Covid-Intensivpatienten: Was uns der Gesundheitsminister nie gesagt hat
Eine Investigativ-Umfrage in Österreichs Spitälern bringt wichtige Zahlen ans Licht, die von öffentlicher Hand so nie veröffentlicht oder gar erhoben wurden – und das, obwohl sie die Impf-Bemühungen der Regierung stützen würden. Das Ergebnis: Der Löwenanteil aller Covid-Intensivpatienten in Österreich ist ungeimpft.
“Wer wissen will, wie viele der Corona-Intensivpatienten bereits geimpft sind – und wie viele nicht –, der sollte sich lieber nicht aufs Gesundheitsministerium verlassen”: Mit diesen Worten läutet Journalist Jakob Winter die Enthüllung einer aktuellen Kleinstudie ein, die Zahlen zur Coronapandemie veröffentlicht, die so bislang noch keiner gesehen hat. Warum? Weil sie einfach nicht erhoben werden. Weder Ressort von Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein noch die Bundesländer haben bislang untersucht, in welcher Relation der Immunstatus von Personen auf den Intensivstationen dieses Landes zu ihrem offensichtlich schweren Krankheitsverlauf steht.
Und das, obwohl gerade dieser Zusammenhang viel Aufschluss über die tatsächliche Wirksamkeit der Schutzimpfung gegen Covid-19 geben könnte. Winter hat in den vergangenen Wochen und Tagen recherchiert und alle Spitäler des Landes durchtelefoniert. Das Ergebnis: Die Impfung wirkt – “meistens zumindest “, so die Conclusio des “Profil”-Redakteurs.
Um diese Zahlen herauszufinden, musste ich alleine in Wien den Wiener Gesundheitsverbund, den Leiter der Intensivstation am AKH, die Ordensspitäler und das Franziskusspital durchtelefonieren. Denn das Gesundheitsministerium erhebt diese Zahlen schlicht nicht.
— Jakob Winter (@winter_jakob) August 8, 2021
Die Ergebnisse Im Detail: Mit Stand von Mitte vergangener Woche (also Mittwoch, dem 3. August 2021) lagen 31 Menschen mit einer Corona-Infektion auf den Intensivstationen Österreichs. Und auch wenn es sich bei dieser Zahl um eine zugegebenermaßen sehr geringe Grundgesamtheit handelt, ließ sich aus dem Erfragten ein klarer Trend ablesen. Und dieser lautet: Die Gefahr, als Ungeimpfter im Spital bzw. auf der Intensivstation zu landen, ist um ein Vielfaches höher, als wenn man bereits ein “Jaukerl” erhalten hat.
Die Zahlen im Detail: Von den 31 Personen, die am Mittwoch intensivmedizinisch betreut werden mussten, waren 24 ungeimpft. Zwei weitere Patienten hatten richtig Pech und infizierten sich vor der zweiten Teilimpfung, sie hatten noch keinen ausreichenden Impfschutz aufgebaut. Demnach war zum Stichtag eine deutliche Mehrheit von insgesamt 84 Prozent der Intensivpatienten ohne vollständigen Impfschutz. Die restlichen 16 Prozent (fünf Personen) waren doppelt geimpft und landeten trotzdem auf der Intensivstation. Eine hundertprozentige Garantie, dass sich ausreichend Antikörper bilden, gibt es auch für Geimpfte nicht.
Der Gesundheitsminister kennt ihn nicht. Virologen auch nicht. profil hat ihn recherchiert: den Anteil der Intensivpatienten ohne vollständigen Impfschutz. Dafür hat @winter_jakob Spitäler, Intensivstationen und Mediziner durchtelefoniert. https://t.co/es6PUi3o7i
— profil online (@profilonline) August 8, 2021
Auch Kliniken aus Tirol bestätigen das deutlich höhere Risiko für Ungeimpfte: Im Mai und Juni wurden in allen Kliniken des Landes 34 neue Corona-Patienten auf Intensivstationen aufgenommen, wie die profil-Auswertung zeigt. Nur zwei von ihnen waren vollimmunisiert, vier weitere erstgeimpft. Der Anteil von nicht vollständig Immunisierten liegt bei 94 Prozent.
Zeitgleich mit dem “Profil2 veröffentlichte auch die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) neue Daten zur Wirkung der Impfung. Diese hat den Anteil vollständig Geimpfter unter symptomatischen Corona-Fällen mit dem Anteil vollständig Geimpfter in der Gesamtbevölkerung verglichen. Das Ergebnis; Für die Altersgruppe über 60 Jahren liegt die Impfeffektivität bei 92,2 Prozent. Unter allen 266.411 Neuinfizierten seit Jahresbeginn waren auch 1656 geimpfte Personen, bei denen es zu einem sogenannten Impfdurchbruch kam.
Im aktuellen @profilonline finden sich noch viele Details zu den Intensivpatienten. Vor allem zu denen, die trotz Impfung im Spital landeten. pic.twitter.com/mjCjN1eimU
— Jakob Winter (@winter_jakob) August 8, 2021
Diese neuen Zahlen schlagen nicht nur hohe Wellen auf Social Media, sondern auch unter Experten und Medizinern selbst. Die Toleranz gegenüber Impfskeptikern schwindet vor allem bei Intensivmedizinern zusehends und halten sich nicht mit Kritik gegenüber “unverantwortlichen” Medienberichten, ungeimpfen Risikopatienten und auch nicht gegenüber dem Gesundheitsminister selbst zurück.
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