In “Thyphon District” nutzt Rudolf Öller die mythologische Figur des “Typhons”, um die unberechenbaren Kräfte wissenschaftlicher Entdeckungen und die Risiken der Gentechnologie zu symbolisieren. Öller fordert die Leser auf, über die Grenzen des Machbaren nachzudenken und darüber, welche Konsequenzen das Eingreifen in die Natur und die Manipulation von Leben haben kann. Anlässlich seines neuen Buches hat eXXpress Rudolf Öller einige Fragen zu “Thyphon District” gestellt.

eXXpress: Ihr neuester Thriller “Thyphon District” ist kürzlich erschienen. Können Sie uns einen Überblick über die Handlung und die zentralen Themen des Buches geben?

Öller: Ben, ein Biologe, wird gebeten, die Ursachen der Unfruchtbarkeit von vier Schimpansenmädchen zu untersuchen. Es stellt sich heraus, dass der Grund für die Unfruchtbarkeit eine Chromosomenmutation ist, die zur Bildung einer neuen Art führen kann. Das bringt den Chef von Ben auf den Gedanken, die Sache genauer zu untersuchen. Das nach einem Hybridmonster der griechischen Mythologie benannte geheime Projekt “Thyphon District” wird gestartet. Irgendwann erkennen die Mitglieder der Gruppe – qualifizierte Informatiker und Genetiker, – dass es um viel Geld und Machtgier geht, aber da ist es schon zu spät. Eine Mischung aus Neugier, Gleichgültigkeit und Geldgier treibt sie voran bis zum bitteren Ende.

eXXpress: Ethik der Wissenschaft: Ihr Buch befasst sich unter anderem mit den ethischen Aspekten der wissenschaftlichen Forschung und behandelt die Möglichkeiten und Grenzen der Wissenschaft. Was ist Ihre persönliche Meinung zu dem Thema “Gentechnik”?

Öller: Im Buch erklären einige der Biologen ungerührt, dass es keine Ethik der Biologie gibt, und dass nur die Biologen eine Ethik entwerfen können. Ein Mitglied der Gruppe sagt wörtlich: Du weißt gut, dass jede Grundlagenforschung ergebnisoffen ist. Nur diese Idioten von Ideologen und Ethikern wissen immer schon zu Beginn, was richtig und falsch ist, und das, ohne zu denken. Im Übrigen ist unser Projekt geheim. Niemand mischt sich ein, nicht einmal irgendwelche Beamte, auch nicht die Presse. Wir können machen, was wir wollen.”

Ich persönlich bin der Meinung, dass nur die Wissenschaftler und Menschen mit einer naturwissenschaftlichen Grundbildung in der Lage sind, eine Ethik zu entwerfen. Es wird nötig sein, dass sich unsere Gesellschaft öfter mit Fragen der modernen Wissenschaft auseinandersetzt. Im Übrigen sieht die Ethik einer Gesellschaft mit konfuzianischer Philosophie anders aus als eine jüdische oder christliche Ethik. Eine weltumfassende Ethik gibt es nicht und wird es nie geben.

Die Gentechnik wird immer noch mit Skepsis betrachtet oder sogar abgelehnt. Einbremsen oder abschaffen kann sie jedoch niemand. Was diese Wissenschaft in den nächsten Jahrzehnten bringen wird, ahnen wir bestenfalls, aber im Bereich Pharmazie wird sie Großes leisten. Das wissen wir heute schon.

eXXpress: Was ist die zentrale Botschaft, die Sie mit “Thyphon District” vermitteln möchten? Welche Erkenntnisse hoffen Sie, dass die Leser aus der Geschichte mitnehmen?

Öller: Wissenschaftler sind “freie Radikale”. So nennen sie sich in meinem Thriller mehrmals selbst. Sie tun, was sie können, weil sie niemand daran hindert und niemand weiß, was sie machen. Einmischungen des Staates bringen nichts, denn wenn eine bestimmte Technik irgendwo verboten wird, dann wandern die Wissenschaftler eben aus nach Israel, nach China, nach Vietnam, nach Kambodscha. Genau das passiert in meinem Buch.

Die EU, die zurzeit alles bis ins kleinste Detail regulieren will, steht in Wahrheit auf verlorenem Posten. Die EU kann die eigene Industrie, die eigenen Wirtschaftstreibenden und die eigenen Wissenschaftler bis zum Niedergang drangsalieren, anderswo in der Welt aber nicht. Im Buch zitiere ich einen britischen Nobelpreisträger aus dem 19. Jahrhundert: “Hätten Regierungslaboratorien bereits in der Steinzeit gearbeitet, wir hätten heute fabelhafte Steinbeile, niemand hätte jedoch die Metalle entdeckt.” Die Leser sollen mitnehmen, dass keine Bürokratie der Welt, auch nicht die EU, Wissenschaft auf Dauer regulieren kann.

eXXpress: Inwiefern thematisiert Ihr neues Buch die Verantwortung der Wissenschaft gegenüber der Natur und den ethischen Herausforderungen, die mit wissenschaftlichen Fortschritten verbunden sind?

Öller: Ich war viele Jahre im Bereich Naturschutz ehrenamtlich tätig und habe mehrere persönliche Erlebnisse in die Handlung eingebaut. Ich beobachte den weltweiten Rückgang der natürlichen Ökosysteme mit Sorge. Ich erzähle meine Geschichte daher mit einer Portion Defätismus, was manche Leser erschrecken wird. Ein Rezensent einer Tageszeitung hat meinen Text “kaltschnäuzig” genannt. Er hat nicht übertrieben. In meinem Buch prallen Fragen des Tier- und Artenschutzes und Fragen der modernen Biologie frontal, geradezu schmerzhaft, aufeinander. Eine der Beteiligten, eine tierliebende Zoologin, erleidet deshalb einen Nervenzusammenbruch. Ich behandle die Fragen, gebe aber keine Antworten. Das überlasse ich den Lesern.

eXXpress: In Ihrem neuen Buch kritisieren Sie die gegenwärtige Wokeness und den Genderwahn. Inwiefern beeinflusst die Wokeness-Ideologie die Freiheit der Wissenschaft und der Lehre?

Öller: Wokeness und Genderismus sind Ideologien, die mit Fortschritt nichts zu tun haben. Es wird lediglich so getan, als handle es sich um Progression. Ich nenne diesen Irrtum “progressoid”. Echter Fortschritt ist immer eine Folge freier Grundlagenforschung, wobei auch Fehler passieren. Der österreichische Philosoph Popper hat einmal zu den Naturwissenschaften gemeint: “Wir irren uns empor”.

Meiner Meinung nach machen zu viele junge Leute einen Bogen um die MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik), weil sie schwierig sind. Tatsächlich sind diese Fächer kein Honiglecken, aber sie erweitern im Gegensatz zu den Ideologien den Horizont und zeigen, was möglich ist. Das ist manchmal hoffnungsreich, manchmal erschreckend.

Genderismus ist nichts als sprachzerstörende Zeitverschwendung. Wokismus ist das auch, weil das Prinzip der Achtsamkeit und des Respekts seit Jahrtausenden in allen Religionen verankert ist. Eine Neuerfindung ist so sinnvoll wie die Neuerfindung des Rades. Fast alle Ideologien, die heute produziert werden, sind in Wahrheit intellektuelle Rostlauben, die leider Einfluss in den Gesellschaftswissenschaften haben. Sie haben aber keinerlei Einfluss auf den Gang der relevanten Wissenschaften.

TYPHON DISTRICT: DIE CHIMÄREN DER GRUPPE AK-46
Von Rudolf Öller
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