Das Massaker von Bucha bei Kiew schockiert die Welt, doch – wie schon von mehrere Personen vor Ort befürchtet – soll es kein Einzelfall sein. Auch in anderen Kiewer Vororten sollen sich Massaker durch russische Soldaten ereignet haben. Die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft hat bereits mehr als 7000 diesbezügliche Meldungen registriert.

Die meisten Opfer gibt es in Borodjanka, sagte Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa der Agentur “Unian” zufolge am Montagabend. “Ich denke, wir werden gesondert über Borodjanka sprechen”, sagte sie. “Die Situation mit zivilen Opfern ist dort am schlimmsten.” Die Staatsanwältin befürchtet, die Ereignisse in Borodjanka könnten jene in Bucha “überschatten”. Borodjanka ist nur 20 Kilometer von Bucha entfernt.

Selenskyj: Schlimmere Verbrechen als in der Nazi-Zeit

Auch Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärte bereits am Montag in einer Videoansprache, die Zahl ziviler Opfer könnte in Borodjanka und anderen befreiten ukrainischen Städten viel höher sein als in Bucha. “In vielen Dörfern der befreiten Bezirke der Regionen Kiew, Tschernihiw und Sumy haben die Besatzer Dinge getan, die die Einheimischen nicht einmal während der Nazi-Besetzung vor 80 Jahren gesehen haben. Die Besatzer werden auf jeden Fall die Verantwortung dafür tragen”, sagte Selenskyj.

Selenskyj unterstrich, wie wichtig es ist, dass Journalisten die Folgen der Kämpfe in den befreiten ukrainischen Städten dokumentieren. “Wir bieten Journalisten maximalen Zugang zu Bucha und anderen befreiten Städten der Ukraine. Für Hunderte von Journalisten aus der ganzen Welt. Und wir sind daran interessiert, tausende von Journalisten dort zu haben. So viele wie möglich! Damit die Welt sieht, was Russland getan hat”, sagte er.

Russischer Rückzug könnte Täuschungsmanöver sein

Ebenso warnte Selenskyj: Moskau werde versuchen, die Spuren der Gewalt in Bucha und anderen Städten zu verwischen. “Sie versuchen, die Tatsachen zu verdrehen. Aber wie damals werden sie keinen Erfolg haben. Es wird ihnen nicht gelingen, die ganze Welt zu täuschen.”

Die russischen Streitkräfte hatten vergangene Woche angekündigt, ihre Aktivitäten rund um die Hauptstadt massiv zu reduzieren. Die ukrainischen Streitkräfte warnen hingegen, dass es sich um ein Täuschungsmanöver handeln könnte. Westliche Regierungschefs werfen den Russen seither Kriegsverbrechen vor. Moskau weist die Anschuldigungen zurück.