
Ausgerechnet Radasztics: Zweifel an Richter im Kurz-Prozess
Erste Amtshandlung von Richter-Neuling Michael Radasztics im Prozess gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz. Er musste sich selbst für nicht befangen erklären. Die Zweifel der Verteidigung an seiner Objektivität sind damit nicht ausgeräumt.
Zufälle gibt’s: Den Prozess gegen Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz (36) wegen angeblicher Falschaussage vor dem Ibiza-Untersuchungsausschuss leitet mit Richter Michael Radasztics ein Neuling. Er ist erst seit 1. Jänner Richter, reüssierte zuvor als Anwalt in der Telekommunikationsbranche, arbeitete sich als Gruppenleiter bei der Staatsanwalt im Eurofighter-Verfahren ab. Inzwischen leitet er eine von zehn Wirtschaftsabteilungen der Wiener Justiz. Ein computergesteuertes Aktenverteilungssystem spielte ihm wie bei einem Zufallsgenerator die Causa Kurz zu.
Kein glückliches Los, wie die Verteidigung von Sebastian Kurz überzeugt ist und zu Prozessbeginn am Mittwoch prompt einen Befangenheitsantrag gegen den Richter einbrachte. Natürlich ohne Erfolg, Radasztics lehnte ihn selbst ab.
Und nutzte dabei die Gelegenheit, mit einem alten Gerücht aufzuräumen. Er habe nie ein besonderes Naheverhältnis zu Peter Pilz gehabt, einem der hartnäckigsten politischen Gegner von Ex-Kanzler Kurz – und schon gar kein freundschaftliches.
Richter landete fast selbst auf der Anklagebank
Längst nicht der einzige Kritikpunkt an dem Richter. Radasztics war sieben Jahre lang allein für den Eurofighter-Akt zuständig, ehe ihm 2019 die Ermittlungen entzogen und der WKStA übergeben wurden. Eine Kollegin wechselte damals zur WKStA und nahm den Fall in die neue Behörde mit. Der Vorgang sorgte für schwere Verwerfungen mit dem später suspendierten Justizsektionsschef Christian Pilnacek.
Im Eurofighter-Komplex wurde auch ein Befangenheitsvorwurf gegen Radasztics laut: Ein Gutachter im Eurofighter-Verfahren wurde im Lauf der Jahre ein Freund des Staatsanwalts. Die Anklage wurde nach zweimaliger Durchsicht durch den Weisungsrat im Justizministerium vom Oberlandesgericht Wien eingestellt.
Jahrelang hatte Radasztics auch gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser wegen Amtsmissbrauchs und Geldwäsche ermittelt. Allerdings erfuhr Grasser davon aber offiziell nichts. Deswegen landete Radasztics fast selbst auf der Anklagebank, ihm wurde Amtsmissbrauch vorgeworfen. Der Vorwurf: Radasztics habe die Eurofighter-Ermittlungen gegen Grasser missbräuchlich „abgebrochen“, jedoch nicht formell eingestellt. Der Staatsanwalt wehrte sich erfolgreich, es sei alles nach den “Regeln der Kunst” abgelaufen.
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