Anna Dobler: Das Versagen der Frauenquote
Jüngst geleakte Chat-Protokolle aus türkisen Kreisen belegen, dass die erzwungene Besetzung von Frauen in Führungspositionen ein von vornherein zum Scheitern verurteiltes Vorhaben war.
Als “nervig” bezeichnete 2019 eine türkise Netzwerkerin laut privater Chat-Protokolle, die im Zuge von Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft in die Öffentlichkeit gelangt sind, die Suche nach weiblichen Kandidaten für den Öbag-Aufsichtsrat. 2018 herrschte in Österreich eine verpflichtende 35-prozentige Frauenquote für Aufsichtsräte in Staatsbetrieben, die mittlerweile auf 40 Prozent erhöht worden ist. Immer wieder werden jetzt Rufe laut, wonach diese noch zu niedrig sei. Grundsätzlich ist die Idee nach mehr Vielfalt in Führungspositionen zwar zu begrüßen, wie aber die türkisen Chats jetzt beweisen, scheitert die Idee an der Realität: Frauen reagieren immer noch zu zurückhaltend, wenn es darum geht, tatsächlich Verantwortung zu übernehmen.
Reihenweise sagten der türkisen Netzwerkerin damals top-qualifizierte Frauen für den durchaus lukrativen Aufsichtsrat-Job ab. “Scheiß Quote”, verzweifelte sie mit der Zeit, wie man den Nachrichten entnehmen kann, weil es auf der anderen Seite viele Männer gegeben hätte, die durchaus Interesse an der Position gezeigt haben. Das Problem ist nicht neu.
Es liegt bisweilen auch an den Frauen selbst
Seit einigen Jahren bemüht sich auch der Gemeindebund unermüdlich um mehr Frauen für kommunale Ämter. Denn noch immer ist die Zahl der weiblichen Bürgermeister in Österreich zu niedrig. Doch die aktive Suche nach einer geeigneten Kandidatin erweist sich vielerorts als schwierig. Nicht etwa, weil es keine Frauen in der Politik gäbe, sondern weil viele von ihnen zurückhaltend reagieren, wenn es darum geht, in die erste Reihe vorzurücken.
Einerseits wird da die schwierige Vereinbarkeit von Familie und Karriere ins Treffen geführt, etwa weil Gemeindesitzungen oft am Abend stattfinden und nicht selten bis in die späte Nacht dauern. Anderseits haben Frauen in der Vergangenheit gelernt, dass sie eher ins Visier von Hass und Missgunst geraten als Männer, sobald sie im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen. Besonders Frauen, die nicht dezidiert links sind, müssen sich hier ein dickes Fell zulegen. Dieser Preis ist vielen daher zu hoch, weswegen sie lieber freiwillig verzichten. Erschwerend kommt hinzu, dass die Etikette “Quotenfrau” die eigene Leistung und Qualifikation zu überschatten droht.
Wer tatsächlich die Besten will, sollte nicht von vornherein die Auswahl künstlich einschränken. Damit tut man niemandem einen Gefallen. Mehr Frauen in Führungspositionen muss zwar das Ziel sein – aber ohne gesetzliche Regelung. Und Hand aufs Herz: Es liegt bisweilen auch an den Frauen selbst.
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