Alarm im Mittelmeer: Wieder Hunderte Migranten in Lampedusa gelandet - der Migrationsdruck auf die EU steigt enorm
In der Nacht auf Montag sind erneut 532 Migranten auf der italienischen Mittelmeer-Insel Lampedusa eingetroffen. Sie wurden von der italienischen Küstenwache einige Seemeilen von Lampedusa entfernt gesichtet und nun im Flüchtlingslager der Insel untergebracht. Knapp 700 Migranten sind momentan in Rettungsschiffen unterwegs nach Sizilien.
In den letzten Tagen häufen sich Ankünfte vom Migranten. So ist die deutsche Schiffs-NGO „Sea Watch-4“ mit 455 Migranten an Bord in Richtung Sizilien unterwegs. Die italienischen Behörden wiesen der Crew nun Trapani als Landungshafen zu. „Unsere Gäste an Bord sind mitgenommen, aber glücklich, dass sie bald landen können“, twitterte die NGO am Montag.
Auch das Schiff “Ocean Viking” der NGO “SOS Mediterranee” hat Ende April laut eigenen Angaben 236 “Bootsmigranten” im Mittelmeer vor Libyen aufgelesen. Man habe die Menschen aus zwei überbesetzten Schlauchbooten in internationalen Gewässern an Bord genommen. Unter ihnen seien mehr als 100 unbegleitete Minderjährige, hieß es auf Twitter. Das Schiff ist mittlerweile auf dem Weg in den Hafen von Augusta, ebenfalls Sizilien.
🔴BREAKING (1/4) Tôt ce matin, des alertes concernant 2 embarcations en détresse dans les eaux internationales au large de la #Libye ont été relayées. pic.twitter.com/lNNJxpHsvc
— SOS MEDITERRANEE France (@SOSMedFrance) April 28, 2021
Neue Flüchtlingswelle in der EU
In Österreich muss man sich angesichts dieser auf eine neue “Flüchtingswelle” vorbereiten: 100.000 Afghanen, Syrer, Algerier, Sudanesen und Pakistani schafften es allein in den ersten drei Monaten dieses Jahres in die “Festung EU”: Im Schnitt also mehr als 1100 pro Tag, insgesamt mehr als das Doppelte der Einwohnerzahl von Steyr oder St. Pölten. Interne Dossiers der EU-Kommission zeigen, dass der “Lockdown” die kriminellen Schleuserbanden kaum behinderte.
"Globales Ungleichgewicht wird größer"
2021 wird eine große Herausforderung für die Migrationspolitik der Europäischen Union werden, konstatiert das „International Centre for Migration Policy Development“ (ICMPD) mit Sitz in Wien in einem Bericht. Die andauernde Covid-19-Pandemie hätte Millionen weitere Menschen in die Armut gestürzt. Sie habe Jobs zerstört und Flucht-Routen abgeschnitten. Illegale Grenzübertritte in die EU konnte das Coronavirus aber dennoch kaum bremsen. Bei diesen gab es lediglich einen Rückgang von 7,8 Prozent zu verzeichnen. Zum Vergleich: Die Mobilität im Tourismus sank um 70 Prozent.
Im Corona-Jahr 2020 verschob sich der Flüchtlingsstrom von der östlichen Mittelmeer-Route (-75 Prozent) zur zentralen Mittelmeer-Route (+155 Prozent) und auch wieder vermehrt zu den Balkan-Routen (+105 Prozent). Die Westafrika-Route zu den Kanarischen Inseln sah einen Anstieg der Fluchtbewegungen um beinahe 900 Prozent, verglichen mit dem Jahr 2019.
Das ICMPD geht davon aus, dass die Covid-19-Pandemie das globale Ungleichgewicht wesentlich verstärken und der Migrationsdruck auf die EU 2021 drastisch steigen wird. „Europa sollte sich auf ein schwieriges Migrationsjahr einstellen und in globale Partnerschaften und Kooperationen investieren, um sich dieser Herausforderung stellen zu können“, mahnt der Expertenbericht.
Auch die ungleiche Verteilung der Covid-Impfstoffe wird den Spalt zwischen reichen und armen Ländern nur noch vergrößern. Es werde wirtschaftlichen Aufschwung dadurch in unterschiedlichen Geschwindigkeiten geben, was zu neuen und stärkeren Migrationsströmen führen würde, warnt Michael Spindelegger, der Leiter des Internationalen Zentrums für Migrationspolitik.
„Bessere Gesundheitssysteme in der EU könnten wie ein Magnet wirken. In der EU ist das Impfen kostenlos. Für Migranten aus Afrika, Lateinamerika und Asien ist das sehr attraktiv“, so Spindelegger weiter.
Der Ausblick liefert die maßgeblichen Faktoren
Der „ICMPD Migration Outlook 2021“ hat sieben Faktoren identifiziert, die für die kommenden Entwicklungen maßgeblich sein werden:
1. Die Entwicklung der Covid-19-Pandemie
Die Migrationsströme werden hauptsächlich davon abhängen, in welcher Geschwindigkeit sich die Wirtschaft erholen können wird.
2. Ungleicher Zugang zu Impfstoff
Länder mit höherem Einkommen werden sich schneller erholen. Schnellere Impfungen bedeuten schnelleren Aufschwung.
3. Größerer Druck auf Migrationspolitik nach der Pandemie
Regierungen sollen sich darauf vorbereiten, den Wählern zu erklären, warum der Aufschwung nicht sofort nach der Pandemie spürbar sein wird – und warum neue Jobs häufig an Migranten gehen werden.
4. Rückschläge in der Kooperation mit Drittstaaten
Die EU sollte alles daran setzen, die Partnerschaften zu verstärken und Kooperationen mit Staaten auszubauen, die schwerer von der Krise getroffen wurden.
5. Die Auswirkung neuer Krisen, wie etwa in der Sahelzone
Der Anstieg auf der Route zu den Kanarischen Inseln deutet darauf hin, dass diese Ströme in naher Zukunft eine große Rolle spielen werden.
6. Verschiebungen entlang der gängigen Routen nach Europa
2021 wird weiterhin viel von der Kooperation zwischen der EU und der Türkei auf der einen und Libyen auf der anderen Seite. Hier muss die EU schnell auf Ereignisse reagieren können.
7. Fortgesetzte Arbeit des „EU Pact on Migration and Asylum“
Der Fokus wird darauf liegen, Kooperationen mit Ursprungs- aber auch mit Transitländern zu stärken.
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