Erzbischof Georg Gänswein begrüßte in einem Interview mit Corriere della Sera die Wahl des neuen Papstes, gleichzeitig übte er überraschend deutliche Kritik an seinem Vorgänger. Leo XIV., bürgerlich Robert Prevost, sei für Gänswein eine „große und gute Überraschung“. Zwar kenne er den Amerikaner nur flüchtig – etwa von einem Treffen mit Benedikt XVI. im Vatikan oder einem Besuch in Pavia 2007 – doch sein erster Auftritt als Papst habe ihn tief beeindruckt: „Optisch und akustisch weckt dieser Papst Hoffnung, Hoffnung, Hoffnung.“

Papst Leo XIV. empfängt Vertreter der Medien im Vatikan: Die ersten Gesten des neuen Papstes findet breiten Anklang unter Katholiken. APA/AFP/Alberto PIZZOLI

„Die Verwirrung der letzten Jahre muss überwunden werden“

Gänswein lobt besonders Prevosts Entscheidung, eine vorbereitete Ansprache zur Amtseinführung zu verlesen – ein Zeichen von Ernsthaftigkeit und Stilwechsel: „Ein guter Anfang.“

Der neue Papst werde Brücken bauen, jedoch mit anderer Tonalität als Franziskus. „Wir brauchen jetzt lehrmäßige Klarheit. Die Verwirrung der letzten Jahre muss überwunden werden.“ Deutlich wird Gänswein auch in seiner Kritik an der bisherigen Regierungsweise: „Man kann nicht allein regieren, wenn man seinen eigenen Institutionen misstraut.“ Die Wahl Prevosts sei ein Schritt hin zu mehr Stabilität und Kontinuität.

Papst bald zurück im Apostolischen Palast?

Auch symbolisch bringt Leo XIV. frischen Wind: Sein Name verweist auf Leo den Großen und Leo III. – ein Bruch mit der Linie der letzten Jahrzehnte. Für Gänswein ist das ein Signal: „Keine Kontinuität, sondern eine neue Phase.“

Dass ein US-Amerikaner gewählt wurde, überrascht Gänswein: „Ich hätte eher Parolin oder einen Lateinamerikaner erwartet.“ Doch er glaubt an die Wirksamkeit des Heiligen Geistes – und sieht in Leo XIV. einen Friedensstifter.

Zuletzt äußert sich Gänswein auch zum Wohnsitz des Papstes: Ein Rückzug aus dem Gästehaus Santa Marta gilt als wahrscheinlich. „Der Apostolische Palast ist für Päpste gebaut worden. Ich freue mich, wenn dort abends wieder das Licht brennt.“