Daniela Holzinger: Rote Streitschrift – was plant Doskozil?
Der 1. Mai war schon zum Greifen nah – der Tag der Arbeit. Nur eine Woche galt es in der Löwelstraße noch zu überstehen, dann würde man endlich wieder ein wenig feiern und vergangene Erfolge beklatschen dürfen, meint eXXpress Kolumnistin Daniela Holzinger.
Obwohl, auch da hat sich in den letzten Jahren vieles vom roten Zauber verflüchtigt. Beginnend mit dem wenig ruhmreichen Moment, als Werner Faymann unter den Augen des Rathausmannes aus seinen Ämtern gepfiffen wurde (ja gepfiffen werden musste), bis hin zur pandemiebedingten Verbannung der „Aufmärsche“ ins Netz. Einer Welt, in die viele Kinder der 60er-Jahre nicht mehr folgen wollen – das Gros der Genossen.
Dort, wo die Musik noch spielt, kümmern sie niemanden mehr
Aber auch sonst gibt es aktuell sehr wenig, dem die SPÖ-Zentrale freudig entgegensehen dürfte. Der alte Kahn ist am Sinken, sein Kurs mittlerweile fast schon egal. Wer noch an Bord ist, der klammert sich verzweifelt fest oder versucht unter Einsatz aller verfügbaren Ellenbogen noch schnell etwas höher zu klettern, sich den steigenden Fluten noch etwas länger zu entziehen.
Die 3. Klasse, das Unterdeck, die Arbeiter – schon längst verloren. Dort, wo die Musik noch spielt, kümmern sie niemanden mehr. Man setzt auf Bobos und Blasen, konkurriert sich mit grüner Lifestyle-Politik und hofft auf glückliche Umstände.
Der Aussteiger
Ein Weg des langsamen Untergangs, den einer nicht mehr bereit ist mitzugehen. Hans Peter Doskozil, seines Zeichens Wahlsieger und alleinregierender Landeshauptmann des roten (Hoch-) Burgenlandes. Ihm reichts. Offensichtlich.
Anders ist sein, mitten in die Vor-Feiertagsstimmung platzendes, Schreiben „an die Mitglieder des SPÖ Präsidiums“ kaum zu erklären.
Er wolle die „ständige mediale Diskussion“ beenden, liest man dort und doch ist der (geleakte?) Brief genau das – der wahrscheinliche Beginn einer noch intensiveren, noch öffentlicheren Debatte um die Zukunft der Sozialdemokratie.
Und mehr noch, ist er eine Klärung der Fronten: Hier der Anpacker, der Ex-Polizeichef der das Flüchtlingschaos managte. Der über Parteigrenzen hinweg geschätzte Verteidigungsminister a. D. den Airbus tatsächlich „kennen“ und fürchten lernte. Der Landesvater mit Ecken, Kanten und einer vorzeigbaren sozialpolitischen Leistungsbilanz, vom Mindestlohn bis zur Pflege. Der politische Quereinsteiger, der sich nicht scheute beim Poker um sein Land die blaue Karte zu spielen und letztlich als Sieger vom Tisch ging. Doskozil.
Und dort Pamela Rendi-Wagner, die erste Frau an der Spitze der SPÖ, die wie sie alle wissen eigentlich ja Ärztin ist.
Nein, Doskozil wird keine ihrer Entscheidungen mehr auf seine Schultern nehmen und kein weiteres Mal als Vize-Parteichef kandidieren. Das hat er unmissverständlich klargemacht, auf dreieinhalb Seiten freundschaftlich-schonungsloser Abrechnung. Doch was ist der Zweck der Übung?
Kommt die Liste Doskozil?
Eher nicht. Der Landeshauptmann ist kein Hasardeur, er weiß um die Verantwortung seines Amtes und auch genau, was er seinen GenossInnen im Osten zumuten kann.
Wahrscheinlicher ist daher, dass man den eigenen Weg nun noch akzentuierter gehen und versuchen wird, das „Modell-Burgenland“ parteiintern und in der öffentlichen Wahrnehmung zur Alternative aufzubauen. Spätestens nach den nächsten, absehbar ernüchternden SP-Wahlergebnissen auf Bundesebene, sind die Weichen dann neu zu stellen und für Doskozil und sein Team alle Chancen da.
Zumal es hierzulande durchaus Vorbilder für den erfolgreichen Neustart einer alten Partei gibt.
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