Gewerkschaften, Studierendenvertretungen und politische Parteien des linken Spektrums riefen zu den Protesten auf. Sie werfen Präsident Emmanuel Macron vor, das Ergebnis der Parlamentswahlen im Juli zu ignorieren, bei denen die linke Neue Volksfront (NFP) zur stärksten Kraft aufgestiegen war. Obwohl der Rassemblement National (RN) die meisten Stimmen erhielt, verfehlte die Partei die absolute Mehrheit in der Nationalversammlung. Stattdessen erhielt die NFP den Vorzug im Parlament. Unterdessen bildet Barniers Partei, Les Républicains, nur die fünftgrößte Fraktion. Wie konnte es also dazu kommen, dass Barnier das Amt des Premierministers bekleidet?

74% der Franzosen sind mit der Ernennung Barniers unzufrieden

Einer Umfrage zufolge sind 74 Prozent der Franzosen der Ansicht, dass Macron das Wahlergebnis übergangen hat. Sowohl konservative als auch liberale Kreise äußerten Unzufriedenheit, da weder ein Kandidat des RN noch der NFP zum Premierminister ernannt wurde.

Barnier versicherte, eine Regierung bilden zu wollen, die alle politischen Lager einbindet. Der RN, der mittlerweile eine Schlüsselrolle im politischen Gefüge einnimmt, zeigte sich unter bestimmten Bedingungen bereit, Barnier zu unterstützen. Jordan Bardella, Vorsitzender des RN und selbst ein Anwärter auf das Amt des Premierministers, bezeichnete Barnier als “Premierminister unter Beobachtung”.

Trotz des Widerstands kündigte der RN an, sich nicht an einem Misstrauensvotum gegen Barnier zu beteiligen, sofern er die Interessen ihrer Wähler berücksichtigt. Bardella betonte, dass ohne die Unterstützung des RN “nichts geht” und Barnier auf ihre Stimmen angewiesen ist, um eine stabile Regierung zu führen. Damit bleibt der RN eine bestimmende Kraft in der neuen politischen Konstellation und hat die Möglichkeit die Regierungsbildung mitzugestalten.

Die NFP und der RN könnten, falls Barnier gegen deren Interessen handelt, diesen unter Druck setzen oder sogar stürzen, da beide Parteien gegen einige von Macrons unpopulären Reformen, wie die Anhebung des Renteneintrittsalters, opponieren.