Der Krieg in der Ukraine dauert mittlerweile volle drei Wochen und eskaliert immer mehr – doch für Putin gibt es kein Halten mehr. Wenn es nach dem Kreml-Chef geht, dann wird seine “Spezialoperation” auch “bis zum bitteren Ende” durchgeführt, wie er in einer neuen aggressiven Videoansprache erklärte. Die Worte des russischen Präsidenten sorgen für immer tiefere Sorgenfalten im Westen, die Fronten sind endgültig verhärtet: US-Präsident Joe Biden nannte Putin am Mittwoch, nachdem der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj per Videozuschaltung vor dem US-Kongress gesprochen hatte (der eXXpress berichtete hier und hier) offen einen “Kriegsverbrecher”.

Für Putin läuft seine "Sondermission" weiterhin "erfolgreich"

Indessen eskalierte die Lage in der Ukraine am 20. Tag des Krieges zusehends. Ein Hoffnungsschimmer zeichnete sich allerdings ab, als Russlands Außenminister Lawrow in einer Neutralität der Ukraine eine Kompromisslösung sah und Kremlvertreter vermeldeten, dass die Friedensgespräche mit der Ukraine “gut” laufen würden.

Dass alles “gut und nach Plan” laufe, meinte auch Putin – allerdings in einem völlig anderen Zusammenhang. Der russische Präsident war in seiner jüngsten Ansprache nämlich meilenweit davon entfernt, einen möglichen Frieden in Aussicht zu stellen – ganz im Gegenteil: Putin machte der Ukraine eine klare Ansage in Sachen Krieg – oder, wie Putin es nennt, seiner “Sonderoperation zur Demilitarisierung und Entnazifizierung der Ukraine”.

Putin will Krieg – auch gegen den Westen

Diese entwickle sich seinen Aussagen nach nämlich weiterhin “erfolgreich” – und weiter: alle Unternehmungen seiner Einheiten “würden bis zum Ende durchgeführt” werden. Nachsatz: “Das derzeitige Format (der ‘Sonderoperation’, Anm.) ist das einzig mögliche.”

Übersetzt bedeutet das: Für Putin gibt es keine Alternative – Krieg ist der einzige Weg für den Kremlchef. Und er wird nicht aufhören, bis er hat, was er will. Und das ist mittlerweile nicht mehr die “Demilitarisierung und Entnazifizierung der Ukraine” allein, nein – nun hat er ein noch größeres Ziel, und zwar : “Einen Schlussstrich unter die globale Dominanz des Westens ziehen.”

Angebliche "Biowaffen-Experimente" als neue Begründung für den Krieg

Dieser Ansage folgte eine neue, ergänzende Erklärung für Putins Angriffskrieg in der Ukraine, und warum seine Soldaten nicht nur wie angekündigt im Donbass einmarschiert sind – eine Premiere. Seine Argumentation lautet wie folgt: Die Ukraine würde mithilfe der USA “Experimente mit der afrikanischen Schweinepest, Cholera und dem Coronavirus” durchführen und daran arbeiten, biologische Waffen herzustellen.

Dieser Vorwurf als offizielles Kriegsargument ist neu – auch wenn zuletzt immer wieder Meldungen über die angebliche Zerstörung von Laboren und über Experimente mit Biowaffen im Zuge der blühenden Kriegspropaganda kursierten, war das nun das erste Mal, dass der Kremlchef diesen Erzählstrang für sich und seine Position offiziell “legitimierte”. Sein ursprünglicher Ausgangspunkt war ja der Kampf gegen eine angebliche Herrschaft von “Neonazis”, “Faschisten” und “Drogensüchtigen” in Kiew gewesen.

Putin denkt, dass der Westen Russland "abschaffen" will

Mit der neuen Argumentation bezieht Putin aber den Westen direkt ins Kriegsgeschehen mit ein und macht die USA zum Konspirateur und vermeintlichen Verbrecher mit sinistren Zielen: So holte Putin weiter aus und erläuterte, dass der Westen Russland “zerschlagen” und “abschaffen” wolle. Die russische Föderation werde “ins Jenseits geschickt”, Russland “in ein schwaches, abhängiges Land verwandelt” und “im besten Fall” zerstückelt werden, so Putin.

Die Sanktionen, die Putin und seine Kreml-Schergen bereits zuvor als “Kriegserklärung” bezeichnet hatten, werden nun als direkte Kriegshandlung dargestellt: So habe der Westen mit den Sanktionen versucht, sein Land in einem “wirtschaftlichen Blitzkrieg” zu besiegen. Doch nicht mit Putin: “Viele Länder” hätten sich “damit abgefunden, mit gebeugtem Rücken zu leben, aber Russland wird sich niemals in einem so erbärmlichen und gedemütigten Zustand befinden”, gab sich Putin kämpferisch.

"Russland soll sich selbst reinigen": Attacke gegen "unpatriotische" Russen

Gegen Ende seiner Ansprache holte der russische Präsident schließlich noch gegen seine eigenen Landsleute aus – zumindest jene, deren Gesinnung und Werte nicht mit denen Putins übereinstimmen: Westlich orientierte Russen bezeichnete er als “Verräter” und “Abschaum” und drohte den “unpatriotischen” russischen Staatsbürgern offen: “Ich verurteile keineswegs diejenigen, die eine Villa in Miami oder an der Côte d’Azur haben und auf Gänseleberpastete, Austern oder sogenannte ‘geschlechtliche Freiheiten‘ nicht verzichten können. Aber das Problem ist absolut nicht das, sondern die Tatsache, dass viele solcher Leute geistig dort sind, nicht hier, nicht bei unserem Volk, nicht bei Russland”, sagte Putin laut Staatsagentur TASS.

Putins Wortwahl wurde noch extremer: Er meinte, Russland solle seine “Verräter” wortwörtlich “ausspucken” und sich so, indem es die pro-westlichen Russen (die er auch “fünfte Kolonne” des Westens nannte) los werde, “selbst reinigen”.

Treuen und patrotischen Russen gegenüber gab Putin Versprechungen ab: Er wolle die Sozialleistungen und Renten der finanziell schwer gebeutelten Russen anheben – und zwar um knapp 6 Prozent. Das dürfte allerdings nicht mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein sein – denn in den vergangenen 14 Tagen sind in Russland viele Preise um 25 bis 100 Prozent gestiegen. Die amtliche Inflationsrate (auf Jahressicht) beträgt 12,5 Prozent.