Andreas Tögel: BRICS-Staaten und die Dominanz des Dollars
Kommt eine goldgedeckte Alternative zum „Greenback“?, fragt eXXpress-Kolumnist Andreas Tögel. Die BRICS-Staaten denken über die Einführung einer gemeinsamen, eventuell goldgedeckten Alternative zum US-Dollar nach. Das wäre eine Herausforderung für die auf ungedeckten Papierdollars schwimmenden Industriestaaten.
Nachdem das Britische Pfund lange Zeit als Leitwährung fungiert hatte, leben wie seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs in einem Dollarstandard. Der „Greenback“ ist seither die internationale Leit- und Reservewährung. Bis vor nicht allzu langer Zeit schien es klar zu sein, dass sich das nie ändern würde. Seit dem wirtschaftlichen Aufstieg Chinas haben sich die geopolitischen und ökonomischen Gewichte indes verschoben. Die Bedeutung des USD schrumpft – genau wie die der G7.
Aus dem Kreis der Mitglieder des BRICS-Bündnisses (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika), die im August zu einem Gipfeltreffen in Südafrika zusammentreffen werden, verlautet, dass über die Einführung einer gemeinsamen, eventuell goldgedeckten Alternative zum US-Dollar nachgedacht wird. Würde es wirklich so weit kommen, wäre das eine Herausforderung für die auf einem Meer ungedeckter Papierdollars schwimmenden westlichen Industriestaaten.
Die BRICS-Staaten repräsentieren 40 Prozent der Weltbevölkerung
Faktum ist, dass die Ära ungedeckten Fiat-Geldes noch nicht lange währt. Nachdem zuvor eine Goldbindung des US-Dollars bestand, auf dem das 1944 geschaffene Bretton-Woods-System mit seiner internationalen Währungspyramide aufbaute, wurde diese am 15. August 1971 von US-Präsident Richard Nixon beendet. Seine Administration musste wegen des kostspieligen Vietnamkrieges befürchten, ihre Goldreserven zu verlieren und zog daher die Notbremse – was de facto die größte Enteignungsaktion der Geschichte bedeutete.
Die Staaten des BRICS-Bündnisses repräsentieren mit 3,2 Milliarden Menschen, derzeit rund 40 Prozent der Weltbevölkerung, die G7 dagegen nur rund 10 Prozent, und 32 Prozent der Welt-Wirtschaftsleistung. Trotzdem sind sie im IWF und in der Weltbank mit nur 15 Prozent des Stimmgewichts vertreten. Das schürt Unmut. Weitere Brisanz erhält das Szenario einer alternativen BRICS-Währung durch den Umstand, dass es mit Ägypten, Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Argentinien, Indonesien, Kasachstan und Iran, eine ganze Reihe von weiteren Staaten gibt, die dem Bündnis beitreten wollen. Die Bedeutung der G7 für die Weltwirtschaft wird also weiter abnehmen.
Viele Staaten reduzieren ihre Abhängigkeit vom dollardominierten Weltfinanzsystem
Thorsten Polleit vom deutschen Goldhandelshaus DEGUSSA erkennt im Einsatz des Dollars als geopolitische Waffe zur finanziellen Kriegsführung, ein Motiv für die Währungsambitionen der BRICS-Staaten. Das Einfrieren russischer Dollarguthaben durch die USA und deren europäische Vasallen sind ein Alarmsignal für viele Staaten, die sich der westlichen Hegemonie nicht widerstandslos unterwerfen wollen. Die Gefahr, durch die USA und deren Pudel willkürlich vom Weltfinanz- und Zahlungssystem abgeschnitten zu werden, befördert die Suche nach einer sicheren Zahlungsalternative.
Dass sich währungspolitisch auf der Weltbühne bald einiges tun könnte, wird durch die Tatsache unterstrichen, dass die Zentralbanken begonnen haben, sich mit Gold einzudecken. Laut DWN sind im Vorjahr 1136 Tonnen des gelben Metalls in staatliche Tresore gewandert und das erste Quartal 2023 markierte mit weiteren 228 Tonnen einen rekordverdächtig starken Zukauf. Den größten Anteil an den Goldkäufen hatten übrigens die BRICS-Staaten und mehrere deren Aspiranten auf eine Mitgliedschaft im Bündnis.
Die Umschichtung von Dollar- auf Goldreserven und die damit verbundene Reduktion der Abhängigkeit vom dollardominierten Weltfinanzsystem ist für viele Staaten des globalen Südens ein erster Schritt in Richtung Währungssicherheit. Die gerüchtehalber kolportierte Einführung einer goldgedeckten BRICS-Währung (die natürlich nicht ohne weiteres von heute auf morgen zu realisieren ist!), wäre ein logischer, nächster Schritt und zugleich eine geldpolitische Kriegserklärung an die Dollarhegemonie. Es darf gespannt den Ereignissen entgegengeblickt werden, die auf dem für August anberaumten BRICS-Gipfel stattfinden.
Eine mit Gold unterlegte Währung hätte den Vorteil des Kaufkrafterhalts
Wer die Geschichte des Geldes von seinen Anfängen bis heute betrachtet, wird feststellen, dass das Beharrungsvermögen der Geldnutzer groß ist. Man gibt in Geldfragen nicht einfach etwas Bewährtes auf, um auf etwas Neues, Unbekanntes und Unerprobtes umzusteigen. So hat es die politischen Eliten doch erhebliche Mühe gekostet, den Deutschen und Österreichern einen Umstieg von DM und Schilling auf den Euro schmackhaft zu machen. Ohne den Menschen eine ganze Serie von Lügenmärchen aufzutischen („Der Euro wird genauso hart sein wie die DM! Niemand hat die Absicht, das Bankgeheimnis anzutasten!“) hätte es nicht geklappt. Allerdings haben die Europäische Union und die EZB mit dem serienweisen Bruch von in Maastricht vertraglich festgelegten Vereinbarungen, viel von ihrer Glaubwürdigkeit eingebüßt und einer zunehmend unionskritischen Opposition die Grundlagen geliefert.
Zwar ist es grundsätzlich vorteilhaft, in einem möglichst großen Wirtschaftsraum mit einer einheitlichen Währung zu handeln, weil dadurch Transaktionskosten und Wechselkursrisken wegfallen. Allerdings steht dem das Risiko einer politisch-ideologisch motivierten, inflationistischen Weichwährungspolitik gegenüber, die zwar der Nomenklatura nutzt, aber den Geldnutzern schadet, indem sie sie mit einer Inflationssteuer belegt.
Eine mit Gold unterlegte Währung indes, wie sie künftig möglicherweise vom BRICS-Bündnis herausgegeben werden könnte, hätte für deren Nutzer den Vorteil des langfristigen Kaufkrafterhalts. Im internationalen Konzert der Währungen würden goldgedeckte „BRICS“ jedenfalls eine reizvolle Alternative – sowohl zum staatlichen Fiat-Geld, als auch zu dezentralen privaten Alternativen wie Bitcoin bieten. Konkurrenz belebt bekanntlich das Geschäft und steigert die Qualität des Angebots – jedenfalls abseits der Sphäre der Politik. Dort herrscht ja bekanntlich ein Wettbewerb der Gauner, der, wie F. A. Hayek es ausdrückt, die Übelsten an die Spitze bringt.
Kommentare