Bereits Ende Juli hat Neuseelands Notenbankchef Adrian Orr zur Überraschung vieler das Anleihe-Kaufprogramm eingestellt. Deshalb rechnete man am 18. August mit einer Erhöhung des Leitzinses im Land. Neuseeland wäre damit die erste entwickelte Volkswirtschaft, die eine Zinswende eingeleitet hat. Dazu kam es – vorerst – nicht. Der Zinssatz blieb unverändert bei 0,25 Prozent, nachdem ein Covid-Fall das Land am Tag zuvor zu weiteren Covid-Beschränkungen veranlasst hatte.

Doch aufgeschoben ist nicht aufgehoben: Das Land kehrt der ultralockeren Geldpolitik schrittweise den Rücken. Die Notenbank will eine drohende Überhitzung der Wirtschaft verhindern. Analysten halten drei Zinserhöhungen bis Jahresende um jeweils 0,25 Prozentpunkte für denkbar. Dann läge der Leitzins in Neuseeland bei einem Prozent.

Neuseeländer sind mit Blick auf die Wirtschaft besonders optimistisch

Grundsätzlich ist die Stimmung im Land gut: Mehr als 78 Prozent der insgesamt fünf Millionen Neuseeländer beurteilen laut einer Umfrage des PEW Research Center sowohl ihre aktuelle als auch ihre künftige wirtschaftliche Lage als gut. Nur in Schweden und Australien sind die Bürger noch optimistischer. Für das laufende Jahr wird eine Zunahme der wirtschaftlichen Gesamtleistung von 3,5 Prozent erwartet. Dank des Aufschwungs sinkt die Arbeitslosenrate schneller als erwartet. Ende Juni waren nur noch vier Prozent der Erwerbstätigen ohne Job – der niedrigste Wert seit Mitte 2019.

Doch wegen der Lohnerhöhungen dürfte die Inflation weiter anziehen. Experten rechnen im Lauf des Jahres mit 3,3 Prozent – so hoch wie zuletzt im Dezember 2011.

Ambitionen zur Zinswende im Euroraum sind zurzeit nicht erkennbar. Im Gegenteil: Die Europäische Zentralbank sieht primär die Gefahr einer zu niedrigen Inflation im Blick – der eXXpress berichtete. Direktorin Isabel Schnabel befürchtet, dass die Inflationsrate mittelfristig unter den Zielwert fallen könnte.