der Welt.

Der Rohstoffreichtum des Landes und die westlichen Sanktionen gegenüber russischen Energieexporten aufgrund des Angriffskriegs in der Ukraine führten dieses Jahr schon zahlreiche Politiker nach Angola. So besuchte Anfang März der französische Präsident Emmanuel Macron das Land. Auch der russische Außenminister Sergej Lawrow war heuer schon dort, russische Staatskonzerne sind dort in der Diamanten- und Erdölförderung tätig. Zudem ist China in Angola stark vertreten. Über ein Viertel der chinesischen Kredite für Afrika in den Jahren 2000 bis 2020 flossen nach Angola, insgesamt rund 39 Milliarden Euro. Doch aufgrund des gesunkenen Ölpreises konnte Angola seine Schulden nicht mehr bedienen. Präsident Lourenço setzte in der Folge auf eine Diversifizierung der Wirtschaft und der Handelspartner. Dies sei eine “Frage von Leben oder Tod”, begründete er diesen Schritt.

Diplomatische Türen öffnen

“Gerade die geopolitischen Veränderungen in der Welt müssen uns nach dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine eine Warnung sein”, so Bundeskanzler Nehammer. Denn nicht in allen Teilen der Welt würden dieselben Ansichten vertreten wie in Europa und im “Westen”, sondern in weiten Teilen der Erde ist die vorherrschende Meinung eine gänzlich andere. Als neutrales Land sei es für Österreich umso wichtiger, den Dialog zu suchen, die österreichische Position zu erklären und jene der Partner zu verstehen. “Wir haben als Europa und generell im Westen vernachlässigt, den globalen Süden in den Fokus unserer Außenpolitik zu stellen. Wir müssen unsere diplomatischen Türen daher endlich völlig öffnen und die Zusammenarbeit in wichtigen Zukunftsbereichen, wie Energie, Sicherheit, grüne Transformation und vielen weiteren Bereichen ausbauen und unsere Beziehungen auf eine neue Ebene heben”, sagt Nehammer weiter. Das müsse auch heißen, dass man in Europa aufhören müsse, “hier von oben herab zu agieren”, sondern Partnerschaften auf Augenhöhe zu leben. Die Erarbeitung einer Österreichischen Afrika-Strategie soll genau dazu dienen.