Die designierte italienische Regierungschefin Giorgia Meloni hat am Freitag ihre Ministerliste vorgestellt. Als erste Frau übernimmt sie das Amt als Regierungschefin in Italien. Außenminister und Vizepremier in der neuen Mitte-Rechts-Regierung wird die Nummer zwei der konservativen Partei Forza Italia und Ex-EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani. Zum Wirtschaftsminister rückt die Nummer zwei der Lega, Giancarlo Giorgetti, auf.

Rasche Regierungsbildung dank eindeutigem Wahlergebnis

Der neuen Regierung wird auch Lega-Chef Matteo Salvini angehören, der den Posten des zweiten Vizepremiers und des Infrastrukturministers übernimmt. Der Spitzenpolitiker der Lega, Roberto Calderoli, wird das Minister für die Regionen führen, der sich mit der Frage der regionalen Autonomie befassen wird. Der römische Polizeichef Matteo Piantedosi wird das Innenministerium leiten. Justizminister wird der pensionierte Richter Carlo Nordio von Fratelli d ́Italia.

Italiens neue Rechtsallianz: (von links) Lega-Chef Matteo Salvini, die Vorsitzende der Fratelli d'Italia Giorgia Meloni und der Chef der Forza Italia Silvio BerlusconiAPA/AFP

Das neue Kabinett besteht aus insgesamt 24 Mitgliedern. Präsident Sergio Mattarella, der Meloni den Auftrag zur Regierungsbildung erteilte, zeigte sich mit der Ministerliste zufrieden. “Die Regierungsbildung war möglich, weil das Wahlergebnis so eindeutig war. Wir haben schnell gehandelt”.

Melonis Fratelli d’Italia hatte mit 26 Prozent der Stimmen die Parlamentswahl am 25. September klar gewonnen. Ihre neue Rechtsallianz mit Lega und Forza Italia verfügt über eine breite Mehrheit in beiden Kammern des italienischen Parlaments.

Giorgia Meloni (M.) präsentiert die neue Regierung, flankiert von Ex-Premier und Chef der Forza Italia Silvio Berlusconi und Lega-Chef Matteo Salvini.APA/AFP/ANSA/ITALIEN OUT/ETTORE FERRARI

Meloni: "Ich bin nicht erpressbar"

An Selbstbewusstsein mangelt es der gebürtigen Römerin nicht. Dies haben auch ihre Verbündeten klar zu spüren bekommen. Bei den Verhandlungen für die Zusammenstellung der Ministerliste geriet Meloni mit Berlusconi (86), Chef der verbündeten konservativen Partei Forza Italia, wiederholt in Konflikt. So wies Meloni entschieden Forderungen des Medienzaren zurück, seine Vertrauensleute in Schlüsselpositionen der neuen Regierung zu hieven.

Berlusconi (M.) und Meloni (l.) gerieten während der Regierungsbildung aneinander.APA/AFP/ANSA/FABIO FRUSTACI/Italy OUT

Berlusconi zeigte sich sichtlich verärgert und beschrieb Meloni, deren Karriere er in den vergangenen Jahren selber gefördert hatte, als “überheblich, rechthaberisch, arrogant und beleidigend”. Meloni ließ sich nicht einschüchtern: Berlusconi habe einen Punkt vergessen: “Ich bin nicht erpressbar”, erwiderte sie trocken, abbringen ließ sie sich von ihren Personalentscheidungen nicht.

Großes Redetalent, Attacken auf illegale Migration, Brüssel und hohe Steuern

“Ich habe zwar Herzklopfen bei dem Gedanken, das Land zu regieren, doch was täte ich in der Politik, wenn ich mich Herausforderungen nicht stellen wollte”, kokettierte sie im Wahlkampf. Die unverheiratete Mutter einer fünfjährigen Tochter wirkt klein und zierlich, doch ihr Aussehen sollte nicht täuschen. Ihre Auftritte sind messerscharf. Ihr Redetalent, ihr kräftiger römischer Akzent und ihre starke Präsenz gehören zu den herausstechenden Merkmalen Melonis.

Die Vorsitzende der Fratelli d'Italia verfügt über viel politische ErfahrungAPA/AFP/ Alberto PIZZOLI

Die aus dem römischen Arbeiterviertel Garbatella stammende Berufspolitikerin wettert gegen illegale Einwanderung, hohe Steuern und die Brüsseler Technokratie. Ihr erklärtes Ziel ist es, die italienische “Identität” vor der Globalisierung zu verteidigen. In ihren Wahlreden verweist Meloni gern auf Italiens christliche Wurzeln und die Werte der traditionellen Familie.

Einzige Oppositionskraft zu Vorgänger Mario Draghi

Meloni punktete in den vergangenen eineinhalb Jahren auch deshalb, weil sie als einzige Parlamentspartei nicht die “Notstandsregierung” von Ex-EZB-Chef Draghi unterstützte, sondern in der Opposition blieb. Ihr Kalkül rentierte sich: Meloni und ihre Partei profitierten von der wachsenden Unzufriedenheit vieler Wähler angesichts von Inflation, explodierender Energiepreise und der verschlechterten Wirtschaftskonjunktur.

Auch die Forderung nach einem besseren Schutz der Grenzen mit dem Slogan “Italien zuerst” kam bei den Wählern gut an. Sie haben bei den Parlamentswahlen bewiesen, dass sie Meloni vertrauen. Jetzt ist für die Rechtspolitikerin die Zeit gekommen, zu zeigen, ob sie auch Talent zum Regieren hat.