Islamistischer Terror in Wien - ist ein Jahr danach alles aufgearbeitet?
Vier Menschen tötete Wien-Attentäter Kujtim F. am 2. November 2020, zerstörte in neun Minuten die Leben vieler anderer. Ein Jahr später wird noch gegen 30 weitere Beschuldigte intensiv ermittelt. Was haben wir in den letzten 12 Monaten über die Wahnsinnstat gelernt?
Es ist das Jahr 2015. Die Fußballer von El Buhari sind gerade Vizemeister eines österreichischen Kleinfeld-Turniers geworden. Für ein Foto posieren sie mit der Flagge Albaniens. Ihr jüngster Spieler hebt den rechten Zeigefinger zum „IS-Gruß“. Fünf Jahre später wird er neun Minuten lang durch die Wiener Innenstadt laufen, wahllos mit einem Sturmgewehr auf Menschen schießen, vier von ihnen töten. Die Spuren der Radikalisierung des in Wien geborenen Attentäters führten in ein islamisches Gebetshaus in Meidling. Nach dem Anschlag am 2. November 2020 wurde die Moschee behördlich geschlossen.
Mitten in Wien wird Hass gepredigt
Die “Islamische Glaubensgemeinschaft Österreichs” wehrte sich dagegen – konnte eine Wiedereröffnung erwirken. Brisant: Auch Monate nach der Tat predigte dort noch immer jener Imam, der wohl auch Kujtim F. in den Islamismus trieb. Der eXXpress veröffentlichte Material, das beweisen konnte, dass die Moschee ein Hort der radikalen Islamisten-Szene ist. Es waren abscheuliche Tonaufnahmen, voller Antisemitismus und Hass auf unsere christlich-abendländische Kultur. Durch den Druck, den der eXXpress mit dem Bericht aufbauen konnte, wurde der gefährliche Imam schließlich entfernt. Ein kleiner Etappensieg im langen Kampf gegen den Terror.
eXXpressTV sendet am 2. November ab 20.15 Uhr eine Sondersendung zur Wiener Terrornacht. Experten analysieren die dramatischen Ereignisse - alle Details, alle Bilder, alle Videos. Kanal 170 Magenta/upc und hier auf www.exxpress.at
Wie kam Kujtim F. an seine Waffe?
Einen Erfolg feierten die Ermittler auch im Oktober 2021, als sie endlich vollständig rekonstruieren konnten, wie der Wiener Islamist zu seiner Waffe kam. Ein gebürtiger Tschetschene, Adam M., soll als Mittelsmann fungiert haben. Waffe und Munition habe ein 29-jähriger Slowene geliefert. Während der Tschetschene seit vergangenem Dezember in U-Haft sitzt, befinde sich der Slowene offenbar noch immer auf freiem Fuß. Er soll nicht nur die Patronen einige Wochen vor dem Anschlag über den Tschetschenen an den Attentäter verkauft, sondern auch das AK-47-Sturmgewehr besorgt haben. Angeblich schon im Juni 2020, wie er selbst. bei seiner Einvernahme zu Protokoll gab. Die Übergabe habe in der Umgebung des Wiener Praters stattgefunden. Kujtim F. habe dabei in einem Kuvert 3000 Euro übergeben – 500 davon als Provision für den Tschetschenen. Für das Sturmgewehr wollte sich der 20-jährige Attentäter später eigentlich in der Slowakei Munition besorgen, scheiterte aber wegen eines fehlenden Waffenscheins. Letztendlich habe er sie dann offenbar von dem Slowenen bekommen.
Wer steht hinter dem Terroristen?
Aufgedeckt wurde mittlerweile auch mehr über das gesamte Netzwerk hinter dem Islamisten. Das Schweizer Security- und Intelligence-Unternehmen SIGS hat ein Diagramm geteilt, das einen Einblick in das Netzwerk des Wiener Attentäters gibt. Es zeigt, wie eng verflochten die Dschihadisten-Szene länderübergreifend ist. Von Beginn an haben die heimischen Behörden ausländische Partnerdienste in ihre Erhebungen eingebunden. Dabei stehen sie vor allem mit dem Verfassungsschutz und den Strafverfolgungsbehörden in Deutschland und der Schweiz in Kontakt, vor allem weil es Mitte Juli 2020 in Wien zu einem mehrtägigen Treffen von vier amtsbekannten Radikalislamisten aus diesen Ländern mit Kujtim F. und dessen Umfeld gekommen ist.
Wesentlicher Bestandteil war demnach Ahmad Abdulaziz Abdullah Abdullah – kurz Abu Walaa – aus dem Irak, der ein in Deutschland aktiver salafistischer Prediger ist und als höchster Vertreter der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) in Deutschland gilt. Unzählige junge Muslime soll er für den IS angeworben haben. 2017 wurde der Strafprozess gegen ihn eröffnet. Zu Beginn dieses Jahres, am 24. Februar 2021, wurde er wegen Unterstützung und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung schuldig gesprochen und zu zehneinhalb Jahren verurteilt.
Hilfe für Opfer und Hinterbliebene
Ein eigener Fonds soll für die Opfer zumindest angemessenes Schmerzensgeld sicherstellen. Er startet in diesen Wochen mit seiner Arbeit.
Für den neuen Fonds stellt das Sozialministerium vorerst 2,2 Millionen Euro zur Verfügung. Über die Vergabe entscheidet auf Basis von Gutachten ein fünfköpfiges Gremium. Die Besetzung ist prominent: Udo Jesionek ist früherer Gerichtspräsident und leitet die Opferhilfeeinrichtung „Weißer Ring“, die auch die Abwicklung übernimmt. Die Linzer Psychiaterin Adelheid Kastner ist als Sachverständige und Expertin bekannt. Der Jurist Ronald Rohrer leitete die Tiroler Ischgl-Untersuchungskommission. Maria Berger war Justizministerin (SPÖ) und Richterin am Europäischen Gerichtshof (EuGH). Die Chirurgin Maria Gstaltner leitet eine Reha-Einrichtung und ist Gerichtssachverständige. Der Fonds ist genauso beispiellos wie das Verbrechen vom 2. November 2020, sagt Brigitta Pongratz vom „Weißen Ring“. Ansprüche anmelden können Personen, die vom Sozialministerium bereits eine Leistung nach dem Verbrechensopfergesetz erhalten haben.
Das Gesetz sieht aber eine Deckelung der Beträge vor. Die aktuelle Zwischenbilanz des Ministeriums: 76 Personen haben rund 170.000 Euro bekommen. 124.000 Euro davon flossen unter dem Titel Schmerzensgeld.
Kann so etwas wieder passieren?
Was unterm Strich nach einem Jahr bleibt ist die Erkenntnis, dass Österreich längst keine Insel der Seligen mehr ist, wenn es um globalen Dschihadismus geht. Radikale Hass-Prediger, Propaganda, Waffendeals – all das ist Alltag. Mit der Aufarbeitung des Ablaufs der Tat vom 2. November 2020 muss auch eine kritische Auseinandersetzung mit Zuwanderung und Parallelgesellschaften einhergehen. Sonst ist es wohl nur eine Frage der Zeit, bis der nächste aufgehetzte Islamist seinen Hass auf unsere Werte in einer Bluttat auslebt.
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