Bei der Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds IWF und der Weltbank in Washington wird eine Reform der internationalen Finanzmärkte diskutiert. Geht es nach einem Vorschlag Deutschlands und anderen großen Anteilseignern, soll die Weltbank nun einen neuen Kernauftrag bekommen: Eingreifen bei globalen Krisen wie Klimawandel und Artensterben.

Im Fokus der Diskussion ist nun die Weltbank, deren Hauptaufgabe bisher ist, armen Ländern Geld zu günstigen Konditionen zu leihen mit dem Ziel, deren Wirtschaft zu stärken und so die Armut zu reduzieren. Das Ziel: Die Weltbank soll ärmeren Ländern über ihre Darlehen zu billigem Geld verhelfen und die Finanzströme gleichzeitig dorthin lenken, wo sie zur Bekämpfung der Klimakrise benötigt werden. Experten sprechen von “shifting the trillions”, einer Umverteilung von Billionen. Denn nach Schätzungen der UNO sind bis 2050 weltweit Klima-Investitionen von 115 Billionen Euro (!)  erforderlich, wenn die Erderwärmung auf 1,5 Grad begrenzt werden soll.

Arme Länder leiden am meisten unter Klimawandel

Der Reforminitiative zufolge, die von Deutschlands Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) ausging, soll die Weltbank Ländern attraktive Zinskonditionen geben, die den Klimaschutz vorantreiben. “Diese Investitionen müssen günstiger sein”, sagt Schulzes Staatssekretär Jochen Flasbarth. Die Summen, die die Weltbank zur Verfügung stellt, sollen erheblich steigen. Dafür müsse die Bank mutiger werden, ihr Eigenkapital besser nutzen und die bisher sehr konservative Herangehensweise lockern. Mehrere Milliarden Dollar könnten so zusätzlich mobilisiert werden.

Die Befürchtung, wenn die Weltbank mehr Geld für Klimaschutz gebe, bleibe weniger für die Armutsbekämpfung übrig, teilt Flasbarth nicht. “Wir müssen deutlich machen: Das ist keine Abkehr vom Entwicklungsfokus der Bank”, betont er. Gerade unter den ärmsten Ländern litten viele am meisten unter dem Klimawandel, die Investitionen kämen ihnen also zugute. Außerdem solle das Geld der Weltbank nur der Hebel sein, um ein Vielfaches an privatem Kapital zu aktivieren. Dann könne man die staatliche Entwicklungshilfe wieder stärker auf die ärmsten Länder richten.

Experten empfehlen eine Umverteilung von Billionen in den globalen Süden.

Reform darf reichen Ländern keinen Druck nehmen

Doch genau da sehen Entwicklungsorganisationen auch eine Gefahr: Die Reform dürfe den reichen Ländern nicht den Druck nehmen, ihre Entwicklungsetats aufzustocken. Die Hilfe der Weltbank sehe auf dem Papier zwar nach viel Geld aus, letztlich seien es aber nur Kredite. Und da komme es darauf an, ob etwa der Aufbau erneuerbarer Energien gefördert werde oder die Anpassung eines Landes an Überschwemmungen und Dürre.

Im Fall erneuerbarer Energien könnten die Kredite Wachstum antreiben und ein Land voranbringen. Bei Frühwarnsystemen gegen Unwetter, Häusern auf Pfählen, Dämmen oder Bewässerungssystemen gehe es aber um den Erhalt des Status quo – für so etwas müsse es Zuschüsse statt Kredite geben. “Ländern Geld zu leihen, um sich an Folgen einer Klimakrise anzupassen, die sie selbst am wenigsten verursacht haben, das ist aus dem Blickwinkel der Klimagerechtigkeit sehr problematisch” warnt Oxfam-Experte Jan Kowalzig. Es treibe ärmere Länder nur noch tiefer in die Schuldenfalle. Außerdem unterstütze die Weltbank selbst aktuell noch massiv fossile Energien.

Der Weltbank gehe es darum, den Fokus auf einen erweiterten Wohlstandsbegriff zu legen, der sich nicht nur an klassischen Parametern wie dem Bruttoinlandsprodukt orientiert. Es soll künftig neben der Beendigung der extremen Armut noch viel mehr darum gehen, den gemeinsamen Wohlstand durch eine “nachhaltige, widerstandsfähige und integrative Entwicklung” zu fördern.

“Wir müssen das Augenmerk weiter auf die ärmsten Ländern richten – aber wir brauchen einen integralen Ansatz”, sagt Axel van Trotsenburg, der seit rund 35 Jahren für die Weltbank arbeitet und heute Senior Managing Director dort ist, beim Gespräch in Washington. “Eine Organisation, die sich statisch definiert, ist irrelevant”, betont er. Deshalb sei es nach der Coronapandemie wichtig, zu reflektieren, was die aktuellen Herausforderungen seien. Eine Pandemie oder die Klimakrise würden arme Länder noch tiefer in die Armut stürzen. Die Weltbank argumentiert daher, dass es sinnvoll sei, derartige Krisen von vornherein mitzudenken.

Ehemaliger Weltbankchef wegen "klimaleugnenden Aussagen" entlassen

Die Reform fällt nun genau in den Wechsel an der Spitze der Bank. Weltbankchef David Malpass hat im Februar überraschend seinen Rücktritt angekündigt. Der US-Ökonom war wegen “klimaleugnenden Aussagen” ins mediale und politische Kreuzfeuer gekommen. Ihm soll nun mitten im Reformprozess der indisch-amerikanisch Manager Ajay Banga folgen.

Sollte die Weltbank ihre Kreditvergabe-Kriterien stärker an der Klimapolitik des Landes orientieren?