Neue Videos zeigen, wie verzweifelt sämtliche Helfer um das Leben der jungen Partygänger kämpften. Augenzeugenberichten zufolge waren die Gassen rund um das Unglücksareal derart voll, dass sich die Rettungskräfte nur schwer ihren Weg durch die Menschenmassen bahnen und zu den Opfern vordringen konnten.

Auf den Online-Videos in sozialen Medien sieht man zudem Dutzende Personen, die am Straßenrand liegend mit blauen Plastikplanen bedeckt waren. Etwa 140 Rettungsfahrzeuge waren im Einsatz. Das Gebiet wurde weitläufig abgesperrt.

Vier Meter enge Gasse wurde zur Falle

Das Massenunglück in der Millionenmetropole Seoul ereignete sich in einer engen, abschüssigen Gasse, als auf den Straßen des Viertels extremes Gedränge herrschte. Für die vorwiegend jungen Partygänger wurde das etwa vier Meter breite Gässchen zur Falle, der sie nicht entkommen konnten: Zahlreiche Menschen seien auf den Boden gestürzt, während andere von oben nachgedrängt hätten, berichteten Augenzeugen. Viele der Opfer seien erdrückt, erstickt oder sie seien niedergetrampelt worden. Alles sei sehr schnell passiert, sodass die Menschen in der Menge kaum Zeit zur Flucht gehabt hätten.

"Es war wie ein Dominoeffekt

“Es war wie ein Dominoeffekt”, sagte ein junger Zeuge dem südkoreanischen Fernsehsender MBC. “Ich habe das Gleichgewicht verloren und bin ebenfalls hingefallen.” Er habe nicht auf Liegende treten wollen. “Menschen waren bewusstlos und riefen nach Hilfe.”

“Da lagen Menschen auf der Straße an der Kreuzung, die reanimiert wurden”, sagte Karl Sunglao aus Kalifornien, der in Seoul als Englischlehrer tätig ist. Als er und seine Freundin um etwa 23 Uhr am Samstag (Ortszeit) aus der U-Bahn-Station gekommen seien um zu feiern, hätten sie zunächst gedacht, ein Gebäude sei eingestürzt. “Es herrschte absolutes Gedränge, wir wussten nicht, was los war.”

Die Leichen wurden in den Morgenstunden in eine Sporthalle transportiert, wo sie von Angehörigen identifiziert werden sollten. Bis zum Sonntagabend war die Identität der meisten Opfer bekannt. Die Behörden richteten zudem eine Leitung für Vermisstenmeldungen ein.

Mindestens 99 Todesopfer sind Frauen

Bei der Massenpanik am Samstagabend sind mindestens 153 Menschen gestorben, mindestens 99 davon sollen Frauen gewesen sein. Darüber hinaus wurden mehr als 103 Menschen verletzt, 19 davon schwer. Unter den Toten sind auch bis zu 22 Ausländer, darunter ein Österreicher wie das Außenministerium Sonntagfrüh bekannt gab. “Mit großer Bestürzung müssen wir den Tod eines österreichischen Staatsbürgers im Zuge der gestrigen Massenpanik in Seoul bestätigen”, teilte das Außenamt mit.

"Itaewon ist jedes Jahr voll, aber heuer war es verrückt"

Das alljährliche Halloween-Fest ist eine der größten öffentlichen Feiern in Südkoreas Hauptstadt. Dieses Jahr fanden wieder zum ersten Mal größere Veranstaltungen zu dem Fest statt, nachdem die Corona-Maßnahmen weitgehend gelockert wurden. Zehntausende Menschen zog es ins Itaewon-Viertel, viele von ihnen in Halloween-Kostümen verkleidet. “In Itaewon ist es jedes Jahr extrem voll, aber dieses Jahr war es einfach nur verrückt”, schrieb eine Frau in einer Instagram-Story. Den Berichten zufolge machten Gerüchte die Runde, dass ein prominenter Youtuber auf dem Weg zu einem Club in der betroffenen Straße oder dort schon angekommen sei. Das habe noch einmal sehr viele Menschen angezogen.

Weltweite Bestürzung

“Das ist wirklich schrecklich”, sagte Präsident Yoon in einer Rede an die Bürger am Sonntag. Solch eine Tragödie im Zentrum von Seoul hätte niemals passieren dürfen. Die Tragödie rief weltweites Bestürzen hervor. US-Präsident Biden erklärte, die USA stünden in dieser tragischen Zeit “an der Seite” Südkoreas. “Wir trauern mit dem Volk der Republik Korea und wünschen allen Verletzten eine schnelle Genesung”, schrieb der Demokrat im Internetdienst Twitter.

Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) ließ ebenfalls via Twitter (im Original auf Englisch) wissen: “Ich bin gerade aus Südkorea zurückgekehrt und zutiefst schockiert über die tragische Massenpanik in #Seoul heute Abend. Meine Gedanken sind bei den Angehörigen der Opfer und allen, die bei der Massenpanik verletzt wurden.” Schallenberg hatte im Zuge einer Reise, die in den vergangenen Tagen von Freitag bis Mittwoch dauerte, Südkorea besucht. Anlass war das 130-jährige Jubiläum der diplomatischen Beziehungen zwischen Österreich und Korea, die voriges Jahr zu einer “Strategischen Partnerschaft” aufgewertet worden waren.