Der "Stufenplan" erklärt: Was jetzt genau ab wann gilt
Mit einem Stufensystem will die Regierung ab dem 15. September gegen die Corona-Pandemie ankämpfen. Geknüpft sind die Maßnahmen vor allem an die Auslastung der Intensivstationen mit Corona-Patienten. Das macht die Sache nicht wirklich einfach. Der eXXpress bring Licht ins Dunkel.
„Ich kenn mich nicht mehr aus“, hört man an allen Ecken und Enden des Landes die Leute sagen. Tatsächlich ist die Frage, was man denn jetzt wann darf, gar nicht so einfach zu beantworten. Je nach „Prozenthürde“ an Corona-Patienten auf heimischen Intensivstationen, sind nämlich eigene Maßnahmen angedacht. Bei 10 Prozent Belegung wird mit 200 Intensivbetten, bei 15 Prozent mit 300 Betten und bei 20 Prozent mit 400 Betten gerechnet. Mit steigender Belegung verschärfen sich auch die Maßnahmen.
Die Maßnahmen im Überblick
1: Maßnahmen ab 10 Prozent:
Kontrollen der bestehenden Maßnahmen werden verschärft. Auch die Polizei wird dafür eingespannt. Antigen-Tests sind ab diesem Zeitpunkt nur noch 24 Stunden lang gültig, zudem kommt eine FFP2-Maskenpflicht statt der derzeitigen Mund-Nasen-Schutz-Regelung. FFP2 gilt dann überall, wo derzeit der Mund-Nasen-Schutz reicht, etwa in Geschäften des täglichen Bedarfs oder in den Öffis. Eine FFP2-Empfehlung gibt es für den Handel für Geimpfte, Ungeimpfte müssen FFP2 überall tragen – auch das kontrolliert die Polizei. 3G-Regeln werden zudem bei Veranstaltungen ab 25 Personen fällig.
2: Maßnahmen ab 15 Prozent
Exakt sieben Tage nach der Überschreitung dieser Hürde, treten weitere Maßnahmen in Kraft. Nachtgastronomie und Co. sowie Veranstaltungen ohne zugewiesene Sitzplätze für über 500 Personen müssen die 2G-Regel (Genesen oder Geimpft) umsetzen. Getestete müssen draußen bleiben. Außerdem verlieren Antigentests mit Selbstabnahme, bekannt als sogenannte „Wohnzimmertests“, ihre Gültigkeit.
3: Maßnahmen ab 20 Prozent
Auch sie treten sieben Tage nach dem Erreichen der Schwelle in Kraft. Überall, wo bisher 3G (geimpft, getestet oder genesen) galt, haben nur noch Geimpfte, Genesene und Personen mit einem PCR-Testergebnis Zutritt. Alle anderen Tests werden nicht mehr akzeptiert.
Landeshauptleute zufrieden
Bei den Landeshauptleuten stößt dieser Stufenplan auf Zustimmung. Bürgermeister Ludwig verwies darauf, dass Wien schon bisher sehr restriktiv vorgegangen sei. “Ich freue mich, dass der konsequente Wiener Weg unterstützt wird”, so der Stadtchef in einer Pressekonferenz. So sei etwa die Beschränkung des Zutritts in die Nachtgastronomie (2G-Regelung) ein Vorschlag, den er schon länger gemacht habe. Auch die Reduktion der Gültigkeitsdauer von Antigentests bzw. die vorgesehene generelle Einschränkung bei den Wohnzimmertests gibt es in Wien bereits. Ludwig schloss allerdings nicht aus, in Wien wieder zusätzliche Maßnahmen zu verhängen, falls das nötig sein sollte.
Auch Kärntens SPÖ-Landeshauptmann Peter Kaiser sah den Bund auf seiner Linie, “Kärntner Forderungen” seien “im Zuge der Pandemiebekämpfung durchgesetzt” worden. So würden Genesene bis sechs Monate nach Erkrankung geimpften Personen gleichgestellt, es werde österreichweit einheitliche Regeln geben und auch die PCR-Tests würden weiterhin kostenlos bleiben. Eingefordert wurde von ihm ein regelmäßigerer Austausch zwischen Bund, Ländern und Experten als in den letzten Monaten. In Sachen Impfung brauche es Informations- und Aufklärungskampagnen sowie Überzeugungsarbeit “vor allem in Hinblick auf diverse Fakenews, die in den sozialen Netzwerken kursieren”.
Von einer “sachlichen Zusammenarbeit” zwischen Bund und Ländern, um sicher durch den Herbst zu kommen, sprach der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ). Entscheidend sei aus seiner Sicht, die Impfquote zu erhöhen. Positive Reaktionen gab es auch aus Niederösterreich, Oberösterreich und Salzburg. Auch Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) zeigte sich vom “Paradigmenwechsel” weg von der 7-Tage-Inzidenz hin zur Einbeziehung der Kapazitäten auf den Intensivstationen erfreut.
Opposition übt Kritik
Auf scharfe Kritik stießen die Regeln erwartungsgemäß bei der FPÖ. Parteichef Herbert Kickl bezeichnete die Pressekonferenz, in der die Schritte verkündet wurden, als “in jeder Hinsicht grotesk”. Die “Absurdität” beginne schon bei der Aussage von einer “Pandemie der Ungeimpften”, denn in Wahrheit handle es sich um eine “Brandmarkung für Ungeimpfte”. Mit den Aussagen von Kurz würde die Bevölkerung “verächtlich gemacht”, sagte Kickl. Dies erinnere an “dunkle Zeiten der Geschichte” – und geschehe “ohne jede Evidenz”. Nunmehr habe die “Impf-Apartheid endgültig begonnen”, Österreich befinde sich in einer türkis-grünen “Impfokratur”, befand Kickl.
Die SPÖ machte die Regierung und Kurz für den schleppenden Impffortschritt verantwortlich. Über den Sommer sei nichts getan worden, um diesen zu erhöhen. Im Gegenteil habe Kurz behauptet, die Pandemie wäre gemeistert. “Die vierte Welle und eine hohe Belastung der Intensivstationen wurden von Kurz in unverantwortlicher Weise in Kauf genommen”, erklärte SPÖ-Gesundheitssprecher Philip Kucher in einer Aussendung. Die nun präsentierten Maßnahmen kämen “zu spät, zu zögerlich und sind nicht konsequent genug”. Die 1G-Regel in der Nachtgastronomie und bei größeren Events würde man “sofort” brauchen.
Wenig überzeugt gab sich auch NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker. “Es ist gut, dass die Bundesregierung endlich gelernt hat und Genesene mit Geimpften gleichsetzt.” Kurz habe aber sein Versprechen, wonach Geimpfte nicht mehr von Einschränkungen betroffen sein werden, gebrochen, müssten diese doch im Lebensmittelhandel und in öffentlichen Verkehrsmitteln wieder FFP2-Masken tragen. Grundsätzlich erachtet auch er die Pläne als “zu zögerlich, zaudernd und zerfleddert”. Auch forderte er die Beschränkung der Gratistests auf jene, die sich nicht impfen lassen können.
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