Das ist nicht unspannend: Ausgerechnet NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger, die für ihre Partei nach der Nationalratswahl im Falle einer Dreier-Regierungskoalition mit ÖVP und SPÖ das Finanzministerium beansprucht, hält offenbar nicht allzu viel von der Wirtschaftsexpertise Karl Nehammers. Dessen Ansage, nach der Wahl auf ein Sparpaket verzichten zu wollen und stattdessen auf Wirtschaftswachstum zu setzen, widersprach im ORF-Sommergespräch deutlich: Es brauche eine Kostenbremse. Sie habe eine Reformgruppe eingesetzt, die den Spielraum für Einsparungen ausloten soll. „Ganz viel“ sei in Österreich „ineffizient eingesetzt“. Das „Fatale“ sei, dass Österreich in Bereichen wie Bildung und Gesundheit viel mehr Geld ausgebe als andere Länder, die Resultate aber schlechter seien.

„Wir können so nicht mehr weitermachen”, sagte Meinl-Reisinger. Es brauche Mut zu Reformen, der habe SPÖ und ÖVP viele Jahre gefehlt. Die beiden Parteien seien „ausgepowert“. Sie stehe jedoch bereit für eine Koalition mit den beiden Parteien. Allerdings würden diese die NEOS brauchen für „Energie, Willen und Mut bei Reformen“.

Chef des Fiskalrats: Nehammers Aussagen unerfreulich

Auch Wirtschaftsexperten widersprechen Nehammers Auffassung, wonach es kein Sparpaket brauche. Die Direktorin von “Eco Austria”, Monika Köppl-Turyna betonte in der  “Krone” die Notwendigkeit entsprechender Maßnahmen: „Erstens liegen die prognostizierten Defizite in den kommenden Jahren höher als die Drei-Prozent-Maastrichtgrenze. Ein großer Teil dieser Defizite ist nicht konjunkturell, sondern strukturell bedingt”, sagt sie. Dies bedeute, dass man selbst beim Aufholen, was nicht in Sicht sei, konsequent mit höheren Ausgaben konfrontiert sei. „Allein aus diesem Grund muss man einige Milliarden einsparen, sonst droht ein Defizitverfahren.“

Allein in der Verwaltung und im Schul- und Gesundheitsbereich könnten laut Eco Austria bis zu 18 Milliarden Euro eingespart werden – ohne Leistungsverlust.

Der Präsident des Fiskalrats, Christoph Badelt, hält offenbar wenig von der Einschätzung des Kanzlers. Nehammers Annahmen gingen von einem Wirtschaftswachstum aus – hierfür gebe es allerdings keinerlei Anzeichen. Badelt nannte die Aussagen des Kanzlers “unerfreulich”.