Er ist Insider und warnt – immer eindringlicher. Vor einem Islamismus, der längst kein Randphänomen mehr ist, und vor einem Terrorismus, der immer bedrohlicher wird. Ebenso scharf kritisiert er die Verharmlosung dieser Gefahr und die ungeschickten Reaktionen der Politik. Die Asyl- und Einwanderungspolitik sei überdies zu lasch.

Die Rede ist von Rusen Timur Aksak, geboren 1985, aufgewachsen in Kufstein als Kind türkischer Einwanderer. Er arbeitete jahrelang als Redakteur für verschiedene Medien – und war 2019, also vor nicht allzu langer Zeit, Pressesprecher der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ). Heute nutzt er als selbstständiger Medienberater seine neu gewonnene Unabhängigkeit für offene Kritik und pointierte Stellungnahmen.

Gegen Relativierungen und Fokus auf TikTok

Vor allem auf der Plattform X nimmt sich Aksak schon lange kein Blatt vor den Mund. Zwei Tage nach dem Anschlag von Villach beklagt er: „Gestern noch Abscheu und klare Kante gegen Terror, heute schon Dissonanz, Widerspruch und Relativierungen. Es ist ein und dasselbe Muster. Wir kommen nicht vom Fleck. Ein einziges Elend.“

Die anschließende Debatte um ein TikTok-Verbot geht für ihn in eine falsche Richtung: „Bei aller berechtigten TikTok-Schelte dürfen wir nicht vergessen, dass es dennoch eine Nachfrage nach solchen Inhalten gibt. Der Islamismus ist bereits Mainstream geworden. Wir haben zu lange, zu eifrig geschlafen.“

„Wir haben keinen Raum mehr für Illusionen“

Wie schlimm die Lage ist, zeige der Polizeischutz für jenen mutigen Syrer, der den Villacher Attentäter mit seinem Auto rammte und damit Schlimmeres verhinderte. Aksak: „Der couragierte Syrer, der den Attentäter von Villach angefahren hat, wird übrigens massiv attackiert & bedroht. Während auf TikTok & Co. der Attentäter gepriesen wird. Wir haben keinen Raum mehr für Illusionen.“

Rückführungen für Wehrdienstverweigerer nach Syrien

Nach dem Anschlag erinnert Aksak an seinen eigenen Vorschlag aus dem Dezember, mit einer Rückführung von Syrern nach dem Ende des syrischen Kriegs zu beginnen: „Als ich nach dem Sturz des Assad-Regimes gesagt habe, man müsse jene jungen Syrer, die Wehrdienst verweigert hatten & deswegen bei uns Asyl erhielten, wieder rückführen, wurde ich hart kritisiert. Jetzt lese ich: Der Villacher Attentäter war auch so ein Fall. Bitter.“

Scharfe Kritik an leeren Politik-Phrasen

Den Regierungspolitikern wirft der ehemalige Sprecher der Islamvertretung massive Überforderung vor: „Die Betroffenheitsprosa nach dem Anschlag in Villach ist nicht auszuhalten. Und Sprüche à la ‚volle Härte des Gesetzes ist anzuwenden‘? Ja, eh, aber der Schaden ist ja schon angerichtet. Ein 14-Jähriger zu früh aus dem Leben gerissen… An den immer gleichen Phrasen kann man die Ahnungslosigkeit der politischen Kaste ablesen, volle Fahrt ins Nirgendwo.“

„Dümmliche“ Rhetorik der Islamvertretung

Auch die IGGÖ nimmt Aksak in die Pflicht. Die üblichen Wortmeldungen hält er für völlig verfehlt: „Wenn ich mir eines wünschen dürfte, dann dass organisierte Muslime nie wieder diesen dümmlichen Take mit ‚Islam Religion des Friedens‘ bringen dürfen. Das wirkt mittlerweile wie Hohn.“

Aksak unterstützt Anti-Ghetto-Gesetz gegen „absurde“ Kritik des EuGH

Auch die EU bleibt nicht verschont. Konkret kritisiert Aksak den Europäischen Gerichtshof (EuGH), der ein dänisches Gesetz als diskriminierend einstuft, das den Migrantenanteil in Brennpunkt-Stadtteilen begrenzen sollte. Sein Kommentar: „EuGH stört sich an dänischem Gesetz, das im Grunde dafür sorgen soll, dass eben keine integrationsresistenten, rein-migrantischen Ghettobezirke entstehen. Und mehr muss man über den Stand der Dinge nicht mehr wissen. Alles absurd.“

Der Austro-Türke verlor irgendwann die Geduld

Rusen Timur Aksak kennt die migrantischen und islamischen Communities in Österreich genau. Zunächst berichtete er über sie, später vertrat er die IGGÖ. Doch der fehlende Wille, Fehlentwicklungen offen zu benennen, frustrierte ihn zunehmend. 2022, nach Massenvergewaltigungen eines Mädchens durch junge Migranten, beklagte er: „Die letzten Tage haben einmal mehr gezeigt, dass gewisse Kreise ihre verdammte Ideologie mehr lieben als die Menschen in ihrer Gesellschaft.“

Bräuchten Demos gegen Terror statt Demos gegen Rechts

Nach dem Anschlag in München kann Aksak mit den immer gleichen Anti-Rechts-Demos nichts mehr anfangen. „Also dürfen wir Folgendes erwarten: Betroffenheitsprosa, die wir schon auswendig kennen, und alsbald Demos gegen Rechts, auch wenn es sich empirisch erwiesen hat, dass Attentäter davon nicht abgeschreckt werden. Statt Omas gegen Rechts würde ich gerne Omas gegen Terror auf den Straßen sehen.“

Sind Islamisten am Ende „gekränkte Männer“?

Der Kenner der islamischen Szene liefert zuweilen aufschlussreiche psychologische Analysen. Nach den Anschlägen von Mannheim, Magdeburg und München schreibt Rusen Timur Aksak auf seinem Blog über das Phänomen der „gekränkten Männer“ – muslimische Männer, die den Islamismus als einfachsten Weg sehen, sich an einer Gesellschaft zu rächen, die sie in ihrer (falschen) Wahrnehmung für ihre Probleme verantwortlich machen.

Aksak hat die Biografien der drei Attentäter genauer untersucht: „Was ist, wenn wir es hier mit zutiefst gekränkten Männer-Egos zu tun haben, die in einer Leistungsgesellschaft feststellen mussten, dass sie keine Durchstarter waren und wohl auch nicht mehr werden würden?“ Der Täter von Mannheim war „beruflich gescheitert“ und arbeitslos. Der Attentäter von Magdeburg ein fachlich unzureichend qualifizierter Stationsarzt. Und die Social-Media-Aktivitäten des Münchner Attentäters, in denen er sich als erfolgreich inszenieren wollte, könnten „ein Hinweis auf die tiefe Kränkung sein“. Vermutlich hatte er sich „den ‚goldenen Westen‘ in Afghanistan damals als Minderjähriger völlig anders vorgestellt.“

Aksaks zentrale Frage: „Was ist, wenn da draußen hunderte, ja vielleicht tausende Männer sind, die eine ähnliche narzisstische Kränkung erleiden und mit dem Gedanken spielen, sich an unseren Gesellschaften zu rächen?“